Montag, 31. Januar 2011

Frauenquote, Genderquatsch: Es schüttelt mich.

Es ist nur noch ätzend. Allüberall wird die Frauenquote diskutiert. Früh im Autoradio positionieren sich die Politniks (CDU-Ministerinnen wollen Quote, FDP-Lindner findet sie irgendwie Wischi-Waschi-momentan nicht nötig, bla bla - und die Kräfte der Volksfront wollen natürlich sowieso die allseligmachende Gleichheit), und gerade eben im Radio wieder eine Managerin, die unbedingt eine Quote will. Auch in Zettels kleinem Zimmer tobt schon eine sehr lesenswerte mehrseitige Diskussion darüber (mit übrigens sehr guten Kommentaren und Links).

Meine Fresse, trotzdem,  haben denn alle den Verstand verloren? Nicht, dass nicht sehr gute Argumente gegen Quotierungen geäußert werden würden, aber allein schon die Bereitschaft über soetwas zu diskutieren zeugt doch schon von angetretenen Rückzugsgefechten!
Hat denn kein politwichtiger Mensch mehr den Arsch in der Hose zu sagen, wo die Grenze zu ideologieverseuchten Gedankenspielereien überschritten ist? Kann keiner einfach mal auf ein paar tausend Jahre menschlicher Vorwärtsentwicklung (Evolution) hinweisen und knallhart sagen, dass diese Art der gesellschaftlichen Revolution bisher keiner brauchte und auch heute keiner braucht? Wieso traut sich keiner zu sagen: Quote ist Müll! Genderfrickelei braucht kein Mensch! Sowas ist Wichtigkeitsterapie für unausgelastete Charaktere, deren sonstiger Output unter der öffentlichen Wahrnehmungsschwelle bleiben würde.

Dieser ganze Driss, mit all seinen Facetten von angeblicher Lohndiskriminierung, über fehlende "genderkonforme Erziehung" und angenommener Benachteiligung von Frauen wegen ihrer Gebärfähigkeit (was anderes ist es nicht, denn selbst wenn diese Fähigkeit ungenutzt bleibt, oder genug nachgewiesene Betreuungsmöglichkeiten vorhanden sind, kommen die GenderFemiEmanzen letztlich immer darauf zurück) ist eine elende Jammerei der selbsternannten Vertreter(innen) des angeblich doch so starken Geschlechts. Eine würdelose Jammerei meiner Meinung nach.


Um es von vornherein klarzustellen. Ich hatte jahrelang eine Chefin und habe ihren Führungsstil immer sehr gemocht. Auch wenn ich Hochachtung ihr gegenüber empfinde: Diese Art von Emphatie werde ich nie erreichen und versuche es daher auch garnicht erst. Es wäre zwecklos.
Jetzt habe ich auch Frauen "unter mir" und muss/darf zwangsläufig ab und zu mal Macht delegieren. Für mich ist das kein Problem, da ich die fachlichen Fähigkeiten sehe und nicht im Traum darauf käme jemanden wegen seines Geschlechts dabei zu diskriminieren.

Ein Problem mit weiblicher Führung hat im Allgemeinen auch niemand, aber wenn es doch eine Kompetenzanzweifelung gibt ... dann kommt sie erwartungsgemäß von bekannten "Macho-Männern" und (oder sogar nur) von allen nun untergeordneten Frauen, die nicht gerade ein temporäres Freundinnenverhältnis mit der jeweiligen "Chefin auf Zeit" haben.

Daher stellt sich mir als erstes die Frage, ob Frauen überhaupt Bock drauf haben eine Chefin zu bekommen, oder ob sich die schwesterliche Solidarität nur darauf beschränkt, es mit Genugtuung zu sehen, wenn Frauen irgendwo zum Alpha gekürt werden können (solange es nicht über einem selbst ist).


Die zweite Frage ist die, ob Frauen überhaupt damit klarkommen, wenn ihr Beliebtheitsfaktor alleine durch ihre Position ständig zweifelhaft ist. Machen wir uns nichts vor, Frauen leiden eher darunter (oder machen sich Gedanken) wenn sie ständig angezweifelt werden, dauernder Kritik unterworfen sind, oder persönlich erwartete Symphatiepunkte einfach nicht vergeben werden, obwohl man doch alles gut gemacht hat, bzw  machen wollte (und ansonsten auch Getriebene(r) des Systems ist).
Meine Erfahrung ist, dass Frauen damit nur sehr schwer klarkommen und den "Fehler" am ehesten bei sich selbst finden wollen. Und das kann zermürbend sein in einem System von selbst unperfekten Menschen, die trotzdem ihren Fokus immer auf den Chef/die Chefin richten.
Männliche Selbstüberschätzung, gepaart mit Gleichgültigkeit ist da der psychischen Gesundheit zuträglicher.
Ich denke, dass frau da doch lieber sicherheitshalber in der "lauwarmen Badewanne" bleibt, wie von Geissler bei Zettel verlinkt

