Wenn man sich mal so umguckt, wird man feststellen, dass wir doch irgendwie in der besten aller Welten leben. Keiner muss frieren oder hungern, Trinkwasser gibts für alle, gesundheitliche Versorgung ebenso. Wir kommunizieren mit der ganzen Welt in Echtzeit - und das auch noch für schmales Geld. Nichts bedroht uns, außer der irrationalen Ängste unseres kleingeistigen Establishments und der verführbaren Masse. Selbst unsere Armen haben inzwischen Flatscreens an der Wand und die Playstation darunter. Wir können uns das ja leisten, angeblich.
Warum? Weil wir, wie es so schön heißt, auf den "Schultern von Riesen stehen". Alles was uns hier umgibt wurde mal von irgendwem erfunden, oder nutzbar gemacht.
Aber "stehen" wir wirklich aufrecht auf diesen Schultern? Guckt da nicht mittlerweile ein großer Teil der satten, gelangweilten Masse nur noch ängstlich runter, während er sich krampfhaft festklammert? Ein kleiner wohliger Schauder inklusive?
Die paar Aufrechten, die noch stehen, die höher hinaus wollen - kriegen die nicht dauernd Tritte in die Kniekehlen? "Setz dich hin! Das ist zu gefährlich!"
Guckt man nicht gerne ganz aufgeregt ein paar Etagen tiefer, wenn irgendwo den Menschen in entwicklungstechnisch hinterherhinkenden Ländern ein paar hunderttausend Lehmhütten weggespült wurden? "Hey, wir kommen sofort und helfen euch, wenn ihr schön brav dasitzt und mit großen Augen in unsere Kameras schaut." Dann bauen wir euch Niedrigenergie-Lehmhütten und geben euch für die Wartezeit ein paar Schüsseln Reis. Wir guten, satten Menschen, die wir doch alles haben und sogar zuviel davon.
Könnte heute noch jemand das Feuer zähmen? Es gar selbst entfachen? "Viel zu riskant!"
Müsste heute jemand das Rad erfinden? Wo doch die Minister und Senatoren bisher auch mit Sänften zufrieden waren? "Das ruckelt doch viel zu sehr!"
Eisenbahnen, Autos, Ozeanüberquerungen, gar Flugzeuge und Raketen? "Also bitte, garnicht zu verantworten!"
Zur Elektrizität wäre es gar nicht gekommen. "Gefährliches Hexenwerk, unsichtbares, riskantes Teufelsszeug!"
Da erübrigte sich dann auch gleich die Frage nach "Elektrosmog" und "Handystrahlen".
Das Röntgen gäbe es genausowenig wie schmerzfreie Operationen oder überhaupt die "Schulmedizin". Alles ist von Übel, was menschengemacht ist. Alles ist wider die Natur, mit der wir doch "im Einklang stehen wollen".
Nun ist es leicht zu sagen, och das brauche ich eigentlich nicht, solange alles auch fein funktioniert, wenn man es braucht. Ich kann ja mäkeln und kritisieren - solange noch irgendwer hier alles am Laufen hält, bleibt das ja schmerzfrei. Es wird vielleicht ein bissl teurer, wir sind vielleicht etwas mehr auf das Wohlwollen der Natur und unserer Nachbarn angewiesen, aber das sollte es uns doch wert sein. Auch das können wir uns, noch, leisten.
Nur sind wir an einem Punkt angelangt, an dem wir nicht nur kritisch an den uns stützenden Schultern herummäkeln, sondern wir (oder vielmehr ein lauter und dekadenter Teil unserer "Eliten" und ihrer Medienwichtel) gerieren uns als engstirnige Zwerge, die mit der verbalen Spitzhacke Hand an das Fundament unseres Wohlstandes legen.
Sie, die Zwerge aus dem dunklen Reich, wollen die Welt ohne Risiko, ohne menschlichen Einfluss, ein Schlaraffenland in dem alles kostenlos zu haben ist. Sie wollen keine Weiterentwicklung, denn sie haben schon Angst vor dem Erreichten. Das Rad der Geschichte zurückdrehen, die Retardierung, die Rückbesinnung ... bis dermaleinst das Paradies winken möge.
Wieviele bekannte und unbekannte Menschen haben Risiken auf sich genommen, sind vielleicht auch verunglückt beim Versuch die Entwicklung weiterzutreiben? Höher, schneller, weiter ... das waren mal hehre Ziele. Vorbei, vergessen. Die Herrschaft der Zwerge im Zipfelmützenland ist angebrochen. Helden sind gefährliche Irre. Wir graben uns lieber wieder ein.
