Freitag, 22. Juli 2011

Karawane im Treibsand

Wenn ich mir die Lage der Eurozone so angucke, dann möchte ich um nichts in der Welt mit den derzeit Regierenden dort tauschen. Ganz ehrlich, so doll sind die Jobs dort auch nicht bezahlt, und wenn man sich mal vor Augen führt, dass jedwede Entscheidung öffentlich gleich umgehend kritisiert und hämisch auseinandergepflückt wird, dann kann man da schon die Lust an der Arbeit verlieren. Egal was man tut, immer geht es um die Entscheidung zwischen wrong way 1 und wrong way 2.

Ich würde so nicht unbedingt arbeiten wollen. Da hat man es als anonymer Internet-Kommentator schon besser. Es ist halt leicht meckern, wenn man die Verantwortung für die jeweilige Richtungsentscheidung nicht tragen, und auch die Kritik daran nicht einstecken muss.

Aber, was wollen all die Meckerköpfe denn eingentlich?  Pest oder Cholera, Scylla oder Charybdis - Transferunion, Staatsbankrotte, Eurocrash oder Weltwirtschaftskrise?

Ich glaube, die meisten wollen ganz einfach das Eingeständnis, dass es so nicht weitergehen kann. Dass der Weg von vornherein ein Irrweg war, und dass man jetzt endlich hinsetzen muss, innehalten um Bilanz zu ziehen. Erkennen, dass es mit Aktionismus nicht mehr weiter geht ... das will ich jedenfalls hören.

Man kann die Entwicklung der Staaten ja durchaus mit einem Wettlauf vergleichen. Wer sich schneller bewegt als die anderen, dem winken Ressourcen, Attraktivität und Wohlstand ... nicht zuletzt auch politisches Gewicht und die Möglichkeit selbst zu agieren, um nicht ständig zur Reaktion gezwungen zu sein.
Wer zurück bleibt, dessen Gewicht und Attraktivität schwinden. Erbarmungslos. Andere bewegen sich schließlich weiter.

Die Euros haben sich nun irgendwann einmal entschlossen, sich unter einem goldbesternten Wimpel als "Team Blau" zu versammeln. Vorteile sollte das bringen, so eine Stadtteilmannschaft - für alle Teammitglieder. Weil, - die Starken würden die Schwachen auch mitziehen, sie quasi während des Wettlaufs fitter machen. Das wieder und wieder widerlegte Prinzip "Einheitsschule" im globalen Wettbewerbsrahmen.

Nun war die Truppe allerdings von vornherein nur nach ideologischen Gesichtspunkten zusammengestoppelt. Manche waren schon am Start zu schwach auf der Brust, übergewichtig, oder sie schleppten zuviel Gepäck mit sich herum. Ein Anderer flunkerte bei seinem Gesundheitszustand und legte gefälschte Atteste vor. Manch einer meinte auch, eine vielversprechende Abkürzung gefunden zu haben, brach sich dabei aber leider beide Beine.
Selbst die vermeintlich Starken sehen mittlerweile etwas lädiert aus, würden das aber aus Stolz nie zugeben.

Und so stolpern sie weiter. Da wird das Gepäck der Schwachen auf die (noch!) Starken umverteilt, manch einer muss gleich ganz mit einer Trage weitergeschleppt werden, und jeder hätte gern mal hier und da eine Extra-Ration oder gleich eine Bluttransfusion.

Der Haufen ist müde! Er braucht eine Pause und eine neue Strategie. Stattdessen gibt es atemlose Taktikumstellungen am laufenden Band, flankiert von Animositäten derer, die noch ein bissl Luft haben. Leute, so wird das nix mehr. DAS sollt ihr endlich mal erkennen.

