Weil wir gerade so eine nette Diskussion über DDR-Landwirtschaft im Kommentarbereich des letzten Artikels haben, und weil sich ja anscheinend immer mehr Leute etwas mehr Sozialismus vorstellen können, habe ich mir gedacht, dass ich ja mal aus aus einem Lande berichten könnte, in dem der real existierende Sozialismus schonmal ausprobiert wurde. Ein wenig habe ich das ja schon an dieser Stelle getan, aber da gab es ja noch Einiges mehr.
Wenn ich mit westsozialisierten Mitmenschen auf das Thema komme, dann erinnern sie sich (sofern sie überhaupt mal in der Zone waren) meist folgendermaßen:
Grenzübergang mit mies gelaunten, preussisch korrekten (aber sächselnden) Grenzern. Ein bissl Angst, dass man die Karre auseinanderbauen musste, und wenn man es geschafft hatte folgten Holperstraßen aus Betonplatten (das Erbe des Dritten Reiches) die man aber eh nur mit Tempo 100 (Autobahn), oder 80 km/h (Landstraße) befahren durfte. Die Orte grau und wrackig, an den Stellen wo der Putz abgefallen war, auch mal ziegelrot. Ein wenig Ruinencharme, ein wenig Prä-Wiederaufbauromantik. Das ganze mit einem Hauch von Industrie- und Trabbiabgasen überzogen.
Kam man in ländliche Regionen, wurden die Straßen schmaler und noch holperiger. Viel Kopfsteinpflaster aus vorsozialistischer Zeit und befestigte Sandwege.
Nuja, das war wohl so - aber für die Einwohner war das halt normal. Unabänderlich, wenn der Staat da nicht was tat. Obwohl, wir haben mal unsere Dorfstraße erneuert, die auch nur ein Kopfsteinpflaster/Sandweg war. Dazu hat "der Staat" den Asphalt und ein paar Geräte gestellt, und das ganze Dorf hat wochenlang mit Schippe und Harken daran mitgearbeitet.
Endlich war die neue Straße fertig, und wir haben natürlich ein Dorffest veranstaltet um das zu feiern. Blöd war nur, dass das während eines Manövers von Roter Armee und NVA stattfand. Bei denen auf der Karte war halt der Weg durch unser Dorf eingezeichnet, und so konnten wir während des Straßenerneuerungsfestes zugucken, wie eine endlos lange Kampfpanzerkolonne den neuen Asphalt wieder aufriss. "Wir bauen auf und reißen nieder" war wohl nicht grundlos ein geflügeltes Wort in meinem sozialistischen Heimatland.
Aber ich will mal von Anfang an beginnen. Wenn ich meiner Mutter Glauben schenken kann, dann fand meine Geburt in einer Art Massenabfertigung statt. Dazu wurde ihr eine Geburtsklinik zugewiesen, die etwa 40 km von unserem Heimatort entfernt war. Meine jungen Eltern, beide so um die zwanzig, hatten damals natürlich noch kein Auto. Also hat ein Nachbar meine Mutter in die Geburtsklinik gefahren, wo dann auch nicht viel Federlesens gemacht wurde. Keine Unterwasser- Mondschein- oder Kopfstandgeburt im Feng-shui ausgerichteten Geburtszimmer. Einfach raus der Kleine und gut wars. Übrigens in einem Mehrbettraum mit Stofftrennwänden und Frühstückstisch für die Schwestern.
Mit zwölf Wochen ging es dann in die Kinderkrippe, mit drei Jahren in den Kindergarten. Mutter musste ja ihre Arbeitskraft dem Sozialismus zur Verfügung stellen.
Ich fand das aber eigentlich ganz schön. Den ganzen Tag mit anderen Kindern spielen können, und dabei auch noch was lernen. Also bis zehn zählen, den eigenen Namen schreiben können, basteln, bauen, malen, singen etc. Außerdem lernte ich, dass Sigmund Jähn als erster Deutscher in den Weltraum geflogen ist (da war ich fünf!). Naja, geschadet hats mir jedenfalls nicht.
