Donnerstag, 6. Januar 2011

Skepsis zum neuen Jahr

Schon irre wie die Zeit vergeht. Silvester ist vorbei, ein neues Jahr hat begonnen und schon wieder sind die üblichen Termine und angesetzten Deadlines erkennbar. Man wird sich wieder von Tag zu Tag und Woche zu Woche hangeln, monatliche Fristen einhalten und den Lauf der Jahreszeiten so ganz nebenbei hinnehmen. Eins-zwo-fix steht man wieder auf Start, ist ein Jahr älter geworden und der ganze Rummel geht von vorne los.

So weit, so absehbar - aber wird es in 2011 wieder so werden? Ich habe da so meine Zweifel.

Was kann schon passieren in so einem Jahr? Ist doch alles mehr oder weniger vorhersehbar, oder? Regierungen werden neu gewählt, die eine oder andere Mediensau wird durchs Dorf getrieben, die Arbeitslosenstatistik wird veröffentlich, die EU gibt neue Richtlinien aus und Foodwatch entdeckt Uran im Trinkwasser. Alles wie gehabt, wenn es gut geht.
Okay, es gibt Ereignisse, die nicht vorhersehbar sind und einiges durcheinanderwirbeln können. Der 11.September war soetwas, oder der Zusammenbruch des Ostblocks. Zumindest in meiner Erinnerung waren das die größten Ereignisse.

Wer noch weiter zurückblicken kann, wird vielleicht noch andere relevante Ereignisse der Geschichte als Zeitenwandel ausmachen. Der Vietnam-Krieg, die 68-er Studentenunruhen, die Kuba-Krise, vielleicht die islamische Revolution in Iran ... aber irgendwie ging doch alles weiter wie gewohnt. Im Westen zumindest.

Worauf ich hinaus will, und was ich befürchte, ist hingegen ein Zeitenbruch, ein Epochenwandel. Der letzte dieser Brüche, so wie ich das sehe, geschah wohl zwischen 1914 und 1945. WKI, Oktoberrevolution, WKII, danach Wiederaufbau und stetig steigender Wohlstand unter der führenden Supermacht, den USA.
Nun sehe ich keinen Krieg heraufziehen, der unsere Welt wie wir sie kennen so radikal verändern würde, aber es ist ein Buch über einen wichtigen Zeitabschnitt des 2. Weltkrieges, welches mich zu einem Teilaspekt dieses Textes inspirierte.

Ich lese gerade Antony Beevors "D-Day, Die Schlacht in der Normandie". Diese Schlacht habe ich, wer weiß wie oft, am Computer selbst geschlagen. Mir sind einzelne Orte namentlich bekannt und auch deren Topografie und Charakteristik kenne ich aus der Ego-Shooter Perspektive. Unbekannt hingegen war mir die Denke und die persönlichen Geschichten der damals beteiligten Menschen, die auf den heutigen Leser seltsam vorzeitlich wirkt ... eben wie aus einer anderen Epoche. Unwirklich erscheint mir auch der Zeitraum der Operation (nur einige Monate) wie überhaupt die Zeitspanne des gesamten Krieges. Ein Epochenwandel innerhalb weniger Jahre! Und, das ist noch nicht so lange her. Mein eigener Großvater starb noch an einer Kriegsverletzung und ein Onkel erzählt oft von Flucht und Vertreibung.

Die Lektüre des zweiten Buches liegt schon ein paar Jahre zurück. Vielleicht nur eine Weltkriegs-Zeitspanne?
"Eine Billion Dollar" von Andreas Eschbach war, glaube ich, gar nicht mal so ein guter Schmöker (wahrscheinlich hat Eschbach da auch, wie fast immer, das Ende versaut), aber die Idee war faszinierend und zeigte schön, wie sich Zins und Zinseszins-Rechnung auswirkt.
Kurz aus dem Gedächtnis erbt ein Habenichts eine Billion Dollar, weil ein Vorfahr von ihm ein wenig Geld zurücklegte und einen Anwalt mit der Geldvermehrung betraute. Dies tat er dann auch, seine Nachfahren ebenso, und nach ein paar Jahrhunderten wurde das angewachsene Vermögen nun seiner Bestimmung zugeführt.
Jetzt waren allerdings allein die auflaufenden Zinsen derart gewaltig, dass das Vermögen kaum mehr verringerbar war. Ein Luxusproblem.

Vor einem ähnlichen Problem steht nun anscheinend die (westliche) Welt wie wir sie kennen - nur mit umgedrehtem Vorzeichen. Während vor wenigen Jahren "eine Million" noch eine riesige Summe war, wird seit einiger Zeit nur noch mit Milliarden hantiert. Kann sich noch jemand an die Empörung wegen Hilmar Koppers "Peanuts" erinnern? Damal ging es, glaube ich, um 50 Millionen D-Mark.
Seit 2010 geht es nun nicht mal mehr um Milliarden, sondern um "mehrere 10 Milliarden" (Irland), oder 750 Milliarden (Euro-Rettungsschirm). Kurz danach wurde schon von eventuell nötiger Verdoppelung (im Klartext: 1,5 Billionen) gesprochen, und vorgestern wurde in der Welt erwähnt, dass der geplante Refinanzierungsbedarf Europas (also das Bezahlen alter Schulden mit neuen Schulden) sich im Jahr 2011 auf 40% mehr als in 2010 belaufen wird. Wieder Klartext: Es geht um 2,4 Billionen Euro!
Ja nun ... wer über Jahre hinweg Schulden auf Schulden türmt wird irgendwann vom Zinseszins-Effekt erschlagen. Da ist dann nichts mehr zurückzuzahlen, da kommt die Insolvenz. Wer soll denn noch was leihen, und wenn ja, zu welchem Zinssatz? Und wenn nichts mehr geht, kommt dann das Inkasso Team Moskau oder irgendwelche Typen, die den Staatschefs die Beine brechen? Wohl eher nicht.

