Mittwoch, 27. Juli 2011

Ein Panik-Buzzer muss her!

Angesichts der Anschläge in Norwegen diskutieren deutsche Politiker und Polizeivertreter über mehr Sicherheitsmaßnahmen im Internet. Der Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK) fordert einen Alarmknopf, um Nutzer extremistischer Inhalte umgehend melden zu können.
meldet u.a. der Focus.

Das wurde ja auch mal Zeit, dass man auf diese doch so nahe liegende Idee kommt. Ein Verdacht kommt auf, eine diffuse Angst ergreift mich? Hau den Buzzer!
Ich stufe andere als meine Meinung als extrem ein? Da drück' ich doch gleich mal auf den Knopf!
Böses Gedankengut gewittert? Im Internet spinnt jemand rum? Der gerade geortete Kommentar stellt ein Gedankenverbrechen dar, oder könnte zu realer Gewalt anstacheln? Trööt! Alarm!

Meldung machen, dann kümmern sich die Experten darum. Das wollen wir doch mal sehen!
Denn 
„Wer im Internet rechtsradikale Inhalte, islamistisches Gedankengut oder Hinweise auf einen Amoklauf entdeckt, muss die Seite einfrieren und an eine Alarmzentrale weiterleiten können.“ Eingehen solle der Netzalarm „bei einer nationalen Zentrale, die rund um die Uhr mit speziell geschulten Polizisten, Soziologen oder Psychologen besetzt ist“.
Oha! Seit Hadmut Danischs Innenansichten aus dem behördlichen Internet-Sperrzirkus weiß man ja, wie weit Wunschvorstellungen und Realität da auseinander liegen können.

Aber mal ganz abgesehen vom Wollen und dem tatsächlichen Können der geschulten Alarmzentralisten stelle ich mir das Ergebnis ihrer Forderungen sehr unübersichtlich vor.

PI-User treiben beim Muslim-Markt die Klickzahlen hoch und die organisierten Netzmuslime wiederum belagern den PI-Server und trommeln auf der Paniktaste rum. Die Indymedias schicken Altermedia-Alarme raus, wofür die Netznazis sich wieder bei denen mit Alarmsignalen bedanken.
Gutmenschen belagern Sarrazin- und Broder-Texte, sowie die Kommentare dazu, während Konservative bei der TAZ nach linksextremen Terroraufrufen fahnden.

Also zumindest auf eine akustische Alarmierung in der behördlichen Web-Warnzentrale würde ich da lieber verzichten. Mir will scheinen, dass die Denunziantionsforderer nicht die geringste Ahnung haben von dem, was da auf sie zu kommen könnte.

Ich, für meinen Teil, drücke mal auf Alan Poseners Bullshit!-Button.

Zwischenruf: Schäuble, überleg' noch mal!

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) will überschuldete EU-Staaten künftig mit stärkeren Sanktionen belegen. "Die Integration muss fortschreiten, und ein Staat mit Problemen, dem geholfen wird, muss im Gegenzug einen Teil seiner Hoheitsrechte an die EU abgeben" (...).
Zitat: Welt Online

Kommentar: Korrekterweise müsste Schäuble jetzt fordern, dass die "Schuldnerstaaten" einen Teil ihrer Hoheitsrechte nicht an die EU, sondern an die "Zahlerstaaten" mit Triple-A Rating abtreten müssen.

Genauer gesagt könnte er jetzt ca 30 Prozent der abzutretenden Hoheitsrechte anderer Staaten für die Bundesrepublik Deutschland fordern. Da das im historischen Kontext wohl kaum vermittelbar wäre, soll es stattdessen die liebe Übermutti EU übernehmen. Das ist toll, Herr Schäuble! Das bringt Freunde. Eine Spitzenidee für das friedliche Zusammenwachsen der Staaten Europas.

Wir brauchen den Euro ja, damit wir in Europa nicht mehr aufeinander losgehen, nicht wahr? Eine Frage des friedlichen Miteinanders, wie ja ständig von diversen Euro-gläubigen Politikern betont wird.

Wenn das die Konsequenz aus den aktionistischen Rettungsaktionen sein soll, dann hätte man die Euro-Verträge mal lieber nicht gebrochen. Spätestens hier sollte mal ein Nachdenken einsetzen, denn eine Annektion von nationalstaatlichen Hoheitsrechten anderer ist nichts anderes als Krieg mit anderen Mitteln.

Das darf doch alles nicht wahr sein. :-(

Neuer Trend zur Paarbildung

Also ehrlich gesagt weiß ich gar nicht, ob das wirklich ein neuer Trend ist. Vielleicht gab es das früher auch schon und war eventuell normal, aber mir kommt es so vor, als wäre es eine Modeerscheinung die erst in den letzten Jahren verstärkt auftritt.

Die Rede ist von der sogenannten "Doppelspitze", die jetzt also auch bei der Deutschen Bank installiert wird. Eben war noch von den Problemen mit einem solchen Konstrukt beim Focus die Rede, worauf dieses auch gerade eben wieder abgeschafft wurde.
Beim Spiegel hat man das ebenfalls schon hinter sich, aber anscheinend lernt man nichts daraus. Das neueste Beispiel zeigt dies ja.

Zum ersten Mal hörte ich von einer solchen Führungskoalition, als der Stern plötzlich zwei Chefredakteure hatte. Da schrieb halt jede Woche mal der jeweils andere den Leitartikel, mehr bemerkte man davon nach außen hin nicht. Aber wie mag das wohl im Inneren aussehen?
Heißt es da "diese Woche kommst du früher und kochst schonmal den Kaffee, nächste Woche bin ich dann dran", oder hat jeder da abwechselnd mal eine Innendienst- und eine Außendarstellungswoche?

Wie kommen die Mitarbeiter damit klar? Muss man sich das vorstellen wie als Kind bei Vater und Mutter? Erlaubt mir der eine was nicht, gehe ich mal beim anderen betteln? Muss ich mich bei beiden einkratzen, oder kann ich sie gegeneinander auspielen?
Also sorry, das kommt mir irgendwie nicht so praktikabel vor. Vor allem können Doppelspitzen doch wohl nicht den Grundsatz aushebeln, dass, je mehr Leute verantwortlich sind, desto weniger Verantwortung übernommen wird, oder?

Aus meiner Sandkastenzeit kenne ich das noch, wo immer die Dominantesten "der Bestimmer" sein wollten. Bevor man sich dann gegenseitig die Schäufelchen über die Birne zog, gab es auch durchaus mal den Kompromissvorschlag, dass "wir auch beide Bestimmer sein könnten". Kinder halt.

Aber bei Wirtschaftslenkern sollte man solchen Rivalitäten doch aus dem Wege gehen können, indem der Chef jeweils fremdbestimmt wird. Haben jetzt also die Aufsichtsorgane auch Angst davor, irgendwen zu benachteiligen? Wenn sie nur einem den Vorzug geben, dass der andere dann das Weite sucht?
Ja gut, damit muss man dann halt leben können. An der Spitze ist es nunmal einsam, also so sollte es jedenfalls sein. Man kann ja nicht jedes potente Alphatier auf den Thron setzen, nur damit sich keiner beleidigt zurückzieht. Wie sollte es denn auch funktionieren, wenn plötzlich immer mehr Häuptlinge den Restindianern vorgesetzt werden?