Mit dem Sozialismus ging es dann erst in der Schule so richtig los. Der Vorteil, den wir gegenüber heutigen Schülern hatten, war der, dass ausnahmslos alle Kinder der deutschen Sprache mächtig waren. Die sozialistische DDR hatte ihre paar "Gastarbeiter" ja in Ghettos (Ausländerwohnheimen) weggesperrt, und schwangere Frauen wurden stantepede in ihre Heimatländer abgeschoben. Nicht, dass jetzt jemand denkt, ich würde dies als "Vorteil" sehen. Im Gegenteil, ich sehe das als menschenverachtend und inhuman an, was die Arbeiter- und Bauernmacht da angestellt hat. Mir ging es lediglich um die sprachliche Homogenität, die das gemeinsame Lernen einfacher gemacht hat.
Sozialistische Schule war eine Vorbereitung auf das Leben als sozialistischer "Werktätiger". Oder eben auf das Leben als sozialistisches Aushängeschild im Spitzensport zum Beispiel.
Der sozialistische Staat hat ja ein Staatsziel. Da zielt alles drauf hin. Im Kapitalismus gibt es Unmengen an Zielen von Individuen, und keiner weiß wo die persönliche Reise mal hin geht - aber in der DDR sollte der Mensch letztendlich dem Sozialismus zu Nutze sein. Da gab es ja auch keine "Langzeitstudenten", oder "Lebenskünstler". Wer da aus der Reihe tanzte, landete auch mal flugs im Jugendwerkhof. Daran sollten unsere Antifas mal denken, wenn sie unter roten Fahnen marschierend Autos anzünden, oder Fenster einschmeißen. Bei solch "asozialen Elementen" wäre aber schnell der Knüppel aus dem Sack gewesen.
Aber ich schweife ab. Die sportliche Sichtung meiner Person fand statt, als ich sechs oder sieben Jahre alt war. Der auswählende (externe) Trainer hatte mich für eine Weiterverwendung in Leichtathletik/Geräteturnen vorgesehen, aber glücklicherweise befand der Sportarzt das Menschenmaterial Calimero anschließend für reparaturbedürftig und schickte mich zum Orthopäden, weil ihm meine Füße nicht zusagten. Naja, war wohl besser so, wenn man sich mal die Schikane- und Dopinggeschichten aus dem DDR-Sport vor Augen ruft.
Ansonsten gabs in der Schule viel Naturwissenschaftliches und Praktisches. Da war alles durchgeplant, und es gab keine Zeit für "eine Woche der gesunden Ernährung", oder Theaterspiele. Worauf aber Wert gelegt wurde, war die Kenntnis sozialistischer Erbauungsliteratur und Arbeiterkampfliedern. "Der kleine Trompeter", dieses "lustige Rotgardistenblut" ist bei uns schon in der Unterstufe erschossen worden. Undenkbar heute, wo selbst der Böse Wolf das Rotkäppchen lediglich gewaltfrei im Kleiderschrank einschliesst.
Also diese Lieder und Gedichte waren unabdingbar z.B. bei den regelmäßigen Fahnenappellen im Schulhof. Wie gesagt, man sollte ja mal ein sozialistischer Werktätiger werden, und darum musste halt auch "auf die Sache" eingeschworen werden. Darum gab es ja auch die Kinder- und Jugendorganisationen, als Kaderreserve "der Partei". Da waren, bei uns jedenfalls, so ziemlich alle drin, weil es nunmal einen "freiwilligen Zwang" dazu gab. Sich hier zu verweigern hätte eventuell Nachteile mit sich gebracht, während die Mitgliedschaft in Pionierorganisation und FDJ einen eigentlich kaum zu etwas verpflichtete. So war es jedenfalls in den letzten Jahren. Es war halt irgendwie Usus und wurde mehr oder weniger als Folklore abgetan, dieses Fahnenschwenken und Marschieren, sowie die Maßnahmen zur gesellschaftlichen Bildung.