Daraus ergibt sich die dritte Frage: Ab welcher Führungsebene werden Frauen denn nun angenommenerweise vom "Old Boys Network" ausgebremst? Und als Zwischenfrage: Warum sollten die das tun, "da Frauen ja (angeblich) bei gleicher Qualifikation weniger Gehalt bekommen"?
Nebenbei: Hat eigentlich schon jemand das Preisgeld der Gesellschaft für Männerrechte (?, müsste ich jetzt googeln) bekommen, welches dafür ausgesetzt wurde einen Arbeitsplatz zu finden auf dem eine Frau (bei gleicher Qualifikation und Dienstzeit) weniger Gehalt bekommt als ihr männliches Pendant? Als ich das letzte Mal guckte, gab es immer noch keine(n) Preisträger(in), obwohl es doch so einfach sein sollte.

Naja, es wäre jedenfalls schon interessant zu sehen, wo in einer bestimmten Firma die abstrakte "gläserne Decke" verläuft, und warum das so ist. Heißt: Ab wann weicht die "Angenommenenquote" signifikant von der "Bewerberquote" ab. Wenn es da eklatante Normabweichungen gäbe, dann sollte man schon mal nachhaken, aber das primitive Gucken nur nach den Heads ist lächerlich.

Die vierte, und wahrscheinlich wichtigste Frage ist die, ob in der ganzen bekloppten Genderdebatte mit all ihren Auswüchsen das Wesentliche, also die naturgemäße, gewachsene, mithin evolutionäre Bedeutung des Individuums nicht schon wieder komplett im Brei einer irgendwie politisch gearteten, aufoktroyierten Bestimmung breitgetreten wird.

Denn das ist meine Wahrnehmung. Das Individuum ist fehlbar, es diskriminiert, es fällt falsche Entscheidungen, und nur sie, die Politniks und ihr Medientross (getragen und flankiert von akademisch legitimierten Besser- und Anderswissern) haben überhaupt eine Ahnung was gut für uns ist - wir Tölpel!

Wenn ich nun soetwas lesen muss (noch dazu von einer geachteten Kommentatorin), dann stockt bei mir kurz die Peristaltik und ich sehe mich mit einem selbstgebastelten "WARUM?"-Schild vor dem Monitor sitzen:

"Man müsste also Jungs besser, d.h. gezielter fördern. Das können Erzieher nicht in Eigenregie leisten, solange es dazu seitens der Bildungspolitik keine Vorgaben gibt. Wie aber will man das bewerkstelligen, solange das Thema Gender konsequent lächerlich gemacht oder gar als Phänomen negiert wird?

Wann wird sich die Erkenntnis durchsetzen, dass es beim Thema Gender nicht um Streicheleinheiten fürs weibliche Ego geht, sondern dass es z. B. auch für die frühkindliche und spätere Erziehung von Jungen relevant ist und somit für das Selbstbild von Männern. Eine nicht ausreichend gegenderte Erziehung mündet für beide Geschlechter in auffälligem Verhalten, welches den weiteren Lebensweg empfindlich beeinflussen kann.

Aber warum etwas ändern? Ich höre schon die Stimmen: „Zu unserer Zeit gab es auch kein Gender und es ist trotzdem was aus uns geworden.“"

WARUM müssen staatliche Erzieher und Bildungspolitik die Eltern und den gesunden Menschenverstand eigentlich ersetzen? Wer gibt euch das Recht dazu hier einzugreifen? WARUM ist das Verhalten von ungegenderten Jungs eine empfindliche Störung für ihren weiteren Lebensweg? Hat irgendwer eigentlich mal die "betroffenen" Jungs und Mädels gefragt, ob sie überhaupt "gegendert" und "bequotet" werden wollen?

Warum zum Geier meinen "Besserfrauen" und ihre männlichen Politwiesel, dass ihre Gedankenspielchen, welche sich bisher weder im historischen, noch im gesellschaftlichen, noch im wirtschaftlichen Kontext irgendwo als relevant erwiesen haben (sonst wären sie common sense), auch nur irgendein Quentchen Verbesserung für die avisierten Zwangsteilnehmer bedeuten könnte?

Habt ihr sie noch alle? Und, darauf aufsetzend: Sind die Politniks noch ganz dicht, wenn sie Beklopptes in Gesetze meinen gießen zu müssen? Habt ihr alle keinen Respekt mehr vor der Evolution des menschlichen Tuns, oder seid ihr nur zu feige zu sagen, dass der Kaiser nackt ist?