Jetzt springen die Zentralbanken ein, oder der IWF oder sonstwer. Nur, die haben ja im eigentlichen Sinne auch kein Geld sondern sind lediglich Konstrukte ebenjener Staaten die nun gerade bis über beide Ohren verschuldet sind.
Okay, es geht nur um Einsen und Nullen auf Computerbildschirmen, aber diese tauchen dann halt auch irgendwann mal in der Realwirtschaft auf. So eine Hilfs- oder Rettungsmilliarde verschwindet ja nicht einfach, sondern begleicht Forderungen des ursprünglichen Verleihers, der sein Geld natürlich auch wieder investieren möchte. Er kauft zum Beispiel Rohöl billig ein, weil er denkt, dass der Ölpreis steigen wird. Und er wird steigen, wenn nur genug Leute genug Geld haben um eben Rohöl zu kaufen. Bei Nahrungsmitteln dito.

Es kommt zur Inflation.

Und dieses mal wird es nicht die gemächliche Inflation sein, in der das Brötchen halt nach 5 Jahren nicht mehr 15 sondern 20 Cent kostet ... nö, ich befürchte, dass die Sache anfängt zu rennen, nein, zu galoppieren. Hyperinflation also, wie in der Weimarer Republik, oder derzeit in Simbabwe zu besichtigen.
Nun könnte man sagen okay, ist alles schon mal dagewesen, es wird schon irgendwie gehen. Aber der Unterschied zu früheren Inflationen ist der, das immer irgendwo ein Rettungsanker war. Seien es irgendwelche Goldreserven, oder wenigstens der Dollar des Hegemons USA. Irgendwas war so stabil, dass man sich vielleicht nicht schnell wieder hochziehen, aber wenigstens doch festhalten konnte.

Tja, jetzt rutschen aber auch die USA ab. Die Federal Reserve Bank druckt Dollars ohne Ende, die Staatsschuld liegt irgendwo im zweistelligen Billionenbereich (europäische Billionen!) und die US-Bürger gehen reihenweise überschuldet pleite. Wo soll da noch ein Halt sein, ausgerechnet für die Staaten der Europäischen Schuldenunion?


Und jetzt muss ich doch noch zu einem dritten Buch kommen, was ich eigentlich nicht vorhatte. "Das Silberkomplott" von Reinhard Deutsch hat mir das erste mal so richtig bewusst gemacht, wie wichtig eine "gesunde", das heißt eine harte Währung für die gesamte Lebensführung der Menschen ist. Manch Herrscher fälschte sich um Kopf und Kragen, während er selbst Falschmünzer mit härtesten Strafen verfolgte. Da wurde an Münzrändern was abgefeilt und an Mischungsverhältnissen der Legierungen ganz geheim irgendwas verändert - nur um die eigenen Geldreserven etwas zu strecken. Und immer kam es raus, weil irgendwann die Geldmenge nicht mehr zur Menge der realen Güter passte. Dann war das Geld nichts mehr wert und die Bürger begehrten gegen die Herrschaft auf.

Wie anachronistisch wirkt das auf uns, die wir mit bunt bedruckten Papierzetteln bezahlen? Nur, unsere Papierzettel sind gedeckt durch unser Vertrauen. Wird dieses Vertrauen denn noch lange anhalten, wenn sich die im Umlauf befindlichen Geldmengen weiter so explosionsartig vermehren?


Ich denke nein. Der Tag der Abrechnung wird kommen und das schneller als uns lieb ist. Die Zahlen deuten auf das Ende der Exponentialfunktion beim Zins hin (Wenn ich es recht erinnere, entspricht das Geldumlaufvermögen derzeit etwa dem 70 bis 80-fachen der Welt-Realwerte. Keine Ahnung, wer sowas ausrechnet). Daher gehe ich vom Ende einer Epoche aus, weil der Westen rein geldmäßig implodiert. Vielleicht nicht in diesem Jahr, obwohl viel darauf hindeutet, aber viele weitere Jahre geht es so nicht weiter. Hoffentlich irre ich mich.

1 Kommentar:

  1. Tja, diesen Gedanken muß man so haben. Ich empfehle aber noch folgende Literatur:
    "Geldsozialismus" von Roland Baader.

    Auch wenn es penetrant ist, über diese Art des "Reichwerdens" habe ich mich seit mehr als 2 Jahren in meinem Blog ausgelassen.

    Wenn Du magst kannst Du ja mal "vorbeischauen"..

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