Mit vierzehn stand dann die Jugendweihe an. Da gab es zwar auch 'nen Haufen sozialistisches Gedöns drumherum, und man bekam ein Erich Honecker Buch geschenkt, aber für uns Atheistenkinder war es einfach nur ein Initiationsritus, der mit feinen Anziehsachen und einer Menge geschenktem Geld zu tun hatte. Ich habe mir davon mein erstes Moped gekauft, bei anderen reichte es wenigstens zum ersten Kassettenrekorder. Außerdem gabs zum ersten Male augenzwinkernd erlaubten Alkohol und die Lehrer durften einen danach mit Sie anreden. War schon cool.
Unangenehm wurde es dann wieder, als Rekrutierungsoffiziere der Nationalen Volksarmee bei uns auftauchten, um die Jungs zum verlängerten Wehrdienst zu überreden. Das Perfide daran war, dass z.B. ein Studienplatz von diesem Engagement bei den sozialistischen Wehrkräften abhängen könnte. Und wer nicht studieren wollte, den konnte die Aussicht auf einen LKW-Führerschein locken.
Komisch eigentlich, dass gerade "die Linken", als Nachfolger der SED und die Sozialisten der anderen Parteien heute die Paradepazifisten geben. Ich habe es anders erlebt, als Sozialisten/Kommunisten an der Macht waren. Aber ... daran liegts wohl. Noch ist die BW ja keine sozialistische Armee unter der weisen Führung der Rotbannerträger.
Irgenwann, also genauer mit sechzehn, war die Schule dann aber auch zu Ende. Bis dahin war man hinlänglich naturwissenschaftlich, technisch und sonstwie praktisch gebildet, und konnte auf die sozialistischen Betriebe losgelassen werden. Von Vorteil war, dass alle in etwa den gleichen Ausbildungsstand haben sollten, und des Lesens und Schreibens kundig waren. Es gab keine Abwahlfächer, und somit keine Teilgebildeten.
Da konnten die Betriebe bei der Einstellung zur Lehre nicht allzuviel falsch machen. Wenn aber mal doch, dann fand sich auch für die größten Hohlkörper wenigstens noch irgendwo ein Plätzchen, wo sie den geringstmöglichen Schaden anrichten konnten.
Das war überhaupt das Angenehmste an diesem sozialistischen Experimentierstaat. Jeder hatte einen irgendwie vorgezeichneten Weg vor sich. Kindergarten - Schule - Lehre/Studium, danach eine Festanstellung in irgendeinem Betrieb. Kein Nachdenken notwendig, keine Suche nach eigenen Präferenzen, keine Frage nach Selbständigkeit, Angestelltendasein, oder dem Leben als Stützeempfänger.
Egal was man dann als Werktätiger für einen Beruf ausübte, egal wieviel Geld man monatlich dafür bekam - man konnte sich doch nichts Außergewöhnliches dafür leisten.
Urlaubsreisen? Klar, im eigenen Land Camping am See, oder mit Glück in ein FDGB-Ferienheim. Auto? Fünfzehn Jahre auf einen Neuwagen warten (da wurden schon Kinder auf die Warteliste für einen Trabbi oder Wartburg gesetzt), oder einen höheren Preis für ein zehn Jahre altes Auto bezahlen. Möbel gabs von der gleichen Stange wie Schuhe oder Klamotten, und die Lebensmittel ... naja, also extra beworben werden mussten die nicht. Es gab halt das, was gerade im Regal lag.
Also der Beruf hatte jedenfalls kaum Auswirkung aufs Sozialprestige, oder die Lebensqualität. In meinen ersten Lebensjahren wohnten wir in einem Plattenbau. Das waren die modernst eingerichteten Wohnungen mit Zentralheizung und Warmwasser aus der Wand. Uns gegenüber wohnte ein Pärchen. Irgendwann einmal schraubte der Herr Nachbar ein neues Schild an seine Haustür. Darauf war er jetzt Doktor. Ich dachte erst, dass wir nun praktischerweise einen Arzt im Hause hatten, aber meine Eltern klärten mich darüber auf, dass der Mann Mathematiker sei. Nun weiß ich nicht, was ein Mathematiker als Doktor heutzutage verdient, aber ich glaube kaum, dass der in einer 60-er Jahre Platte wohnen müsste.