Freitag, 28. Januar 2011

Die Stimme der Gorch Fock beim Spiegelfechter

Die Schiffsbesatzung der Fock hat auch eine Stimme. Leider verbietet die Bundeswehr der Stammbesatzung den Kontakt zur Presse, so dass sie ihre Sicht der Dinge nicht kundtun darf.

Die Bloggerszene kann (und muss) diesen Part also nun übernehmen, und der Spiegelfechter tut dies als erster mit der Veröffentlichung eines offenen Briefes der Besatzung. Im Vertrauen auf die Autentizität des Briefes und in der Hoffnung, dass dieser im Netz Verbreitung findet:

Hier der offene Brief der Stammbesatzung der Gorch Fock beim Spiegelfechter

(via Zettels kleines Zimmer, mit Dank an energist)



Nachtrag: Spiegel online liegt der Brief jetzt angeblich auch vor. Laut Kommentarthread beim SF ist dieser identisch mit dem online Veröffentlichten. Zitat:
Spiegelfechter schrieb am 28. Januar 2011 at 19:36 - Permalink Antworten
*grins*
Der Brief, der SPON angeblich vorliegt, ist definitiv von mir. Ich hatte nämlich an zwei Stellen kleinere Fehler ausgebessert, die im Brief an Guttenberg drin sind und von SPON wörtlich zitiert werden. Unsere lieben Alpha-Journalisten wollen sich keinen Zacken aus der Krone brechen und ihren Lesern mitteilen, dass Briefe, die ihnen “vorliegen” aus einer Sekundärquelle stammen ;-)

Lol, die kochen auch nur mit Wasser.

Donnerstag, 27. Januar 2011

Quizfrage

Wieviele Bäume braucht man um einen hundertjährigen Baum zu ersetzen?

a) 700
b) 1200
c) 1800
d) 2500

Wer darauf keine Antwort weiß, befindet sich wahrscheinlich in guter Gesellschaft. In meiner auf jeden Fall. Diese komplett behämmerte Frage stellte Jörg Pilawa in der letzten Sendung von Sandra Maischberger. Thema: Dichter, Denker, Dumpfbacken: Deutschland setzen: 6! (ca Minute 25)

Eigentlich haben die Kinder Pilawas diese Frage ausgewählt. Ich frage mich da nicht nur, auf welch dämliche Fragen Kinder mittlerweile meinen eine Antwort zu haben (man könnte auch fragen: Wie schwer ist ein Eisberg?), sondern auch, wie doof Erwachsene sein müssen, um solche Fragen ernsthaft beanwortet haben zu wollen.

Welches Bildungssystem den Kindern derlei Schwachsinn eingibt, braucht jedenfalls nicht mehr hinterfragt zu werden.

Die Antwort ist übrigens "d". Jedenfalls gibts dafür einen Punkt. Auf welcher Grundlage auch immer. :-/

P.S. Ranga Yogeshwar wird mir übrigens immer unsympathischer. -.-
P.P.S. Eigentlich wollte ich mir die Sendung nur angucken, weil ich mir ein Bild von Ursula Sarrazin machen wollte. Die Hetze gegen sie halte ich nämlich bisher für Sippenhaft.

Schönschrift, Handschrift ... who cares?

Kennt noch jemand diese Schönschrifthefte, in die wir als Schreibanfänger unsere ersten unsicheren Schriftbuchstaben kritzelten? In der DDR gab es die jedenfalls. Sie bestanden aus vorgedruckten Zeilen mit kräftigen Begrenzungslinien oben und unten, sowie einer gestrichelten Hilfslinie in der Mitte der Zeile, wenn ich mich recht erinnere.
Über die dicken Linien hatten die Buchstaben nicht herauszuragen, und an der Strichellinie sollten sich die obere und untere Hälfte der Buchstaben orientieren (naja, eigentlich war auch die Mittellinie eine strikte Begrenzung).

Der Sinn bei der Geschichte war, uns eine Technik beizubringen die flüssiges Schreiben ermöglicht (die Buchstaben haben Ansätze und Endungen, an denen der folgende Buchstabe wiederum Anschluss finden kann), und es einem fremden Leser ermöglicht, den ganzen Salat auch später wieder entziffern zu können.
Prinzipiell also die Vermittlung eines Kulturtechnik-Standarts.

