Montag, 18. April 2011

Bildungspolitische Zettelwirtschaft

Jetzt wollen die Berechtigten also die, der staatlichen "Weisheit" entsprungenen, Bildungsgutscheine nicht so recht annehmen. Dabei war doch alles so gut durchdacht.

Zunächst mal hat man realisiert, dass ein Großteil der deutschen Schülerschaft mittlerweile, international gesehen, dumm dasteht (PISA), und dass außerdem die ausbildenden Betriebe auch vermehrt die Hände über dem Kopf zusammenschlagen, bei dem was ihnen da aus den staatlichen Volksbildungsanstalten so vor die Füße gekippt wird. Ein eigenes Rezept um da Abhilfe zu schaffen hat man nicht gefunden (wie auch, bei dem schwerfälligen und zerfaserten Bildungsapparat). Aber man beobachtete, dass Eltern in privater Initiative Nachhilfeunterricht für ihre Sprösslinge organisierten, um da noch etwas zu retten.

Ja aber, das geht doch nicht! Bildung nur für Reiche? Wo bleibt da die soziale Gerechtigkeit, die Möglichkeit zur Teilhabe an unserem großartigen Staatswesen?

An dieser Stelle hätten sich unsere Politwerktätigen vielleicht erst einmal fragen sollen, wie es sein kann, dass ein staatlich organisierter Zwangsbildungsbetrieb, welcher offensichtlich in großen Teilen ineffizient ist, gerade die Leute, die den ganzen Laden durch ihre Steuern wiederum zwangsfinanzieren müssen, dazu zu bewegen scheint sich hier privatfinanziert Abhilfe schaffen zu müssen.

Nun fiele es den Bildungswerkstättlern aus dem Politbetrieb natürlich niemals ein, dass sie hier den grundsätzlichen Murks selbst verschuldet und zum jetzigen Zustand hin selbst verwaltet haben. Dass die eigentliche Ungerechtigkeit darin besteht, dass nicht einmal die Zwangszahler ein ordentliches Produkt bekommen, welches sie zu kaufen verpflichtet sind. Also verlegt man sich darauf, denjenigen, die keine finanziellen Möglichkeiten mehr haben da noch zusätzlich etwas zu tun, einen staatlichen Gutschein für private Zusatzbildung zukommen zu lassen.

Interessanterweise aber auch nur denen, die schon komplett auf staatliche Finanzierung ihres Lebensunterhaltes angewiesen sind. Die armen Schweine, die zwar noch knapp ihr Dasein eigenverantwortlich erwirtschaften, nicht transferleistungsabhängig sind, und denen nach all den Steuern und Abgaben (auch für das Schulwesen!) doch nicht mehr genug Geld für Privatunterricht übrigbleibt - die gehen leider leer aus. Kollateralschaden wohl.

Nun kennt Papa Staat natürlich seine Pappenheimer und weiß, dass ein einfacher Geldtransfer selbstverständlich nicht in die Bildung der Kinder, sondern in anderweitige Bespaßungen fließen würde. Also kommt man auf die Idee der zweckgebundenen Bildungsgutscheine.

Und jetzt? Jetzt will die Dinger anscheinend keiner haben. Na, das ist aber ärgerlich. Ärgerlich vor allem für diejenigen, die diese Scheine gern abrechnen wollen würden, und ärgerlich für die Politniks, die wieder einmal erfahren müssen, dass die menschliche Natur sich ihrem Wohlfahrtsdenken entzieht.

Was tun? Erstmal Werbung machen. Es kann ja nicht sein, dass vielleicht niemand diese Art staatlicher Wohltätigkeit brauchen kann. Es sollen also Aufkärungsplakate und Broschüren aufgelegt werden (wieder steuerfinanziert natürlich). Ich frage mich da ja, in wievielen Sprachen die nun aufgelegt werden müssen, und ob es nicht einfacher wäre gleich TV-Werbung zu schalten. Aber da wiederum - auf welchem Sender? Würde kostenlose Werbezeit beim eh schon zwangsfinanzierten Staatsfunk überhaupt die Zielgruppe erreichen?

Man könnte diese Coupons ja ganz einfach an die "Bedürftigen" verschicken, oder? Die Adressen und die Kinderzahl dürften ja amtsbekannt sein.
Aber wenn nun trotzdem nicht genug davon eingelöst werden? Ganz einfach weil sie zweckgebunden sind, und die Empfänger in diesem Verwendungszweck keinen Mehrwert für sich entdecken können? Oder wenn ihnen die dann doch teilweise vorhandene Eigenbeteiligung für die vorgeschriebene Verwendung einfach zu teuer erscheint?

Dann könnte man die Zettel ganz unkompliziert kostenlos ausgeben, keinen Namen draufdrucken und einfach warten, bis sich findige Nachhilfeanbieter aufmachen und diese gegen ein geringes Entgelt aufkaufen, um damit eventuell ihren angebotenen Privatunterricht auch für die Leute günstiger anbieten zu können, die bisher nicht vom Bildungsgutschein profitieren konnten.

Was immer auch passiert, irgendwie wird auch dieses "Geld vom Staat" seine Abnehmer finden. Ich glaube aber kaum, dass jetzt reihenweise "bildungsferne" Hartz IV Kinder in den Geigenunterricht strömen werden.

Naja, die Politik hat jedenfalls wieder einmal "gehandelt". Glückwunsch.

Nachtrag: Als weitergehenden Lesetipp empfehle ich unbedingt Politik als Cargo-Kult von Gorgasal.

3 Kommentare:

  1. Verbindlichsten Dank! Ich habe mich inspirieren lassen:

    http://zettelsraum.blogspot.com/2011/04/politik-als-cargo-kult.html

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  2. Der Versuch, einen Menschen aus der Unterschicht zu holen, ist eben doch etwas ganz anderes, als die Unterschicht aus einem Menschen zu holen ... ;))

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  3. Manchmal gibt es auch noch schöne böse Einträge auf eigentümlich frei. Wer mag:
    http://ef-magazin.de/2011/04/21/2964-gescheitertes-bildungspaket-die-lehre-von-der-verhausschweinung-des-menschen

    Meine Frau wurde gestern etwas rot als wie die Tagesschau schauten und meinte. Als ob es die Leute interessierte... das können sich ja nur Bürokraten und Politiker ausgedacht haben....

    Man kann sich seine Unterschichten auch "heranziehen"...

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