Die besten Berufe in einer sozialistischen Mangelwirtschaft sind ausnahmslos praktischer Natur. Autoschlosser, Dachdecker, Fliesenleger, Klempner u.Ä. Die konnten sich über Schwarzarbeitsangebote nicht beklagen. Verkäufer waren auch ziemlich gefragt. Die kamen ja als erste an "Bückwaren" heran, und konnten einem "was zurücklegen". Die Verkäuferin in unserem Dorfkonsum musste allerdings auch gut über ihre Kunden Bescheid wissen, denn wenn es z.B. die berühmten Bananen gab, waren die auf genau eine Frucht pro Nase rationiert. Uns standen also genau vier Bananen zu.
Lustig ist ja, dass sich heutzutage offensichtlich vor allem Lehrer und die Angestellten der Sozialhelferindustrie hinter den roten Fahnen versammeln. Also im real existierenden Sozialismus gab es keine Sozialpädagogen, Streetworker, sowie -helfer und -berater aller Art. Die sind in einer "klassenlosen Gesellschaft" schlicht überflüssig. Naja, und unsere Lehrer? Die haben sich ihr Gehalt durch private Kleinlandwirtschaft aufgebessert. Also treu "auf Linie" sind große Teile der bundesrepublikanischen Lehreschaft ja anscheinend schon, aber ob die auch auf den Zweitwagen und die Toskanareise verzichten könnten? Wenn es nicht mehr das Bio-Kräutergärtlein der Gattin wäre, sondern ein Gurkenfeld von 50 x 50 Metern?
Überhaupt, die Versorgung der Bevölkerung mit Grundnahrungsmitteln hat höchste Priorität im Sozialismus. Darum geht es ja bei dem Ganzen. Keiner soll hungern, alle sollen Arbeit haben (müssen!), alles soll "sozial gerecht" sein. Das ist toll, denn soziale Gerechtigkeit heißt, dass alle irgendwie gleich arm sind. Eben auch die Lehrer, die Ärzte, die Mathematik-Doktoren. Klar gibt es Gehaltsunterschiede, aber was macht man mit dem Doppelten an Mark der DDR gegenüber einem Baufacharbeiter? Man kann es eben diesem Baufacharbeiter in die Hand drücken, damit der einem am Wochenende eine Garage für den alten Wartburg ans 60-er Jahre Einfamilienhaus nagelt.
Der aber hat sich schon selbst ein Haus gebaut (er kam ja an Baumaterial ran ;-) ) und setzt seine durch Schwarzarbeit gesammelte Kohle in einen sechs Jahre alten Skoda um. Da guckt der Lehrer aber dumm.
Im real existierenden Sozialismus ist eben alles irgendwie Mangelware. Es mangelt an Material, an Ideen, an Spinnern und Enthusiasten. Es mangelt an Drive und an Außergewöhnlichem. Eine Planwirtschaft plant halt immer am Jetzt vorbei, und ein sozialistischer Arbeiter tut halt irgendwie seinen (unkündbaren) Job in einem nie von der Pleite bedrohten Staatsunternehmen. Es ist doch egal, wenn da auch zermatschte Kartoffeln in den Konsum geliefert werden, oder das Bier nach drei Tagen lumig wird ... es gibt ja keine Konkurrenz. Der Absatzmarkt ist immer gesichert - selbst für Trabbis.
Woran es allerdings nicht mangelt ist die staatliche Propaganda und der Zusammenhalt der Menschen, die ja irgendwie durch Nachbarschaftshilfe mit dem Arsch an die Wand kommen müssen. Es ist schon irgendwie "gemütlich" in dieser Gesellschaft der Gleichen, aber hinter der erkauften und subventionierten Ruhe steht immer eine Geheimpolizei und drumherum passen die Grenzer auf, dass ja kein teuer ausgebildeter Facharbeiter oder Ingenieur seinem sozialistischen Heimatland den Finger zeigt.