Die Erfolge beim Erlernen dieser Kulturtechnik spiegelten sich dann in der "Schönschrift"-Note im Zeugnis wider. Manche waren gut darin (vor allem die Mädchen), manche haderten bis zum Ende mit diesem Fach (ich zum Beispiel). Irgendwann war diese Phase aber beendet (ich glaube, in der dritten Klasse), und von nun an wurde vorausgesetzt, dass der Schüler sich relativ zügig schriftlich so ausdrücken kann, dass der Lehrer den zu Worten geronnenen Output seines Schützlings auch ohne dessen Assistenz beurteilen kann.

Eine win-win-Situation für alle Beteiligten, wenn sozusagen wenigstens Mindeststandarts verinnerlicht wurden. Nun kennt jeder seine individuelle Handschrift, und weiß, dass diese doch ziemlich von der Schönschriftnorm abweicht. Wer sich nicht erinnern kann wie das eigentlich mal gedacht war, kann sich hier mal angucken was ihm irgendwann mal beigebracht wurde. Was blieb zeigt eventuell das hier:
Nun erfuhr ich vor Kurzem, dass den Kids mittlerweile nicht mehr die Schönschrift abverlangt wird, sondern, dass sie sich anfangs in Druckbuchstaben ausdrücken sollen, damit es lesbar bleibt. Auch ist unser obligatorischer Füllfederhalter nicht mehr vorgeschrieben, der Kugelschreiber oder Fineliner tut es auch. Ich versuche das auch mal:
Okay, es hat etwas länger gedauert, sieht etwas ungelenk aus, und ich habe mich zweimal verschrieben (zu sehr gewohnheitsmäßige Schreibschrift). Prinzipiell ist das aber nicht der Untergang des Abendlandes, da es trotzdem recht flüssig vonstatten ging und immernoch lesbar sein sollte.

1:0 für die Vereinfacher.

Nun habe ich  bei Kewil gelesen, dass Baden-Württemberg eine "einfachere Schreibschrift" einführen möchte. Das ist natürlich ein Abschleifen von Standarts. Beim ersten Lesen drängte sich mir zumindest der Verdacht auf, dass diese Vereinfachung in eine logische Reihe mit z.B. der Diskussion über das Für und Wider von Diktaten an Grundschulen gehört.
Es wird in letzter Zeit einfach dauernd an "der Bildung" rumgefrickelt, um dem anscheinend niedrigeren Niveau der heutigen Schüler gerecht werden zu können. Man vergibt keine Noten mehr um die Kleinen nicht zu sehr unter Stress zu setzen, man verkleinert Leistungshürden um möglichst vielen "nicht  die Zukunft zu verbauen" und betreibt jede Menge Kosmetik um der ganz einfachen Erkenntnis aus dem Wege zu gehen, dass halt naturgemäß nicht alle Schüler totale Superleister sind. Dazu kommt noch die Tatsache, dass "die Kleinen" heutzutage geringere motorische Fähigkeiten mitbringen als unsereins dazumal.

Da ich weiß, dass wir auch keine Göttersprösslinge waren, stellt sich schon die Frage, ob an den heutigen Nachwuchs eine Art Morlock-Standart angelegt werden muss. Sind die heutzutage völlig unfähig? Ich glaube das nicht.

Sowohl meine Mutter (Diplompädagogin), als auch meine Schwiegermutter arbeiten seit Jahren in Kindergärten und berichten übereinstimmend, dass die Kleinen heutzutage weniger leistungs- und lernfähig sind. Konzentrationsfähigkeit, Körperbeherrschung, Sozialkompetenzen sind in vielen Fällen komplett nicht vorhanden.
Ich kritisiere das und finde es unmöglich, dass unsere Bildungspolitik gerne irgendwelchen ungesunden Tendenzen hinterherrennt und Standarts abschleift, um "alle mitnehmen zu können". Dieses bürokratische Einebnen von bestehenden Unterschieden hilft letztendlich niemandem. Ein Depp bleibt ein Depp, auch wenn er ein gutes (sozial-gerecht angepasstes) Zeugnis bekommt, aber alle Gutleister werden durch die Reduktion der Standarts in einen Topf mit den Minderleistern geworfen. Das ist ungerecht!

Nur gehört das Anpassen der Schönschriftstandarts meiner Ansicht nach nicht dazu. Im Gegenteil, ich denke, dass eine vereinfachte Schreibschrift, wie auch eine Zulassung von "geschriebener Druckschrift", unnötigen Leistungsstress rausnimmt. Später interessiert Schönschrift eh niemanden ... Hauptsache, man kann flüssig und lesbar schreiben. Nur das ist wichtig!

Nuja, meine Meinung. Andere?