Also ich denke, dass dieser Trend zur Doppelspitze irgendwie infantil ist, wie ja das Sandkastenbeispiel zeigt. Nicht umsonst wurde diese Art der Machtverteilung von der kindischsten Partei Deutschlands, den Grünen, auch in der Politik eingeführt.

Macht kann man ja verteilen, sollte man in einer Demokratie ja auch, - aber Verantwortung ist nunmal unteilbar. Bei mehreren Machtpolen muss man halt auch mit konkurrierenden Interessen leben, nur bei diesen Doppelspitzen ist das ja gerade nicht erwünscht. Da geht man einfach den Weg des geringsten Widerstands, und setzt halt gleich zwei Alphas die Krone auf. Friede - Freude - Eierkuchen.

Man kann das machen. Man kann dann anschließend abwarten, wer sich im internen Machtkampf durchsetzt, weil der andere sich genug verschlissen hat und aufgibt. Das zerschossene Porzellan im Laden, welches aufgrund divergierender Loyalitäten zurückbleibt, muss man dann allerdings auch inkauf nehmen. Ist es das wert?

Mein Eindruck ist, dass dieser Trend auf unsere zunehmende Angst vor klaren Entscheidungen zurückzuführen ist. Bloß keine Konflikte schüren, niemanden benachteiligen, überall Konsens herbeiführen. Eine Quotenregelung auch für Zweitbeste.
Nur schafft man damit nicht die zugrundeliegenden Rivalitäten und Divergenzen aus dem Weg, - man kleistert sie nur oberflächlich zu. Fürs Publikum.

Btw - wenn bei solchen Doppelspitzen die Verantwortung geteilt werden soll, gilt das dann auch für das Salär der nunmehrigen Halbchefs? Diese Frage sollten sich gehaltzahlende Anteilseigner auch mal stellen.

Sonntag, 24. Juli 2011

Der Friede muss bewaffnet sein

Die wehrlosen jungen Leute im Ferienlager der sozialdemokratischen Jugendorganisation AUF waren dem Täter völlig arglos begegnet. (Zitat: FAZ)
Über 600 jugendliche Teilnehmer waren auf der norwegischen Insel Utøya einem durchgeknallten Psychopathen hilflos, arglos und wehrlos ausgeliefert. Anderthalb Stunden hatte der Killer Zeit um 85 junge Menschenleben auszulöschen.

Als ich die ersten Meldungen hörte, dass die Opferzahlen auf der Insel die 80 überstiegen haben sollen, dachte ich nur: Das kann doch nicht sein! Ein einzelner Typ mit einer Pistole und einer Schrotflinte soll über 80 Menschen erschossen haben?
Auch wenn es sich bei einer Insel um einen eng abgegrenzten Ort handelt, Menschen sind doch keine Lämmchen, die sich in einer Ecke versammeln und auf den Schuss warten. Die rennen weg, die verstecken sich ... die wehren sich!

Irgendwer hätte dem doch Einhalt gebieten, dem Irren Widerstand entgegensetzen müssen! Einer gegen 600!

Dass der Wahnsinnige nun anscheinend anderthalb Stunden Zeit hatte, weil die Sicherheitskräfte wegen "Pannen" weder Boot noch Hubschrauber auftreiben konnten - geschenkt. Hätten sie bloß eine Viertelstunde gebraucht, wären vielleicht "nur" 20 Tote zu beklagen.

Nochmals: Über 600 Leute ... wehr- und arglos! Einem Einzeltäter hilflos ausgeliefert, lediglich mit der Irgendwann-Chance auf professionelle Rettung durch Spezialkräfte.
Über 600 junge Sozialdemokraten. Wahrscheinlich aufgewachsen mit der elterlichen Verdammung von "Kriegsspielzeug", höchstwahrscheinlich auch kaum potentielle Wehrdienstleister darunter. Zum Lämmchen erzogen.

Und die Eltern? Bestimmt größtenteils grundgute Menschen. Die die Sicherheit der eigenen Kinder in der Obhut der Gesellschaft mit dem Machtmonopol des Staates gut gewahrt wähnten.

Was wird jetzt geschehen, nach dieser Wahnsinnstat? Was wird gefordert werden?

Verschärfte Sicherheitskontrollen bestimmt, Waffenverbote auf jeden Fall. Vielleicht eine partielle Internetzensur, eine Beobachtung christlicher Fundamentalisten, eventuell wird es wieder eine "Killerspiele"-Diskussion geben.
Natürlich werden Verbote von islamkritischen Websites angestrebt werden und die alles niederstreckende Rechtspopulismus-Keule wird neue, scharfe "Oslo!"-Stacheln bekommen. Noch unwahrscheinlich, aber nicht undenkbar wird auch der Gedanke sein, die Jagd, das Waidwerk unter vollständige staatliche Kontrolle zu stellen.

Denn nur der Staat kann schließlich für Sicherheit sorgen, indem er das totale Monopol auf Schusswaffen bekommt ... oder?

Denken wir uns mal in einen jetzt trauernden Vater hinein, der sehr wohl als Jäger oder Sportschütze Zugriff auf private Waffen hat. Dessen Sohn eventuell auch schon das eine oder andere Mal den Abzug drücken durfte, der vielleicht sogar Talent dazu bewiesen hatte.
Was hätte der sich wohl gewünscht, als der Mörder die ersten Schüsse abgefeuert hat? Dass die Polizei möglichst schnell eine Truppe zusammenstellt, und diese auch ein Boot heranorganisieren kann?

Wohl kaum. Er hätte sich wohl gewünscht, dass sein Junge da nicht wehr- und hilflos gewesen wäre, sondern dass er und vielleicht noch ein paar andere ihre Knarren griffbereit gehabt, und dem Bastard einfach das Licht ausgepustet hätten.

Freitag, 22. Juli 2011

Karawane im Treibsand

Wenn ich mir die Lage der Eurozone so angucke, dann möchte ich um nichts in der Welt mit den derzeit Regierenden dort tauschen. Ganz ehrlich, so doll sind die Jobs dort auch nicht bezahlt, und wenn man sich mal vor Augen führt, dass jedwede Entscheidung öffentlich gleich umgehend kritisiert und hämisch auseinandergepflückt wird, dann kann man da schon die Lust an der Arbeit verlieren. Egal was man tut, immer geht es um die Entscheidung zwischen wrong way 1 und wrong way 2.

Ich würde so nicht unbedingt arbeiten wollen. Da hat man es als anonymer Internet-Kommentator schon besser. Es ist halt leicht meckern, wenn man die Verantwortung für die jeweilige Richtungsentscheidung nicht tragen, und auch die Kritik daran nicht einstecken muss.