Eigentlich soll das rote Banner der Sozialisten/Kommunisten ja irgendwie das Blut der Revolutionäre symbolisieren. Ich finde ja, dass auch das Blut der Opfer da drauf gehört, und, als Erinnerung an die "jetzt noch" Vergangenheit - das unendliche Grau der real existierenden Tristesse.
(Disclaimer: Das oben geschilderte Erleben betrifft ausdrücklich nur meine Person, und sollte nicht verallgemeinert werden. Jeder hat das wohl irgendwie anders erlebt, je nachdem, wie alt er ist, und wo er gewohnt hat. Wer mag, kann gern seine eigenen Erinnerungen beisteuern. - Calimero)
Danke. Sehr schön geschrieben.
AntwortenLöschenViele Grüße
Daniel
>> "Der kleine Trompeter", dieses "lustige Rotgardistenblut" ist bei uns schon in der Unterstufe erschossen worden.
AntwortenLöschenLOL. Mein absoluter Liebling war "Ich trage eine Fahne". Gemeint war die Arbeiterfahne, deren Träger oft "gefallen" sind, wie es hieß. Da in einer späteren Strophe erwähnt wurde, dass mein Vater die Fahne durch die Not trug, war ich natürlich ein bisschen besorgt. Zum Glück war das alles gelogen und mein Vater lebt immernoch.
Dass gerade Lehrer diesem Schwachsinn so anhaengen, ist wirklich erschreckend, zeugt es doch nicht gerade von ausgepraegter Kenntnis der Geschichte. Wer waren die ersten, die unter Pol Pot verschwanden?
AntwortenLöschenDie Zeiten kenne ich auch noch. Ich war aber schon elf, als Sigmund Jähn in den Weltraum flog. Und ich kann mich an den bitteren Witz erinnern, dass man nun ja auch einige Genossen auf den Mond schießen könnte.
AntwortenLöschenIch habe übrigens Baufacharbeiter mit Abitur gelernt und kann die Geschichten um das Schurwerken bestätigen ;-)
Den Mangel an Ideen und Eigeninitiative würde ich so nicht bestätigen. Du beschreibst ja selbst die Beispiele der Handwerker und Bauarbeiter, aber auch die vielen Initiativen gegen die Mangelwirtschaft. Es gab sehr viele Künstler und unabhängige Kulturgruppen. Ich habe die DDR in den Jahren vor der Wende hier in Dresden als sehr vitale Gesellschaft kennengelernt.
Hallo Stefanolix,
AntwortenLöschenich meinte ja nicht das sprichwörtliche "aus Scheiße Bonbons machen" der Leute privat. Das es da nicht an Improvisationstalenten mangelte ist klar. Ich meinte die träge Planwirtschaft, in der neue Ideen keine Chance hatten.
Naja, und die Kulturlandschaft Dresdens kann man halt nicht mit der eines Dorfes mit angeschlossener Kleinstadt vergleichen. Aber dazu meinte ich ja, dass da jeder seine eigenen Erlebnisse hatte.
Beste Grüße, Calimero
Schön geschrieben und viele Erinnerungen wachrufend.
AntwortenLöschenHier mein Lieblingskampflied:
Wiener Würstchen voran, lasst uns vorwärtsgehen,
Wiener Würstchen stimmt an, lasst die Fahnen wehen,
unser Weg führt in den Suppentopf hinein,
wir sind stolz, Wiener Würstchen zu sein! :-D
Ach ja, ich wette, Ihr Pioniere habt wie ich beim Fahnenappell das "Freundschaft" der FDJler mitgebrummt!
Aber mal im Ernst: Das diese lustigen, anrührenden Anekdoten im sozialistischen Alltagsgrau seit einiger Zeit einer geschichtsvergessenen Ostalgie zum Opfer fallen, ist echt zum Kotzen!
