Mittwoch, 27. Juli 2011

Ein Panik-Buzzer muss her!

Angesichts der Anschläge in Norwegen diskutieren deutsche Politiker und Polizeivertreter über mehr Sicherheitsmaßnahmen im Internet. Der Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK) fordert einen Alarmknopf, um Nutzer extremistischer Inhalte umgehend melden zu können.
meldet u.a. der Focus.

Das wurde ja auch mal Zeit, dass man auf diese doch so nahe liegende Idee kommt. Ein Verdacht kommt auf, eine diffuse Angst ergreift mich? Hau den Buzzer!
Ich stufe andere als meine Meinung als extrem ein? Da drück' ich doch gleich mal auf den Knopf!
Böses Gedankengut gewittert? Im Internet spinnt jemand rum? Der gerade geortete Kommentar stellt ein Gedankenverbrechen dar, oder könnte zu realer Gewalt anstacheln? Trööt! Alarm!

Meldung machen, dann kümmern sich die Experten darum. Das wollen wir doch mal sehen!
Denn 
„Wer im Internet rechtsradikale Inhalte, islamistisches Gedankengut oder Hinweise auf einen Amoklauf entdeckt, muss die Seite einfrieren und an eine Alarmzentrale weiterleiten können.“ Eingehen solle der Netzalarm „bei einer nationalen Zentrale, die rund um die Uhr mit speziell geschulten Polizisten, Soziologen oder Psychologen besetzt ist“.
Oha! Seit Hadmut Danischs Innenansichten aus dem behördlichen Internet-Sperrzirkus weiß man ja, wie weit Wunschvorstellungen und Realität da auseinander liegen können.

Aber mal ganz abgesehen vom Wollen und dem tatsächlichen Können der geschulten Alarmzentralisten stelle ich mir das Ergebnis ihrer Forderungen sehr unübersichtlich vor.

PI-User treiben beim Muslim-Markt die Klickzahlen hoch und die organisierten Netzmuslime wiederum belagern den PI-Server und trommeln auf der Paniktaste rum. Die Indymedias schicken Altermedia-Alarme raus, wofür die Netznazis sich wieder bei denen mit Alarmsignalen bedanken.
Gutmenschen belagern Sarrazin- und Broder-Texte, sowie die Kommentare dazu, während Konservative bei der TAZ nach linksextremen Terroraufrufen fahnden.

Also zumindest auf eine akustische Alarmierung in der behördlichen Web-Warnzentrale würde ich da lieber verzichten. Mir will scheinen, dass die Denunziantionsforderer nicht die geringste Ahnung haben von dem, was da auf sie zu kommen könnte.

Ich, für meinen Teil, drücke mal auf Alan Poseners Bullshit!-Button.

10 Kommentare:

  1. Das muß natürlich mit GPS kombiniert werden, um die Panikauslöser auch lokalisieren zu können.

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  2. Genau! Und nach 3 - 5 Werktagen bekommt man dann einen "E-Post-Brief" mit dem Dank der Alarmierungsbehörde für das zivilcouragierte Engagement.

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  3. Wer jetzt noch "das Internet darf kein rechtsfreier Raum sein" sagt muss aber mindestens zehn Mark ins Phrasenschwein werfen.

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  4. @Michael:

    »Phrasenschwein« ??!!

    Wie kulturunsensibel! Das ist nicht jedem zuzumuten! Also ... »Schwein«, geht wirklich nicht!

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  5. Schande über mich! Ich meinte natürlich das Biograsgefütterte Freilaufende Phrasenlamm.

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  6. Obwohl die Idee sicherlich großartig ist, geht sie nicht weit genug:

    Der Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK) fordert einen Alarmknopf, um Nutzer extremistischer Inhalte umgehend melden zu können.


    Wie erkenne ich jetzt den Nutzer extremistischer Inhalte, mal ganz davon abgesehen, dass ich Klein Doofie nicht weiß, was ein extremistischer Inhalt ist.

    Ist es schon extremistisch, wenn wetter.de Ende Juli eine Tageshöchsttemperatur von 20 Grad verkündet oder wird es erst extremistisch, wenn Calimero mir deshalb empfiehlt, besser eine Strickjacke mitzunehmen?

    Aber immerhin habe ich verstanden, dass ich mich dann selbst buzzen muss, weil ich ja diese Information nutze. Das ist zwar langweilig, weil ich ja lieber den Klimaleugner Calimero buzzen will.

    Es wäre also hilfreich wenn nicht nur der Nutzer, sondern auch der Ersteller extremistischer Inhalte angezeigt werden könnte. Außerdem sollte ein Finderlohn für Exremististenseitennutzer ausgesetzt werden.

    Dann macht es sicherlich doppelt Spaß jemand beim surfen über die Schulter zu schauen und schnell aufs Knöpfchen zu drücken, wenn er Broder liest.

    Außerdem sollte diese tolle Denunziantenidee auch auf das wahre Leben ausgedehnt werden, zum Beipiel auf Gespräche am Nachbartisch oder für das Verpetzen der besten Freundin.

    Glücklicherweise kommt dieser Vorschlag gerade noch rechtzeitig, da kann ich den Stasispitzel meines Vertrauens um Rat fragen, wie ich richtig die Meldung erstatte, nicht dass mir wegen Formfehlers die Prämie flöten geht.

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  7. Man kann das, glaube ich, so verstehen, dass ein Nutzer der ist, der sein eigenes (schlechtes) Gedankengut nutzt, um andere damit zu verwirren und ebenfalls auf die schiefe Gedankenbahn zu bringen. Gedankenverbrechen finden schließlich schon im Kopf statt, nicht erst im "größten rechtsfreien Raum der Welt".

    Übrigens finde ich das nicht schön, dass sie mich öffentlich als Klimaleugner bezeichnen. Wer weiß wer hier alles mitliest. Nachher werde ich noch vor den Weltklimarat gezerrt und von Schellnhuber zum Widerrufen gezwungen.

    Ich sehe schon die SpOn-Schlagzeile vor mir: Deutscher Klimaleugner: Blond, blauäugig, verantwortungslos.

    Da muss ich doch gleich mal überlegen, ob ich nicht lieber mal sie vorher präventiv buzze. ;-)

    Beste Grüße, Calimero

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  8. Für den den es interessiert:
    http://www.spiegel.de/netzwelt/netzpolitik/0,1518,776872,00.html

    Grüsse

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  9. Nach dem Hinweis auf Posener habe ich mich mal auf seine Seite begeben.
    Immerhin (man freut sich ja schon über kleine Dinge) hat er meines Postings durchgelassen. Ist ja keine Selbstverständlichkeit heutzutage.

    http://starke-meinungen.de/blog/2011/07/25/anders-breivik-als-theoretiker-und-propagandist-der-neuen-rechten/#comments

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  10. Ich habe mir Poseners Text jetzt mal durchgelesen. Ist schon abenteuerlich, was er meint aus diesem Breivik-Dokument herausgelesen zu haben:

    "Damit hat Breivik das schmutzige kleine Geheimnis dieser Leute ausgeplaudert. Ihr Ziel ist das gleiche wie jenes der alten Neonazis. Aber sie halten es für geschickter, sich als Antirassisten, Verteidiger der Demokratie, Freunde Israels usw. zu tarnen."

    Hm, ich lese die vorher zitierten Stellen irgendwie ganz anders. Aber ich bin ja auch kein Intellektueller. Dafür gibts ja Leute wie ihn, die mir dann erklären können was ich mangels mentaler Leistungsfähigkeit komplett übersehen habe.

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