Würden wir wenigstens den Status quo erhalten wollen, würden wir nach und nach von allen anderen im Wohlstand überholt werden, aber nicht einmal das ist uns vergönnt. Die Zwerge sägen am Ast auf dem wir alle sitzen. Heute sind es die Kernkraftwerke, morgen wird es etwas anderes sein ... das Feld ist noch weit genug. Noch.
Kleiner Nachtrag: Die Entwicklung des Rades würde natürlich nicht deshalb untersagt werden, weil die bisherigen Sänftenbenutzer mit ihren tragbaren Thronen zufrieden wären, sondern weil so ein Rad ja auch unkontrolliert allein weiterrollen könnte. Vor dieser Gefahr müssten die Verbraucher natürlich geschützt werden.
das spricht mir voll aus der Seele! Ich bin wirklich besorgt wenn ich sehe, mit welchem Risikobewusstsein (keinem!) viele Kinder heute aufwachsen.
AntwortenLöschenHervorragend. Habe das mal schnell auf meinen Blog verlinkt!
AntwortenLöschenGlücklicherweise klettern die Chinesen gerade diesen Riesen hinauf, sodass vielleicht irgendwann neue Höhen erreicht werden können.
AntwortenLöschenWir im Westen werden die Vorherrschaft verlieren, aber vielleicht kommen die Asiaten gerade rechtzeitig, damit sie uns den Fortschritt überliefern können, wenn wir uns erneuert haben. (Ähnlich der Frühgeschichte, wo das Wissen der Antiken erhalten geblieben ist)
Volkmar Weiss sagt es so:
AntwortenLöschen"Nach 2000 beschäftigten sich die herrschenden Mittelmäßigen und Unfähigen ständig damit, die wachsende Zahl ihrer Fehlentscheidungen zu korrigieren. Bei fortschreitender Verarmung einer immer größeren Zahl und dem Bedürfnis der Massen nach Geld, Freizeit und Vergnügen entstand ein wachsendes Mißverhältnis zwischen der kleiner werdenden Zahl der noch produktiv Tätigen und der ständig steigenden Zahl von Alten, Arbeitslosen, Kranken und in Verwaltungen und im Dienstleistungsbereich Tätigen. Mit der wachsenden Zahl der Empfänger der verschiedensten Unterstützungen, Renten und Versicherungen verringerte sich die Leistungsfähigkeit der Wirtschaft. Die Politiker faselten vom Wirtschaftswachstum noch zu einer Zeit, als es eigentlich nur noch darum gehen konnte, den Niedergang zu bremsen.
Am besten lebt es sich in einer untergehenden Kultur, wenigstens anfangs, wenn man, wie im Altreich um 1990, noch von den Ideen und dem Fleiß der Vorväter zehren kann. Doch danach verursachte die Herrschaft der Mittelmäßigen immer neue Notstände. Als Jahrhundertereignis gepriesene Reformen erwiesen sich nicht selten schon vor Jahresfrist erneut als reformbedürftig."
"http://knol.google.com/k/haiti-mittlerer-iq-67-ein-vorgeschmack-auf-das-gro%C3%9Fe-chaos#"
Dazu schrieb ich:
AntwortenLöschenhttp://fdominicus.blogspot.com/2011/03/triumph-und-niederlage.html
Speziell den letzten Absatz meine ich.
habs verlinkt:
AntwortenLöschenhttp://www.politplatschquatsch.com/2011/03/fremde-federn-fortschritt-ist-der.html
Ich lese passenderweise gleich mal wieder Rethinking Risk and the Precautionary Principle von Julian Morris.
AntwortenLöschenZum Thema Opfer und auf den Schultern von Riesen stehen, gibt es ein interessantes Spiel. Dauert nur 5min und man kann es nur einmal spielen, dank eines Aha-Effekts!
AntwortenLöschenKleiner Nachtrag: Das Spiel leider gerade einen Bug und kann nicht beendet werden... :(
AntwortenLöschenTop Statement. Da ist nichts mehr hinzuzufügen!
AntwortenLöschenEin gegenargument wäre profitgier.
AntwortenLöschenin einem wort:MONSANTO.
welch forschergeist, welch weiblick. mal drüber nachdenken bei gelegenheit.
Übrigens- the focker standing on the shoulder of a giant, can see much further than the giant...
Anonym ueber mir: Wer zwingt die Bauern, Monsanto zu kaufen? Wie ich das mitbekommen habe, machen sie das mittlerweile sogar freiwillig, weil sie sich damit die Auslese sparen. Und wenn dieses Geschaeftsmodell funktioniert und kein anderer auf den Zug aufspringt: schoen fuer Monsanto.
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