P.S. Ich habe kein Interesse an graphologischen Gutachten, danke. Calimero

Sonntag, 23. Januar 2011

Gorch Fock: Ein Vorschlag zur Güte

Die Gorch Fock, das bisherige Segelschulschiff der Bundesmarine sollte mit sofortiger Wirkung den destruktiv-männlichen Klauen des Militärs entrissen, und der zivilen Nutzung zugeführt werden.

Als derzeit einziges klimaneutral betreibbares Fahrzeug der Bundesrepublik Deutschland wird es mit sofortiger Wirkung dem Bundesfuhrpark unterstellt und kann somit die bisher genutzten Regierungsmaschinen (kerosinfressende Klimamörder und lärmige, gefährliche Dreckschleudern) zumindest bei Überseereisen der Kanzlerin vollumfänglich ersetzen. Überlandstrecken können ergänzend mit Bus, Bahn oder Pferdefuhrwerk zurückgelegt werden.

Um menschenschinderische Ausbeutung der Besatzung von vornherein zu vermeiden, ist die Crew einer noch neu zu gründenden Regierungssegelschiffs-Aufsichts- und Überwachungsbehörde (RegSeSchiAÜB) zu unterstellen, welche für das Wohl der noch zu rekrutierenden Bundessegelbeamten verantwortlich sein wird.
Selbstverständlich ist die Gorch Fock barrierefrei umzugestalten und die RegSeSchiAÜB erhält die Aufgabe, die Mann(Frau)schaft (neu: Personenschaft) unter allen Gesichtspunkten der Nichtdiskriminierung zusammenzustellen.

Besonders zu beachten sind hierbei Geschlechterquote, Migrantenquote, Beschäftigung von Schwerbehinderten, Ausgewogenheit von Religionszugehörigkeiten, sowie sexueller Orientierungen. Für die Besetzung von Führungspositionen werden Frauen bei gleicher Qualifikation allerdings bevorzugt.
Die Bundessegelbeamten unterliegen deutschem Beamtenrecht und haben Anspruch auf alle Ruhe- und Ausgleichszeiten, sowie einen vierzehntägigen Heimaturlaub mindestens nach Ablauf einer vierwöchigen Einsatzzeit.

Für den unwahrscheinlichen Fall eines Piratenangriffs gehört ein Antikonfliktteam nebst mitgeführtem runden Tisch zur neuen Grundausstattung des Regierungsschoners. Der/die Nachrichtenoffizier_In wird aus den Reihen des ZDF rekrutiert, während der/die Schiffsmetereolog_In aus den Reihen des Potsdam Instituts für Klimafolgenforschung stammen wird.

Zu Ehren der Völkerverständigung und als Zeichen für die Alternativlosigkeit der Europäische Idee wird die Gorch Fock fürderhin unter dem Namen "Nicole" als Friedens- und Freudebotschafterin die Weltmeere besegeln. Die Schiffstaufe erfolgt nach zehnjährigen, umfangreichen Umbauarbeiten mit einer Flasche alkoholfreiem Rotkäppchen-Sekt.

Samstag, 22. Januar 2011

Wasser im Keller der Steppe

Stadt Herzberg im Landkreis Elbe-Elster (BB)
Die rechts stehende Grafik zeigt die geografische Lage der Stadt Herzberg im Süden Brandenburgs, während die untere die Stadt Frankfurt/Oder markiert.
Interessant ist hierbei das Gebiet nördlich Frankfurts,
das sogenannte Oderbruch (die dritte Grafik).

(alle Grafiken lizenzfrei aus Wikipedia)
Frankfurt/Oder
Das Oderbruch nördlich von Frankfurt/Oder




Gemeinsam ist diesen beiden Gebieten, dass immer mal wieder, oder sogar über Monate hinweg ein Wasserproblem haben. Nicht, wie man im angeblich trockensten aller Bundesländer annehmen sollte, ein Problem der Wasserknappheit, sondern eines des unangenehmen Überflusses an Nässe. Und dies auch nicht wegen klimawandelgeschuldeten Starkregenfällen, oder weil die Gletscher der Märkischen Schweiz aufgrund der Erderwärmung abschmelzen. Nein, das Wasser kommt aus versandeten Flüssen und, ganz mies, von unten als Grundwasser in die Keller.

Dabei klangen die Klimawandelpaniker vor ein paar Jahren noch so wie hier beispielsweise in der Berliner Zeitung. 