Aber, was wollen all die Meckerköpfe denn eingentlich?  Pest oder Cholera, Scylla oder Charybdis - Transferunion, Staatsbankrotte, Eurocrash oder Weltwirtschaftskrise?

Ich glaube, die meisten wollen ganz einfach das Eingeständnis, dass es so nicht weitergehen kann. Dass der Weg von vornherein ein Irrweg war, und dass man jetzt endlich hinsetzen muss, innehalten um Bilanz zu ziehen. Erkennen, dass es mit Aktionismus nicht mehr weiter geht ... das will ich jedenfalls hören.

Man kann die Entwicklung der Staaten ja durchaus mit einem Wettlauf vergleichen. Wer sich schneller bewegt als die anderen, dem winken Ressourcen, Attraktivität und Wohlstand ... nicht zuletzt auch politisches Gewicht und die Möglichkeit selbst zu agieren, um nicht ständig zur Reaktion gezwungen zu sein.
Wer zurück bleibt, dessen Gewicht und Attraktivität schwinden. Erbarmungslos. Andere bewegen sich schließlich weiter.

Die Euros haben sich nun irgendwann einmal entschlossen, sich unter einem goldbesternten Wimpel als "Team Blau" zu versammeln. Vorteile sollte das bringen, so eine Stadtteilmannschaft - für alle Teammitglieder. Weil, - die Starken würden die Schwachen auch mitziehen, sie quasi während des Wettlaufs fitter machen. Das wieder und wieder widerlegte Prinzip "Einheitsschule" im globalen Wettbewerbsrahmen.

Nun war die Truppe allerdings von vornherein nur nach ideologischen Gesichtspunkten zusammengestoppelt. Manche waren schon am Start zu schwach auf der Brust, übergewichtig, oder sie schleppten zuviel Gepäck mit sich herum. Ein Anderer flunkerte bei seinem Gesundheitszustand und legte gefälschte Atteste vor. Manch einer meinte auch, eine vielversprechende Abkürzung gefunden zu haben, brach sich dabei aber leider beide Beine.
Selbst die vermeintlich Starken sehen mittlerweile etwas lädiert aus, würden das aber aus Stolz nie zugeben.

Und so stolpern sie weiter. Da wird das Gepäck der Schwachen auf die (noch!) Starken umverteilt, manch einer muss gleich ganz mit einer Trage weitergeschleppt werden, und jeder hätte gern mal hier und da eine Extra-Ration oder gleich eine Bluttransfusion.

Der Haufen ist müde! Er braucht eine Pause und eine neue Strategie. Stattdessen gibt es atemlose Taktikumstellungen am laufenden Band, flankiert von Animositäten derer, die noch ein bissl Luft haben. Leute, so wird das nix mehr. DAS sollt ihr endlich mal erkennen.

Es ist Zeit dafür, die Truppe aufzuteilen. Natürlich will niemand zurückbleiben, aber wenn alle sich nur noch um die Schwächsten kümmern, sie füttern und bedauern, dann zieht das Feld an allen vorbei. Dabei geht es hier ja nicht mal um die Existenz. Niemand soll sterbend am Straßenrand zurück gelassen werden. Der freundschaftlichen Verbundenheit und dem nachbarschaftlichen Zusammenhalt sollte es ja keinen Abbruch tun, wenn die Kräftigsten endlich aus den Ketten gelassen werden, und die Lädierten erst mal ein wenig Zeit für ihre Erholung bekommen.

Im Film sagt der Verletzte zu seinen Kameraden stets heroisch klar denkend, dass sie nur weiter gehen sollen - weil es wichtig ist, dass sie weitermachen. Hier, in unserem Fall, klammern sich die Protagonisten auf Gedeih und Verderb aneinander und schwächen sich gegenseitig.

Deutschland, als offensichtlich einziger noch halbwegs führungsbefähigter Mitspieler wirkt dabei wie gelähmt. Man zuckt mal hierhin, mal dorthin, zeigt keinen Aufbruchswillen, kein Rückgrat. Dabei warten ein paar kleinere, auch noch leistungsfähige Mitstreiter vielleicht nur auf eine klare Richtungsentscheidung der sie sich endlich anschließen können. Es ist ein einziges Drama, und es ist kein Ende in Sicht.

Wenn die ökonomischen Naturgesetze der Politik dann letztlich doch deren Machtlosigkeit aufzeigen werden, wenn die politisch unabhängigen Akteure auf den Finanzmärkten dieser Gurkentruppe das Vertrauen und die Unterstützung entziehen, - dann endlich landet diese aneinander gefesselte Karawane geschlossen im Treibsand.
Und, - ob die Stärksten dann noch die Kraft haben werden um sich wenigstens selbst zu retten - das ist sehr zweifelhaft.

Donnerstag, 21. Juli 2011

Alles wieder in Butter ... nächster Job bitte

Hm, 109 Milliarden Euro ist also das neue Griechenhilfspaket schwer. Die Banken und Fonds geben auch nochmal irgendwie 106 Milliarden bis 2019 dazu (standen die nicht vor kurzem irgendwie selbst wacklig rum?).
Gut dabei ist ja, dass z.B. Italien bis Ende 2011 noch 175 Milliarden Euro Staatsschulden refinanzieren muss, da haben die Kreditinstitute auch gleich wieder genug Zaster für ihre Beteiligung an der heutigen Rettung. Nun ist jedenfalls alles wieder schick in Euroland, und wir können endlich beruhigt sein ("die Märkte" natürlich auch).

Wer hätte das noch vor ein paar Wochen gedacht, dass es so einfach sein könnte? Die Griechen werden jetzt irgendwie zu Halbpleitiers erklärt und bekommen dafür nun Kredite vom Euro-Krisenfonds.
3,5 % Zinsen - das ist doch mal ein Wort, oder? Aber war es nicht gerade das billige Geld, welches Hellas dazu verleitet hat ein bissl mehr auszugeben, als man selbst erwirtschaftete? Der Billigpump hats genommen, die Billigschuld wirds auch wieder geben? So sicher wie sonst nur Staatsanleihen sein können!
Jetzt kann da aber wohl auch nichts mehr passieren, weil da nun die sparfüchsigen Euroländer aufpassen werden. Jaja, die scharfäugigen Eurowächter werden jetzt wachsam sein wie die Luchse ... die haben GR ja mittlerweile auch so richtig am Haken, mit Überwachungskommissaren und Inspekteuren und so...

Wobei, - die dreieinhalb Prozent Zinsen sind ja überhaupt auch nicht so der Reißer ... mit welcher Inflationsrate ist die Gemeinschaftswährung derzeit nochmal behaftet? Ach, egal. Nicht drüber nachdenken.
Für Portugal und Irland wirds dann wohl auch noch reichen denke ich. Die wären ja dämlich, wenn sie nicht auch so ein bissl billigeres Geld haben wollen würden. Also das Wahlvolk will das bestimmt, da könnte ich wetten. Und, wer könnte da schon widerstehen?

Also, diese Kiste wäre schonmal geritzt. Endlich alles wieder in trocknen Tüchern. Mission accomplished!