Es ist Zeit dafür, die Truppe aufzuteilen. Natürlich will niemand zurückbleiben, aber wenn alle sich nur noch um die Schwächsten kümmern, sie füttern und bedauern, dann zieht das Feld an allen vorbei. Dabei geht es hier ja nicht mal um die Existenz. Niemand soll sterbend am Straßenrand zurück gelassen werden. Der freundschaftlichen Verbundenheit und dem nachbarschaftlichen Zusammenhalt sollte es ja keinen Abbruch tun, wenn die Kräftigsten endlich aus den Ketten gelassen werden, und die Lädierten erst mal ein wenig Zeit für ihre Erholung bekommen.

Im Film sagt der Verletzte zu seinen Kameraden stets heroisch klar denkend, dass sie nur weiter gehen sollen - weil es wichtig ist, dass sie weitermachen. Hier, in unserem Fall, klammern sich die Protagonisten auf Gedeih und Verderb aneinander und schwächen sich gegenseitig.

Deutschland, als offensichtlich einziger noch halbwegs führungsbefähigter Mitspieler wirkt dabei wie gelähmt. Man zuckt mal hierhin, mal dorthin, zeigt keinen Aufbruchswillen, kein Rückgrat. Dabei warten ein paar kleinere, auch noch leistungsfähige Mitstreiter vielleicht nur auf eine klare Richtungsentscheidung der sie sich endlich anschließen können. Es ist ein einziges Drama, und es ist kein Ende in Sicht.

Wenn die ökonomischen Naturgesetze der Politik dann letztlich doch deren Machtlosigkeit aufzeigen werden, wenn die politisch unabhängigen Akteure auf den Finanzmärkten dieser Gurkentruppe das Vertrauen und die Unterstützung entziehen, - dann endlich landet diese aneinander gefesselte Karawane geschlossen im Treibsand.
Und, - ob die Stärksten dann noch die Kraft haben werden um sich wenigstens selbst zu retten - das ist sehr zweifelhaft.

4 Kommentare:

  1. Bei Google+ gab es dazu diesen Ankündigungstext:

    "Den ganzen Tag schon feiert man sich im Radio, weil die Euro-Zone so eine tolle Entscheidung getroffen habe. Weil ja jetzt alles wieder gut sei.
    Die Internet-Meckerer sehen das aber anscheinend anders. Was also wollen die?
    Was ich will, und wie ich das Ganze sehe, habe ich in CR mal zusammenzufassen versucht."

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  2. Was ich an dieser Debatte nicht verstehe ist folgendes : uns Deutschen wird immer gesagt, wir hätten so viele Vorteile vom Euro, von wegen Export etc...
    Aber ist der Erfolg einer Wirtschaft nicht in erster Linie von der Qualität der Produkte eines Landes abhängig und nicht von einer Währung ? Oder ist das zu naiv? Auch nervt es, das immer so getan wird, als ob in Europa gleich wieder Krieg ausbrechen würde, wenn es die Eurokraten nicht mehr gäbe?

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  3. Ohne die irren Bürokraten soll es dazu kommen, daß ich Franzosen oder Niederländern im Schützengraben gegenüberliege? Ich denke eher, wir gingen zusammen in die nächste Kneipe, um gemeinsam das Ende des Regulierungswahns zu feiern! :))

    MfG

    P.S.: Zum Thema, daß wir angeblich vom Euro profitierten, siehe dazu die Erläuterungen von Hans-Werner Sinn, der diese Behauptungen widerlegt.

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  4. Was auch immer die da meinen. Meine Meinung hat sich seit 2008 dazu nicht geändert. Finger weg von den Geldern der Bürger. Und nein nichts wurde gerettet sondern Elend und Not müssen sich nun gegenseitig stützen. Es gibt nur noch einen Wettbewerb wer denn wohl am bedürftigsten ist und jede noch so verlogene Ausrede "Das können wir doch GAR nicht schaffen" hilft das nicht.

    Nur um das nochmal klar zu machen
    1) Geld als Wert
    2) Verbot der Schuldenaufnaheme durch Staaten

    Das ist alles und was bekommen ich
    1) Geld als Schuld
    2) Junkies die ohne Ihren Kredit noch nicht mal furzen können.

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