Brandenburg ist schon heute die trockenste Region Deutschlands. Die Erderwärmung, hervorgerufen durch klimaschädlichen CO2-Ausstoß, wird diese Situation dramatisch verschärfen. "Der Grundwasserspiegel sinkt, die Kiefern können kaum Wasser speichern und wir haben dann eine deutlich erhöhte Waldbrandgefahr", sagte gestern Hans-Joachim Schellnhuber, Wissenschaftler vom Potsdamer Institut für Klimafolgenforschung. Schon zum Ende des Jahrhunderts drohten in der Mark ausgetrocknete Seen und Sandstürme. Sogar die Tropenkrankheit Malaria könnte sich ausbreiten, sollten sich die Temperaturen tatsächlich langfristig um durchschnittlich acht Grad erhöhen.
Nun könnte man sagen: okay da haben sich Schellnhuber und Konsorten halt um ein paar Jahre geirrt und statt sinkendem Grundwasserspiegel hat man es jetzt halt mit einem steigenden zu tun. Aber so einfach ist es nicht, denn gerade hier ist zu erkennen, wie segensreich sich eine Politik des gesunden Menschenverstandes gegen die Politik der Destruktivität aufgrund falscher Vermutungen abhebt.
Denn beide Gebiete sind nicht etwa einfach den Launen der Natur unterworfene Landstriche, sondern wurden über Jahrhunderte vom Menschen für den Menschen nutzbar gemacht. Im Fall des Oderbruchs entstand diese fruchtbare Kulturlandschaft sogar auf politische Initiative des Alten Fritz hin. Und das kam so:
Das heutige Landschaftsbild des Oderbruchs wurde durch die Begradigung der Oder im 18. Jahrhundert geprägt. Die Eindeichung und Trockenlegung des Feuchtgebietes erfolgte nach Anfängen ab 1735 im Wesentlichen zwischen 1747 und 1762 unter dem preußischen König Friedrich II. Ihm zu Ehren steht in Letschin ein Denkmal als Dank für die veranlasste Trockenlegung des Oderbruchs.
Nach den Plänen vom Wasserbauingenieur und Oberdeichinspektor Simon Leonhard von Haerlem wurde der Lauf der Oder am Ostrand der Niederung am Oderbruch entlanggeführt. Dazu wurde ein 18,83 km langer, mit Deichen eingefasster, weitgehend geradliniger Kanal gebaut, der den Flusslauf um rund 25 km verkürzte. Bei Hohenwutzen wurde zur Verkürzung des Oderlaufs an geeigneter Stelle der Moränenrücken des Neuenhagener Sporns durchstochen, der dadurch zur Neuenhagener Oderinsel wurde. Ein System von Abzugsgräben sorgte für die Trockenlegung des Feuchtgebietes. Am 2. Juli 1753 wurde der Fangdamm bei Güstebiese durchstochen und damit der neue Flusslauf der Oder geflutet. Seither wird die Oder am Ostrand der Oderniederung am Oderbruch vorbeigeleitet, während sich das Wasser aus dem Meliorationsgebiet in der Alten Oder sammelt. Wie geplant lagen nach kurzer Zeit große Gebiete trocken und konnten besiedelt werden, etwa 130.000 Morgen (32.500 ha) fruchtbares Ackerland waren gewonnen worden.
Aber auch das Elbe-Elster-Land wurde bis zur Wende hin wasserwirtschaftlich im Gleichgewicht gehalten, indem ein ausgeklügeltes System aus Be- und Entwässerungsanlagen gepflegt und genutzt wurde. Man mag von den alten Preußen oder der DDR-Führung halten was man will, aber ihr eigensinniges Bestreben nach landwirtschaftlich nutzbarem Land entsprach dem, was man unter "gesundem Menschenverstand" verbuchen kann.

Nach der Wende allerdings fiel etwas über uns her, dass sich nur marginal am gesunden Menschenverstand orientierte, sondern eher den Naturträumereien und Katastrophenängsten gelangweilter Großstädter entsprang. Mit dem Beitritt der neuen Bundesländer zur Bundesrepublik Deutschland kam auch eine politische Strömung über uns, die nicht hier gewachsen war, sondern aus einem Milieu stammte, welches dem Politikverständnis der gerade erst befreiten DDR-Einwohner um Jahre voraus war. Während hierzulande noch gehofft wurde, dass sich die Lebensbedingungen der Menschen endlich verbessern würden, war die politische Landschaft der alten Bundesrepublik da schon um einiges weiter. Da sollten schon die Lebensbedingungen der Bäume und Feldhamster verbessert werden. Klar, dass das zu Irritationen führte.