Was machen wir denn nun aber mit dem ganzen Rest vom Jahr? Das wird doch total langweilig, so ohne diese wöchentlichen Gipfeltreffen. Ich hatte mich schon so dermaßen daran gewöhnt, und nun?
Wenn Frau Merkel jetzt wieder mehr Zeit hat, um sich z.B. ums Weltklima zu kümmern - was dann? Das ist doch auch schrecklich. Uargs!

Kann man da nicht Abhilfe schaffen? Vielleicht eins mit dem anderen verbinden?

Wie wäre es denn mit neuen Mitgliedern in EU und Euroraum? Wo wir doch grad so erfolgreich beim Retten sind ... warum nicht expandieren?

Vorschlag: Somalia in die Europäische Transferunion aufnehmen. Schließlich sind wir sowieso an der derzeitigen Hungersnot dort schuld:

Diese Hungersnot ist mit großer Wahrscheinlichkeit nicht die Fortschreibung von etwas Altem, sondern der Beginn von etwas Neuem, der Anfang einer Globalisierung, die nicht durch Warenströme oder Nachrichten vermittelt wird – sondern durch Kohlendioxid in der Erdatmosphäre. Es sind amerikanische Flugzeuge, deutsche Autos und chinesische Kraftwerke, die Dürre und Hunger am Horn von Afrika verursachen oder zumindest dazu beitragen. Dies ist auch unsere Katastrophe.
China und die Amis wollen ja leider nicht unter Brüssels kujonierende Fuchtel, also kann man die Täter nicht in Reue und Hilfsbereitschaft vereinen. Aber WIR können uns doch um die Hilfsbedürftigen kümmern, denn wir sind schließlich grade zu Rettern ohne noch zu Rettende geworden. WIR haben wieder Zeit, wir haben das know-how, und wir haben anscheinend genug Geld für alles.

WIR könnten die Herausforderung annehmen. Schon um endlich wieder eine Aufgabe zu haben.

Somalia in die Europäische Union? Wie soll man das denn erklären?

Also erstmal sollte man das kontinental (siehe Türkei) mal nicht zu eng sehen. Das wäre kein Hinderungsgrund. Außerdem verfügt das Land am Horn von Afrika über jede Menge junge, potentielle Arbeitskräfte. Die brauchen wir schließlich hier im alternden Europa - und bevor die uns alle noch als Flüchtlinge im Mittelmeer ertrinken, könnte man sie ja auch gleich sicher mit der dort kreuzenden Bundeswehr, oder mit dem neuen SPD-Traumschiff her holen. Dann müssten die somalischen Fischer auch nicht mehr als Piraten arbeiten, und wir hätten noch was für die Sicherheit der Seewege getan.

Natürlich muss man auch daran denken, dass die bisherigen afrikanischen Habenichtse (woran wir natürlich schuld sind), als Neu-EU-Bürger einen enormen Nachholebedarf hätten was den Konsum angeht.
Heißt im Klartext: Die Binnennachfrage würde angekurbelt! Banken können wieder Kredite vergeben, neue Häuser und Moscheen würden gebaut, Autos und Fischerboote gekauft. Eine win-win-win-Situation!
So, und wenn dann nicht mehr ganz soviele Somalis in Afrika mit ihrem Schicksal hadern, ist auch wieder genug Nahrung für alle da.

Und Arbeit übrigens auch, denn die Restsomalis könnten dann einfach (wie schon die Griechen) Deutschland mit Solarstrom beliefern. Schäuble und Röttgen stoßen da bestimmt schnell mal was an.

Abgesehen von den schnöden ökonomischen Gründen und der endlich zu begleichenden Kolonial- und Klimaschuld von uns Finsterlingen gibt es aber auch noch einen wichtigen historischen Grund, warum eigentlich ganz Afrika in die Eurozone gehört:
Italien gehörte trotz 120-prozentigem Staatsdefizit in den Euro-Club, weil es schon an der Wiege der Europäischen Union stand, Griechenland wurde schöngerechnet und stolz reingeholt, weil es angeblich die Wiege der Demokratie darstellt, aber hey - was ist das schon gegen die Wiege der Menschheit? Menscheitsgeschichtlich ultimativ verantwortungsbewusster geht es ja wohl nicht mehr!

Also los ... auf gehts zu neuen Herausforderungen! Ihr habt Griechenland gerettet -  jetzt könnt ihr wirklich alles schaffen!

In eigener Sache

Seit gestern habe ich mich noch tiefer in die Fänge des allwissenden Datenkraken begeben und bin nun bei Google+ zu finden.
Bis jetzt weiß ich noch nicht so recht was ich davon halten soll, denn mangels Mitmachermasse ist es da (bei mir) derzeit noch recht leer. Aber vielversprechend scheint's zu sein.

Wer von den geneigten Lesern also auch gerade dort experimentiert oder damit anfangen möchte, findet mich da unter dem Namen "Calimero aus der Rumpelkammer".

Vielleicht wird das ja so was wie ein Kurztext-Nebenprojekt (hab ja nicht immer Zeit und Material für ganze Blogbeiträge), oder ein Fundus für interessante und kuriose Links.

Bin gespannt.

Beste Grüße, Calimero



00:56 Uhr, Nachtrag: Na das ging ja fix! Mein Dank geht an die ersten beiden Leser, die nun in meinen Kreisen stehen. :-)

Freitag, 15. Juli 2011

Demokratie-Vertreter

"Guten Morgen, ich komme vom Staat und würde ihnen gern etwas über die Demokratie erzählen."

So ungefähr stelle ich mir den von der Baden-Württembergischen Landeszentrale für politische Bildung geplanten "Bildungsüberfall" im Freiburger Stadtteil Weingarten vor. Oder so: "Ich komme vom Ministerium für Volksbildung, und habe hier interessante Informationen für sie als Staatsbürger."
Wie auch immer, - man denkt da an die Zeugen Jehovas des Staates, oder an penetrante Staubsauger- Demokratie-Vertreter. Typen jedenfalls, die man nicht früh um sechs (zuerst hieß es sogar noch früh um fünf), oder eigentlich gar nie vor seiner Haustür sehen möchte.

Warum machen die das? Können die sich nicht vorstellen, dass solch ungebetener Besuch nicht unbedingt auf Gegenliebe und freudigen Beifall treffen wird?

Vielleicht sind sie so verblendet, dass sie sich gar nicht vorstellen können, dass ihr anzupreisendes "Produkt" nicht nur lediglich mehr Haustürwerbung, sondern einfach mehr Qualität nötig hat. Denn - die Demokratie als solche wird ja wohl kaum abgelehnt, lediglich das was wir täglich unter diesem Markennamen präsentiert bekommen ist anscheinend nicht mehr dazu geeignet noch enthusiastische Fans zu gewinnen.