Popeye
Schöne Schilderung, allerdings habe ich das etwas anders erlebt. Es gab schon ganz schöne Unterschiede. Viele wohnten im Arbeiterschließfach (einer modernen Neubauwohnung), einige bewohnten aber ein (zum Teil ganz ordentliches) Eigenheim. Das war schon ein ganz schöner Unterschied, obwohl freilich damals kein DDR-Bürger ein Anwesen auf Malle hatte, das auch nur annähernd der noblen Hütte entsprach, in der unser hoch verehrter Herr Bundespräsident im Urlaub wohl zu residieren pflegte. Auch war es ein deutlicher Unterschied, ob man an Westgeld gut ran kam, oder auch nicht.
AntwortenLöschenNatürlich waren die Unterschiede, vom reinen Vermögenswert gesehen, geringer als heute. Ich empfand die Unterschiede damals aber als gravierender als heute, da diese zu mehr Einschränkungen führten. Wenn man in der Großstadt ohne Beziehungen und/oder Tauschware auf das normale Warenangebot angewiesen war, dann war man schon ziemlich blöd dran.
Ein paar wenige Millionen wären zwar heute auch nicht schlecht, wer aber heute ein zumindest durchschnittliches Einkommen hat, hat genug Möglichkeiten in seiner Freizeit anspruchsvollen Beschäftigungen nachzugehen (z.B., eine Jacht muss man nicht unbedingt besitzen, man kann auch chartern).
Besonders bedrückend fand ich persönlich die Einschränkungen der Meinungsfreiheit. Man konnte nicht sagen, was man wollte (zumindest nicht ohne gravierende Folgen) und sich nicht informieren, wie man wollte. Wie Calimero richtig schrieb, durfte keiner aus der Reihe tanzen. Dabei gab es schon bei geringsten Anzeichen von Individualität gnadenlose Sanktionen (o.k. in den 80-ziger Jahren gab es ein paar mehr Freiräume, die Stasi kam halt nicht mehr so gut hinterher). Klar, wer einfach mitgemacht hat, und nicht allzu viel nachgedacht hat, für den war Kindergarten/Pioniere/FDJ gar nicht so schlimm, bzw. ne lustige Sache. Auch gab es Mitmenschen, für die war der ganze Scheiß ne echt coole Sache. Man konnte sich hocharbeiten und Leute rumkommandieren, anscheißen und andere so nette Sachen abziehen. Wem so etwas gefällt, der hat sich sicher in der scheiß DDR sauwohl gefühlt.
Letztendlich war der Sozialismus aber (meine Meinung!) ein furchtbar spießiges, gegenseitiges auf den Sack gehen, wobei die meisten (in jeder Hinsicht) ziemlich arme Schweine waren (konnte man eigentlich nur besoffen einigermaßen ertragen).
Zur Einordnung: ich bin Baujahr '82 und wurde noch grad so in eine POS eingeschult. Versuche mal heute jemand, Kinder Sonnabends in eine Schule zu bekommen *g*
AntwortenLöschenIch habe an die Betonplattenwege gute Erinnerungen. Es machte Spaß, mit dem Fahrrad drüber zu fahren ;)
http://www.flickr.com/photos/patrickscholl/3821546006/in/photostream/
Ich weiß nicht, ob die Autobahnen damals aus solchen Platten gebaut waren. Die die ich meine, hatten an den Enden "Trage-Henkel", waren schmaler und abgerundeter weshalb die Rillen größer waren (in meinem Photoalbum konnte ich kein Beispiel finden, ich werde mal andere durchkämmen und hoffen; http://www.hoeni.de/images/img_1749.jpg kommt von der Größe der einzelnen Platten hin).
Dass unsere Mutter arbeitete, war für mich und meinen Bruder eigentlich kein Problem. In einer Frühschichtwoche wurde mit dem Mittagessen gewartet und während der Spätschicht wurde das Essen mit Handtüchern und Decken warmgehalten, bis die Schule vorbei war (wir hatten keine Mikrowelle damals™ und Schulessen gabs ab der 5. Klasse nicht mehr). Jammern über fehlende Ganztagsbetreuung lernten wir jedenfalls nicht kennen.
Das Blog ist in den letzten Tagen zu einem meiner täglichen "Leseorte" geworden, und das ist nicht einfach. Gutes Blog! Weiter so.