Dass diese Irritationen auch heute noch bestehen, zeigt folgendes Zitat aus dem Tagesspiegel vom 20.01.2011, welchem ich die Anregung für diesen Artikel überhaupt erst verdanke. (Lesebefehl!)
Ein bulliger Mann Mitte 40 nickt grimmig. „In meiner Firma haben wir überlegt, ob wir die Grüne[n] verhauen sollen“, bringt er die Stimmung in der Gegend auf den Punkt. „Diese Idioten haben doch angeordnet, dass die Flüsse und Entwässerungsgräben nicht mehr entkrautet werden, damit irgendwelche gelb-grün gestreiften Kakerlakenvögel dort brüten können.“ Die Volkszorn kocht in Herzberg an der Schwarzen Elster. Das Dröhnen der Pumpen, es ist zu einem Dröhnen der Seele geworden.
Die Grünen? Die sitzen in Herzberg nichtmal im Stadtparlament, wie sie auch sonst außerhalb des Berliner Speckgürtels lediglich eher eine laute Randgruppe darstellen. Aber sie stehen allgemein als Synonym für eine Politik, die sich eher an den vermeintlichen Interessen von Unken und Unkraut orientieren, als am Wohl der Menschen und ihrem wirtschaftlichen Auskommen.
Lange bevor Grüne, oder gar das IPCC begannen die Richtlinien der Politik mitzubestimmen war die Umweltgesetzgebung und die zugehörige Bürokratie der alten BRD ja schon weit gediehen. Hierzulande wurden, und werden allerdings immer noch die "alternativen" Vertreter des Politestablishments dafür verantwortlich gemacht, wenn Unsinn zur Realität wird. Sollte sich also ein Hausbesitzer am Dorfstammtisch darüber sorgen, dass der alte Baum neben seinem Schlafzimmerfenster ihm irgendwann mal bei Sturm aufs Dach krachen wird, dann wird er gut gemeinte Ratschläge der Umsitzenden bekommen, wie er das alte Gewächs unbemerkt schleichend vergiften kann, damit ihm nicht "die Grünen" aufs Gehöft rücken, wenn er eigenverantwortlich die Säge ansetzt.

Der gesunde Menschenverstand wehrt sich halt im Kleinen gegen unsinnige Vorgaben. Dort aber, wo er sich im Großen nicht mehr wehren kann, steht halt irgendwann mal der Keller unter Wasser.
Die "großen Parteien" können von Glück reden, dass ihre Abkehr von der durchdachten, durchaus egoistischen Politik des Alten Fritz nicht selbst auf die Füße fällt. Das grüne Feigenblatt vorm eigenen Versagen verdeckt da Einiges an allgemein fehlender Weitsicht einer abgehobenen Kaste.

Freitag, 21. Januar 2011

Voodoo-Ökonomie?

Jetzt fall ich ja langsam vom Glauben ab. Laut diesem Bericht auf Focus Money sollen die europäischen Staaten, welche nicht gerade als Top-Bürgen für den EURO-Rettungszirkus infrage kommen nun wenigstens eine "Bareinlage" bringen, damit die Bonität der Rettungszauberkünstler für ein paar weitere Wochen stabilisiert werden kann.
Die sechs wichtigsten Geldgeber des Euro-Rettungsfonds EFSF verlangen einem Zeitungsbericht zufolge ein stärkeres Engagement derjenigen Euro-Länder, die nicht über ein „AAA“-Rating bei ihren Staatsanleihen verfügen. Nach Informationen der „Financial Times Deutschland“ vom Freitag wird diskutiert, dass Staaten wie Italien, Spanien und Belgien eine Bareinlage an den Fonds zahlen.
Wie soll ich mir denn das nun vorstellen? Haben die Italiener, Belgier und Spanier denn noch irgendwo ein paar Europaletten voll 500€-Scheinen gebunkert, die sie jetzt nach Frankfurt schaffen sollen, oder müssen Berlusconi und co jetzt ein paar Wochen lang täglich zum Geldautomaten rennen?

Da drängen sich mir ein paar Fragen auf. Wenn die noch ein paar Milliarden in bar unterm Kopfkissen haben - wieso sind die dann so dermaßen überschuldet? Anders gefragt: Was können die Papiergeldreserven eines quasi insolventen Schuldners denn wert sein? Und daraus folgernd ... was ist der Papierkram in meinem Portemonnaie denn überhaupt noch wert und wieso sollten ein paar Stapel druckfrische Scheine im Keller der EZB irgendeinem institutionellen Anleger denn als Sicherheit genügen?

Wenn Italien meinetwegen Sizilien als Sicherheit hinterlegen würde - einverstanden. Dann bräuchte der Gläubiger lediglich sehr gut bewaffnete Steuereintreiber. Belgien könnte Brüssel hinterlegen, das braucht eh kein Mensch, aber die Steuereinnahmen dürften derzeit recht hoch sein. Naja und Spanien könnte Mallorca als Sicherheit anbieten, das dürfte eine recht reizvolle Sache sein. Aber Bargeld? Selbst gedruckte Euros?