Darum geht es da wohl auch. Der Vorteil der Demokratie ist es, dass morgens in der Frühe kein finsterer Staatsscherge Sturm klingelt, sondern lediglich der Milchmann. So hat es, laut BZ, jedenfalls Churchill ausgedrückt.
Okay, dieses Zitat Sir Winstons kannte ich bis dato auch nicht, und den meisten Weingartenern dürfte es damit ähnlich gehen. Gewinnen die jetzt etwas, wenn ihnen ein LZpB-Beamter freudestrahlend ein "informatives Frühstückspaket" und 'ne Tüte Frischmilch überreicht? Ein Vollkornbrot mit Magerquark und Gurkenscheiben, sowie 'nen Apfel und ein Tütchen Müsli (nebst Infomaterial) höchstwahrscheinlich?

Sagen wir mal so, ich wäre an ihrer Stelle wohl nur mäßig enthusiasmiert. Selbst wenn mir der freundliche Staats-Hausierer das mit Churchill erklären würde.
Obwohl, als Freiburger wäre ich vielleicht sogar erleichtert, dass es (noch) nicht der Öko-Sheriff ist, der die ordnungsgemäße Mülltrennung und die Standby-Abschaltung kontrolliert, sowie die "Stromfresser" in der Wohnung durchzählen möchte. Davon sind sie ja nicht weit entfernt, im grün-alternativen Studentenstädtchen.

Churchill stellte sich die Anwesenheit von Demokratie also noch so vor, dass sie mit Abwesenheit von Geheimpolizisten glänzte. Fein.
Ich bin ja selbst in der Diktatur des Proletariats aufgewachsen, und kannte das so auch nicht. Bei mir (vielmehr meinen Eltern) standen nur einmal zwei Volkspolizisten auf Mopeds Marke "Schwalbe" vor der Tür, weil auf einem Feld in der Nähe, des nächtens ein LPG eigener Aufenthaltscontainer für landwirtschaftliche Werktätige dem Vandalismus zum Opfer gefallen war, dies als Zerstörung von Volkseigentum ein kapitales Verbrechen bedeutete, und irgendwelche nicht genannten Nachbarn angeblich Klein Calimero und einen Freund dort in der Nähe gesehen haben wollten. (Ich war natürlich unschuldig!)

Also diese Vorstellung des früh an die Tür wummernden Staatsbüttelkommandos, welche mir schon fremd ist, soll nun die Weingartener den Verheißungen der Demokratie in die Arme treiben.
Warum trifft es ausgerechnet die? Weil sie "eine geringe Wahlbeteiligung an den Tag legen", und sich "der Politik gegenüber distanziert verhalten", erfahren wir. Klar, da muss jetzt die Volksbildung ran, da hat der Staat wohl ein Aufklärungsdefizit.

Nur ... eben war noch von Demokratie die Rede, jetzt geht es auf einmal um Distanz zur Politik. Und das bedeutet in unserer Parteiendemokratie übersetzt, dass die Bürger dort anscheinend die Parteien nicht genug unterstützen.
Ich habe mir das hier jetzt mal angeguckt. Weingarten ist übrigens Wahlkreis 660.

Nuja, so richtig doll ist es da nicht mit der Wahlbeteiligung. Nicht mal die Hälfte der Bürger hat dort Interesse am Urnengang, aber die die wählen gehen, tun das auch nicht besonders extremistisch (na ja, 17,9% für die Linke und 10% für FDP und Grüne). Was solls? Ist doch woanders ähnlich. Jedenfalls sehe ich keinen Grund für einen Bildungsüberfall durch die staatlichen Politbildungsbeamten.

Vielleicht sind die nichtwählenden Weingartener ja immer zufrieden mit ihren jeweils fremdbestimmten Regenten? Glaube ich nicht.
Vielleicht haben sie mit ihrer Stimme nie etwas wirklich Zufriedenstellendes bewegen können? Schon eher.
Vielleicht gibt die Menükarte des Parteienangebots auch einfach nichts her, was man unbedingt wählen möchte? Wer hat schon gern die Wahl zwischen Scylla und Charybdis?

Aber vielleicht liegt es auch einfach daran?
"Weltweit ist Deutschland die einzige Demokratie, in der von den drei Staatsgewalten (Parlament, Regierung, Gerichte) keine einzige durch das Volk allein bestimmt wird. In der EU sind die Deutschen die einzigen, die noch kein nationales Referendum hatten. Die Bürger aller EU-Staaten haben bereits mehr Kompetenzen zur politischen Mitbestimmung, als die Deutschen. Dies ist ein erhebliches Defizit in unserem Staat und führt zwangsläufig zu Frust und Politikverdrossenheit."
Darüber sollte man auf der politischen Ebene mal nachdenken. Nicht nur in Freiburg und Baden-Württemberg, sondern in der Bundesrepublik Deutschland.

Die Leute interessieren sich sehr für Politik, denn diese betrifft uns schließlich alle. Aber viele, wie auch ich, sehen mittlerweile keinen Sinn mehr darin, zur Wahl zu gehen um anschließend die Balkendiagramme der fünf Austauschparteien wachsen zu sehen.
Egal ob 30, 50 oder 80 Prozent Wahlbeteiligung erreicht werden, diese 5 Kartellparteien stellen Regierung und Opposition. Informell vereinigt unter dem Label der Grünen Einheitspartei Deutschlands bringen diese auch noch vor allem ihre vorher ausgeklüngelten Listenkandidaten in die Parlamente. Ja, hat man da noch eine Wahl?

Und, wenn inzwischen 80 Prozent der Gesetze vom demokratisch unlegitimierten Über-Kartell EU kommen ... hat dann die eigene Einzelstimme überhaupt noch irgend einen Wert?

Demokratie heißt ja angeblich Volksherrschaft, aber vom Volk selbst sieht man in den Parlamenten nichts. Direkt gefragt wird es auch nicht, das Volk. Die EU macht, was die Parteien-Machtkartelle vorgeben, die Regierung macht was Greenpeace und die Leitmedien wollen, selbst wenn mal die favorisierte Koalition an die Macht kommt ist nicht garantiert, dass sie auch ihre Wahlversprechen angeht ... ey, hallo?

Gibt es da nicht eventuell erst mal ein paar grundlegende Defitzite, die man beseitigen müsste um die Politikverdrossenheit auszutreiben? Bevor man auf die Idee kommt arglosen Bürgern morgens mit einem Bildungs-Frühstückspaket (und 'ner Tüte Milch) aufzulauern?

Sie kapieren es nicht!

Dienstag, 5. Juli 2011

Dreimal Doppel-X in rosa bitte

Rene Obermann also mal wieder. Unter seiner weisen Führung führt die Telekom die Frauenquote für Führungspositionen ein. Finde ich ja mutig und konsequent, nachdem der erste dahingehende Versuch gerade erst im Februar in die Hose gegangen ist.
Aber er ist wohl ein Überzeugungstäter. Ein (Ober)Mann muss halt tun, was ein (Ober)Mann tun muss.
Sonst tut es ja anscheinend keiner.