AntwortenLöschenZum Artikel, - den Terminus "Schwarzarbeit" gab es in der DDR nicht. Da man das Handwerk in den 70ern zum Löwenanteil in PGHs zusammenschloss, und nur wenige kleine Handwerker selbständig überleben ließ bei einer Steuerquote von bis zu 97% (!!!), war es einfach erforderlich das "nach Feierabend" gearbeitet wurde.
Das nannte sich nicht Schwarzarbeit, sondern VMI-Arbeit, und wurde nicht nur geduldet, sondern war sogar erwünscht. Ich kenne einen Tischlermeister, der hatte von Beginn meiner Lehrzeit '85 (als Eli)an ein Schild am Hoftor: "Dieses Jahr keine Auftragsannahme mehr". Und das Schild wurde erst mit der DM-Umstellung 1990 demontiert. Ja, -Kinder, so wars!
Und was die Eigenheimbesitzer betrifft, heute kann jeder in 6 Monaten sein Haus haben, so er kreditwürdig ist (uns so verrückt einen aufzunehmen), und muss dazu weder Hirn noch Hand anstrengen bzw. anlegen.
Damals wars anders. Ein Eigenheimbau dauerte im Normalfall wenigstens 2, oft 3-4 Jahre. Das lag daran das man zuersteinmal Baustoffe brauchte, die es fast nie gab, und wenn, dann auf "Depotat" oder Zuteilung. Also ging es nur wenn man selbst genügend Tauschware oder andere Dinge (wie "know-hoff" :DDD )hatte, um weiterzukommen. Dann mussten Handwerker her, -Mangelware. Und die konnten sich die Baustellen aussuchen. Wer nicht sympatisch war, oder keine Vorleistungen erbrachte- Pustekuchen! Dann jeden Tag arbeiten, und in Feierabendarbeit sein Haus bauen! -Es gab keine Baufirmen im heutigen Sinne die Häuser fertig bauten. Alles Feierabendarbeit mit "Schwarzarbeitern", die dann auch noch den 2-3-fachen Stundenlohn nebst Verpflegung und "am Arschleckerei" erwartetn. Da gingen nicht wenige kaputt dabei, von Beziehungen erst gar nicht zu reden.
Also, kurz: Schwarzarbeit gab es nicht, es gab "Feierabendarbeit", die staatlicherseits nicht nur geduldet, sondern sogar gefördert wurde, da es am Tage in den 8,75 Stunden nicht bewältigt werden konnte.
-Schöne Zeiten für uns Handwerker, muss man sagen ;-)
Aber auch traurige Zeiten, wenn man in neue Häuser Abrisskabel einzog, das der Kunde aus ner Chemiefabrik "besorgte", oder wenn man daran denkt das manche Leute ihre Häuser mit Karbidschlamm geweisst haben, oder Düngekalk (Branntkalk) erst löschen mussten, um was zum Vermörteln oder Verputzen zu haben... -könnt da ein dickes Büchlein schreiben ;-))
Wtf..., weiter so, lassts euch gut gehn, und keine Angst. Alles wird besser ;-))
Denn: Пусть всегда будет солнце
*hehehe*
Um so irrer, daß heute Leute immer noch von der DDR schwärmen, wie toll das war, 10 Jahre auf ein Auto zu warten, hinter Wasserhähnen hinterherzurennen und ja, die menschliche Wärme zwischen denen, die Spargel anbauten, den man gegen Baumaterial oder Ersatzteile tauschen konnte, oder die jemanden kannten, die einen kannten, der richtiges bier beschaffen konnte, das war schon toll.
AntwortenLöschenIch weiß es ist schon etwas länger her. Aber ich habe heute mal ein bisschen gestöbert:
AntwortenLöschenhttp://fdominicus.blogspot.com/2008/09/staat-als-retter.html
Man lese sich die Geschichte meines Opas durch. Dann weiß man wie "besch.... " die DDR war. Es war die zweitgrößte Schweinerei auf deutschem Boden.... zwar wenige tote aber ganze Genrationen wurden "verheit", "umerzogen" und nicht zuletzt verraten....