Es könnte ja jetzt sein, dass er eine Quote aus wirtschaftlichen Gründen einführen will. Bei einem Unternehmen sollte dies ja oberstes Entscheidungskriterium sein - also wäre es möglich, dass er meint herausgefunden zu haben, dass eine weibliche Repräsentanz von unter 30 Prozent in Führungsgremien schlecht für die Unternehmensperformance wäre.
Okay, dann müsste man das Unternehmen halt über die nächsten Jahre beobachten, um zu sehen, ob da was dran ist.

Ich glaube aber eher, dass es nicht um die Qualifikation oder irgendwelche besseren Soft-Skills der nun neu berufenen Damen geht, sondern lediglich um das wieder typisch männliche Spreizverhalten eines Rene Obermann. Seht her, ich bin nicht nur gut - ich bin sogar der Beste, der Erste!

Schon im Februar ist mir Herr Obermann aufgefallen, weil er eine äußerst freundschaftliche Nähe zum LOHAS-Portal utopia.de pflegt. Damals schrieb ich:
Zunächst mal taucht dauernd der Name Rene Obermann darin auf. „Hoher Besuch bei Utopia: Rene Obermann zu Gast …“, oder: „Rene Obermann stellt sich den Fragen der Utopisten“, „Telekom-Chef Rene Obermann bei der Utopia-Konferenz …“ bla, laber, sülz.
Also entweder hat der Mann den Schuss nicht gehört und denkt, dass er da viele gutbetuchte potentielle Kunden anspricht, oder er war unnötigerweise auf iPhone-Werbetour. Vielleicht ist aber auch nur sein PR-Berater eine Vollpfeife und merkt nicht, dass sein Schützling der einzige DAX-relevante Wirtschaftvertreter ist, der sich da zum Horst macht.
Nur was hat die Utopia-Klientel mit der Frauenquote zu tun? Da gehts doch um "nachhaltigen Konsum", um grün-, bio-, öko-, ethisches Einkaufen? Alles! Es ist derselbe Themenkomplex.
So wie "fair Trade" die offensichtlich vom Markt Benachteiligten bevorzugen soll, will auch die Frauenquote den angeblich benachteiligten Damen dabei helfen, die angenommene "gläserne Decke" zu überwinden.

Es geht also um eine Form der Subvention. Nun ist eine Subventionierung aus altruistischen Motiven ja nichts Schlechtes. Wer als Marktteilnehmer meint, dass er etwas mehr Geld ausgeben möchte um damit auch einem höheres Ziel Rechnung zu tragen - bitteschön, soll er tun.

Aber wenn ein Konzernlenker seine Mit-Führenden danach aussucht, ob sie zu einer bestimmten Menschengruppe gehören, tut das ja im Namen (und mit dem Risiko) seiner Eigner. Ob die das alle so mittragen wollen? Geld riskieren für das gute Ansehen ihres CEO?
Nun ist die Telekom zu großen Teilen ja noch im Besitz des Bundes. 15 Prozent direkt, 17 Prozent über die staatseigene KfW. Damit hat Obermann ja schon einmal zwei Großaktionäre mit im Boot, die nun bestimmt nichts gegen eine politisch gewollte Frauenbevorzugung haben werden.
Bei den 54 Prozent institutionellen Anlegern weiß ich auch nicht, ob sie sich unbedingt zu einer Mehrheit zusammenfinden würden um diese "gute Sache" zu kippen. Der Telekom-Aufsichtsrat wird es jedenfalls garantiert auch nicht tun.

Ja aber wieso sollte dies denn ein Risiko sein? Die Damen werden ja nun keine unqualifizierten Platzhalter sein?

Richtig. Ob und wie gut sie sind wissen wir nicht. Vielleicht sind sie ja wirklich die Besten und haben sich den Job redlich verdient. Auch das wissen wir nicht.
Was wir aber wissen, ist, dass sie ausdrücklich als "Quotenfrauen" auf ihre Plätze berufen wurden. Für das gute Gewissen, für das Strahlen ihres CEO.

Als Untergebener hätte ich damit jetzt ein Problem. Ist die Frau über mir jetzt wirklich gut? Weiß sie was sie tut, trifft sie die besten Entscheidungen? Muss ich sie ernst nehmen, oder hinterfrage ich sie nicht doch insgeheim ständig?
Und wäre ich, als Mann mit dem Willen zum Aufstieg, jetzt nicht desillusioniert? Würde ich mich noch anstrengen, damit vielleicht eine Quotenfrau den Ruhm einheimst? Würde ich als einer von vielen Highpotentials überhaupt noch eine Zukunft in diesem Unternehmen sehen, oder würde ich nicht schon innerlich kündigen und mich nach etwas anderem umsehen? Irgendwo, wo meine Chromosomenpaarung nicht von Belang ist?

Als Anteilseigner würde ich das schon als Risiko ansehen.

Und als Kunde? Da ist es mir doch völlig wurscht, wer da nun auf dem Chefsessel sitzt. Ein Unternehmen soll Produkte und Dienstleistungen anbieten die mich überzeugen. Qualitativ und preislich. Nur dann kaufe ich was bei diesem Konzern.

Also kann eine tolle Selbstdarstellung, mit der Ankündigung der Erfüllung "gesellschaftlicher Forderungen" einem Unternehmen doch kaum neue Kunden erschließen, oder? Ich glaube kaum, dass sich nun die Mehrzahl aller Frauen in Deutschland aufgrund der Tatsache, dass die Telekom nun die Frauenquote eingeführt hat, dazu entschließt künftige Verträge nur noch beim rosa Riesen abzuschließen.

Für Männer gilt das sowieso. Für mich noch im Besonderen, weil der Verein mich schon unter der Ägide Obermanns mal grundlos hat anwaltlich verfolgen lassen.

Also irgendeinen Vorteil sehe ich durch diese Entscheidung bei der Telekom nicht entstehen. Nicht einen. Nur Risiken.
Und natürlich sehe ich den angenommenen Heiligenschein des Rene Obermann, der sich mit einer Aura der political correctness umgeben möchte - egal was es kostet. Solange keiner meckert, und das wird keiner, weil niemand die pc-Keule abbekommen möchte, so lange kann er sich spreizen.

Den Frauen allgemein ist dadurch nicht gedient, den Kunden auch nicht. Profiteur ist lediglich "der Typ, der es endlich mal durchsetzt" - sein Ego jedenfalls.
Ob die neuen weiblichen Vorstände mit ihrer Berufung zur Quotenfrau besonders glücklich sind wage ich ebenfalls zu bezweifeln. Es sei denn, sie sind nur genau das:

Quotenfrauen.

Sonntag, 3. Juli 2011

Haben sie schon ihren Pinnbrief erhalten?

Im allgemeinen habe ich mit Staatsbürokraten nicht allzuviel zu tun. Wir gehen uns sozusagen, mehr oder weniger, aus dem Weg.
Das funktioniert eigentlich auch ganz gut mit diesem gebührend kritischen Abstand, denn sonst würden wir uns wahrscheinlich dauernd Bösartigkeiten an den Kopf werfen, was ja nun nicht so günstig für ein gedeihliches Nebeneinander wäre.

Während ich hier also anonym im Internet rumkritisiere, und aufzuzeigen versuche, dass die politischen Taktgeber der Behördengaleeren in meinen Augen großteils Pfeifen sind, geht die Staatsgewalt mir aus dem Wege, indem sie mir vor allem von anderen in die Taschen greifen lässt (Einzelhändler, Tankwart, mein Lohnbüro z.B.). Einmal jährlich will ich dann was von meiner Kohle zurück haben, und das war es auch schon mit unserer Interaktion.

Tja, aber manchmal muss ich auch in einen staatlichen Bürokratenbunker.

Gut finde ich das nicht. Findet wohl auch sonst keiner von den mit mir Wartenden. Obwohl ... hinter der Bürotür die dort im Minutentakt auf und zu geht, gibt es anscheinend "Geld vom Amt". Steht jedenfalls dran: "BaFöG-Stelle".
Okay, Geld vom Amt habe ich noch nie bekommen. Wenn, dann wollen die was von mir. Für Polizei-Fotos beispielsweise, aber darum geht es heute nicht. Diesmal geht es um Ausweisdokumente.

Japp, ich stand da vor meinem Rom-Trip letztens am Airline-Schalter und die nette Dame machte mich darauf aufmerksam, dass mein Ausweis im Januar abgelaufen wäre. Verdammich! Trotzdem durfte ich gerade noch so mitfliegen, aber ich solle mir schnellstmöglich neue Ausweispapiere besorgen. ( - Man wäre versucht zu sagen "Schengen sei Dank", aber ohne diese Freizügigkeit hätte ich meine Papiere vor Reiseantritt auf jeden Fall noch einmal kontrolliert.)

Gut, nun sitze ich hier und warte darauf vorgelassen zu werden. Meine Nummer erscheint und ich sitze jetzt einer sehr netten, tätowierten Mitarbeiterin gegenüber.
"Ob ich auch einen Reisepass benötige?" Klar doch, der steht doch angeblich jedem zu, der hier ein paar Jahre neben der Gesellschaft her gelebt hat. Hatte ich immer, steht mir zu, will ich wieder.
"Gut, dann bräuchte man auch meine Fingerabdrücke." (Mein gerade geschossenes Passbild, nicht älter als drei Monate(!), hat ja schon diverse andere biometrische Daten meiner Gesichtsphysiognomie gespeichert.)
So sei es also. Fingerkuppenscan, ein paar Unterschriften, 85 Euro auf den Tresen - und jetzt die alles entscheidende Frage: "Ob ich denn auch die neuen elektronischen Ausweismöglichkeiten nutzen wolle?"

Nö.
"Oh, wenn sie das jetzt nicht beantragen, dann müssen sie es später zusätzlich freischalten lassen, und dann extra bezahlen!"
Ich glaube kaum, das ich das brauche.
"Naja, noch vielleicht nicht, aber damit wird der E-Perso dann zukunftssicher!"

Ich sage ihr jetzt nicht, dass ich unsere Bürokratie zwar für kreativ genug halte, für alles ein passendes Formular zu erfinden, ihr aber absolut null Kompetenzen zutraue, wenn es um online-Funktionalitäten geht. Hier kann man sich mal durchlesen wieviel Ahnung die ministerialen Internet-Stoppschild Erfinder vom Web haben, die Errichtung einer IT-Infrastruktur für die Bundeswehr ist auch schon jahrelang eine regelrechte Misserfolgsstory, ich erinnere mich an das Toll-Collect Desaster und habe noch Anderes innerlich schmunzelnd im Hinterkopf.

Nein, ich brauche das wohl nicht, weil ich mir vorher mal die Liste der Teilnehmer am E-Perso Projekt angesehen habe. Davon brauche ich jetzt nichts, und ich denke auch nicht, dass da noch allzuviel sinvolles dazu kommen wird.
Die tätowierte Amtlerin ists nun endlich zufrieden, und ich kann gehen.

Ein paar Wochen später erhalte ich eine SMS vom Amt (!) - immerhin das funktioniert schon - und soll mir meinen Reisepass abholen kommen.

Wieder zweieinhalb Stunden Wartezeit, wieder klappt nur die BaFöG-Tür regelmäßig auf und zu. Dann bin ich dran und nehme meinen neuen Pass entgegen.
Die Mitarbeiterin (älter, untätowiert) ist so freundlich und bietet mir an, auch gleich mal nach den frisch eingegangenen Ausweisen zu gucken. Kann ja sein, dass meiner auch darunter ist.

Er ist es! Sehr schön, prima ... muss ich nicht nochmal her. Sie fragt mich jetzt allerdings, ob ich schon meinen Pinnbrief bekommen hätte. Meinen Pinnbrief? Was soll das denn sein?
Na, der Brief mit meiner PIN-Nummer für den E-Perso. Ähm, weiß ich nicht. Vorhin war keiner da, aber ich habe diese Funktionalität doch auch gar nicht bestellt?!

Naja, wenn sie mir jetzt den Ausweis gäbe, und ich noch keinen PIN-Brief bekommen hätte ... also falls der verloren ginge, und ich keinen bekäme ... dann könnte ich das Amt aber dafür nicht mehr verantwortlich machen, wenn ich jetzt einfach so mit dem Ausweis verschwinden würde.

Oh ... ja - also dieses Risiko bin ich bereit einzugehen. "Wirklich, sicher?" Ähm ja. Ich hatte sowas nie bestellt, und ich halte das Projekt auch für eine bürokratische Totgeburt.
"Oh!" Seitenblick zur Kollegin, hochgezogene Augenbrauen, und sichtliches Erstaunen über meine Ignoranz der hoheitlichen Innovation gegenüber. "Totgeburt? ts ts ts..."
"Na, wie sie meinen - aber dann unterschreiben sie mir das bitte mal hier. Hier, irgendwo. Für soetwas haben wir gar keine Formulare."

Ich darf endlich mit meinen zwei Papieren abziehen.

Zwei Tage später habe ich auch den PIN-Brief im Briefkasten, dessen amtliche PIN-Nummer immer noch ihrer "Freirubbelung" harrt.

Und gestern lese ich nun mit durchaus schadenfrohem Amüsement diesen Artikel auf Welt-Online. Um es mit Nelson Muntz zu sagen: Ha ha!
Wenn diese Kopfgeburt nicht bloß schon wieder so teuer gewesen wäre. 50 Millionen Euro versenkt? Na klasse. Einen Gutteil des E-Perso-Desasters geht sicherlich auch auf die Kappe von Ignoranten wie mir, aber wenn ich sowas lese:
Jetzt die sechsstellige PIN eingeben. Und schon – endet das digitale Zeitalter. Dann nämlich kramt ein Beamter in Flensburg die Akte hervor und setzt ein Standardschreiben mit dem Punktestand auf.
oder sowas:
Acht Monate nach der Einführung bleibt der E-Perso ein Ladenhüter. Nicht einmal 50 Behörden und Unternehmen haben sich bis dato zumindest das formale Recht gesichert, die Online-Ausweisfunktion zu nutzen. In fast allen Fällen ist es dabei geblieben. 
dann scheint es mir doch so zu sein, dass da mal wieder eine Behörde total modern sein wollte, sich damit aber in ein Feld begeben hat dass nicht das ihre ist. Eine ministerialbürokratische Kopfgeburt halt. Nutzt keiner, braucht keiner, will niemand wirklich.

Keiner? Doch! Versicherungskunden, die sich online darüber informieren wollen, wieviele Policen sie bei ihrer Versicherung abgeschlossen haben. Es sind nun wohl aber auch nicht unbedingt sooo viele:
Seit Jahresbeginn, so gibt eine Sprecherin mit leichtem Widerstreben in der Stimme Auskunft, sei die Perso-Funktion von 22 Kunden genutzt worden.
Ist das nicht großartig?

Freitag, 1. Juli 2011

Herrlich, Martenstein!

Harald Martenstein über die Rache der Wohlhabenden
»Wir müssen uns wehren«, sagte also der Kulturmanager. Er würde es gut finden, wenn kleine Gruppen, zwei oder drei Wohlhabende, tertiärer Sektor, nachts maskiert in die Unterschichtwohnungen einsteigen und dort die neuen, teuren Fernseher mit Eisenstangen kaputtschlagen.

Ausführlich dazu: Zettels Raum

Grün schafft Jobs

Renate Künast will 100 000 neue Arbeitsplätze schaffen. Und selbstverständlich sollen diese ausschließlich "grün" sein.
Dass Wahlkämpfer gern neue Jobs versprechen ist ja 'ne ganz alte Masche. Einige tun das allgemein, andere umgehen den versprochenen Arbeitsplatz auch gleich mit der Aussicht auf ein bedingungsloses Grundeinkommen. Bei unseren Grünsozialisten wird dagegen vorab schon mal festgelegt was das für Jobs sein sollen.
Mit der konsequenten Förderung umweltfreundlicher und ressourcenarmer Industriezweige (green economy), dem Ausbau erneuerbarer Energien und energiesparender Produktion wollen die Grünen bis 2016 rund 100 000 neue Arbeitsplätze schaffen.
Okay, soweit so bekannt - Hohlphrasen und das Versprechen  auf Förderung. Wobei Förderung im Sinne von Hindernisbeseitigung ja eine prima Sache ist. Allerdings im allgemeinen nicht so sehr die Sache der Grünen. Dort geht man ja gemeinhin den Weg, die Schranken für alles was nicht der eigenen Ideologie entspricht so weit zu erhöhen, dass die eigenen Hätschelkinder irgendwann drunter durchschlüpfen können.
Das hat meist den Nachteil, dass irgendetwas gepusht wird was bisher niemand brauchte, indem man das schon Bestehende soweit verteuert bis dort Jobs verlustig gehen. Damit kann man aber schlecht Werbung machen. Insofern ist es schade, dass Berlin kein Kernkraftwerk hat, sonst würde auch die Aussicht auf Arbeitsplatzabbau für Grüne propagierbar.

Gut, was hat Frau Künast denn nun genau vor?
Die Grünen wollen vor allem sechs Zukunftsbranchen fördern und ausbauen, in denen die neuen 100 000 Arbeitsplätze entstehen sollen: In der Gesundheitswirtschaft könnten 20 000, in der Kreativwirtschaft 10 000, in der Umwelttechnologie 20 000, in der Gebäudesanierung 25 000, im Tourismus 15 000 und in der Elektromobilität 10 000 Stück geschaffen werden, sagte Künast.
2008 waren ca. 351.800 Personen, und damit 15,3% aller Erwerbstätigen in Berlin-Brandenburg im Gesundheitssektor tätig. Die letzte Zahl von 2004 nur für Berlin war 180.000 (jeder achte). Jetzt stellt sich die Frage ob Berlin nun unbedingt 20000 neue Gesundheits-Werktätige braucht? Welche sollen das sein, und wie will Frau Künast diese Jobs fördern?
Mehr Kranke produzieren wird sie nicht wollen, mehr Geld kann sie nicht anbieten, der Bedarf wird wohl auch gedeckt sein ... und vor allem, welche Medizinjobs sind grün und ressourcenarm?

Heilpraktiker? Schamanen? Homöopathen und Geistheiler? Röntgenärzte werden es ja nicht sein, wegen der Strahlung und so.

Nuja, 10000 Kreative mehr braucht Berlin also auch. Dabei dachte ich bisher, dass es nun gerade in der Hauptstadt nicht an Lebenskünstlern mangelt. Oder denkt Frau Künast eventuell an eine Armada von Diplom-Puppenspielern, oder ein Bundescasting für die Expansion der Berliner Musikkultur? Noch mehr Philharmoniker und Theaterintendanten kämen ja wohl zu teuer. Außerdem fliegen die dauernd klimaschädlich in der Weltgeschichte rum.

Aber 20000 neue Umwelttechnologen ... das wird einfach. Dazu muss die künftige Regentschaft lediglich jede Menge absurde Verordnungen und Gesetze verabschieden und schon gibt es Arbeit genug für zusätzliche Umweltberater und Handwerker, die die Stadt dann entsprechend baulich anpassen können.
Genauso funktioniert es mit den 25000 Gebäudesanierern. Man muss nur ersteinmal per Gesetz einen Markt schaffen, und schon sind die Immobilienbesitzer gezwungen die Sanierungsfirmen zu beschäftigen. Für die städtischen Bauten gibt es ja noch den Anleihemarkt und den Länderfinanzausgleich.

15000 Tourismusirgendwasse? Das kenne ich aus Brandenburg. Wenn irgendwo partout keiner in was Produktives investieren möchte, dann setzt man voll auf die Tourismuskarte. Fremdenverkehr geht angeblich immer. Wobei Berlin da nicht mal ein größeres Problem haben dürfte, wenn nicht die Bewohner die Touris lieber weg haben wollten. Außerdem ist der Flughafenausbau (der ja auch mal eine Menge Jobs bringen sollte) bei den Anwohnern nicht besonders gut gelitten.
Tourismusjobs also ja, aber möglichst ohne ruhestörenden Touristen. Na, Renatchen wirds schon richten.

Auf die 10000 Elektromobilitätsbeschäftigten bin ich aber schon sehr gespannt. Bisher gibt es die noch nicht mal dort wo man tatsächlich Autos baut, und Berlin ist bis jetzt auch nicht gerade als Industriemagnet aufgefallen ... also wo sollen die E-Mobilitäts Arbeitsplätze denn da nun entstehen? Planen die Grünen etwa eine verbrennungsmotorfreie Umweltzone in den Grenzen des ehemaligen antifaschistischen Schutzwalls? Einen riesigen solarbetriebenen Autoscooter? Oder sollen Fahrräder mit Hilfsmotor zu Rikschas umgebaut werden und 10000 Berliner sollen Personentransport-Ich AGs gründen?

Ach egal. Mein Aufruf an alle Haupstädter lautet jedenfalls "Grün wählen!". Alles wird gut. Versprochen.