Sorry, das erscheint mir wie Voodoo-Zauber. Und, dass unsere staatlichen Finanzkünstler anscheinend tatsächlich noch an die Macht des bedruckten Papiers glauben, überrascht mich schon ein wenig.

Die Angstverkäufer: Der Beitrag

Meinem derzeitigen Terminüberfluss geschuldet komme ich leider erst heute zur Rezension meines TV-Aufregers. Sorry, ging echt nicht früher. :-(

Okay, Manfred Bleskin wünscht spannende Unterhaltung. Ich bin ja total aufgeregt!

Ähm, gefördert durch Filmförderung Hamburg Schleswig Holstein, Filmboard Berlin-Brandenburg und Fernsehfonds Austria? Okay, da weiß das steuerzahlende Unternehmen und der staatlich erleichterte Mitarbeiter wenigstens wo sein Geld bleibt. Ich dachte, das wird ein voll toller Privatfernseh-Thriller?

Nuja, erste Minuten: Ganz schlimm ... alles verseucht, Auffanglager, Vermisste. Verhandlung im parlamentarischen Untersuchungsausschuss: Ein GAU ist passiert! Hossa, eine engagierte Dame warnt, ein Anzugträger beschwichtigt. "Nicht die Technik - wir haben versagt." Oha, Justitia ist auf dem nuklearen Auge blind und alle KKW dürfen wieder ans Netz.

Okay, ab jetzt weiß ich, dass es sich um Science Fiction handelt. ;-)

Die Dame strolcht nun also in der "verseuchten Zone" rum um irgendwelche Beweismittel zu sichern. Ähm, mit einer P2-Staubmaske vor dem Gesicht? Hm, die hilft nichtmal gegen handelsüblichen "Feinstaub", hätte sie also weglassen können.

Rückblende: Zerrissene Familie der Guten. Tut mir ja leid, kann ich aber wohl fürs Erste ausblenden.

Oh, ab jetzt Filmset im KKW. Scheint echt zu sein. Kleiner Hinweis auf "jahrzehntelangen Rückbau" wenn notwendig, aber Madame ist sicher, dass die Laufzeit verlängert wird.
Aha, man hat die Anlage also retrofittet (erneuert und aufgemotzt) und ist in den letzten Revisionstagen. Jetzt läuft unsere Hauptdarstellerin mit einer Untergebenen durch die Anlage (ohne Schutzhelm!!!) und erinnert sie daran, dass rausgehende Container mit strahlenden Abfällen auf Strahlung untersucht werden sollen. Chapeau!
"Die Pumpen" kriegen also neue Motoren. Toll, welche von den geschätzt dreitausend Stück denn? Die armbanduhrgroßen Dosierpumpen, oder die wohnungsgroßen Kühlwasserpumpen?Aber ich werde wohl zu pingelig. :-(

Jetzt kriege ich aber zu viel. Es werden Fremdfirmenarbeiter eingesetzt? Horribile dictu! "Ja, du dumme Nuss! Glaubst du, dass für jeden Kram, der alle paar Jahre mal zu erledigen ist ein Haufen Spezialisten auf Abruf in der Werkskantine rumsitzt?"
Und, ach du Schreck! Jetzt wirds völlig absurd. Diese Spezialisten sollen da arbeiten, obwohl sie ihre jährliche Strahlungsration schon weg haben. Weil sie so selten sind, diese Spezialisten. Öhm, wenn ich so unersetzbar wäre, würde ich meine Gesundheit jedenfalls nicht riskieren. Genausowenig, wie jemand meinen sinnlosen Aufenthalt in der Kantine bezahlen könnte.
Wenn diese Logik sich durch den ganzen Film zieht, dann gute Nacht.

Hamburg, verseuchte Zone. Uschi wackelt mit Staubmaske allein durch Ground Zero. Huch, die Bundeswehr im ABC-Schutz jagd Plünderer. Niedlich dabei, "die Kollegen" haben die bösen Jungs erwischt, wird gemeldet. Scheinen gewerkschaftlich organisierte Soldaten zu sein, unsereins wurde noch mit Kamerad tituliert. Wahrscheinlich dreht die Crew sonst mit Toto und Harry.

Rückblende: Der Chefingenieur hadert privat mit einem Fehler der Vergangenheit und Mutti muss die Kids allein lassen, weil es im KKW brennt.
Drehort: Kraftwerksleitstand. Dialoge: Original Raumschiff Enterprise, lol.

Ups, "kontrollierte RESA einleiten"! Wie ist denn der Fachbegriff da reingeraten? Heißt allerdings "Reaktorschnellabschaltung" und bedeutet schlicht "Not-Aus". Wird jedenfalls nicht "kontrolliert eingeleitet". Nuja, jetzt qualmts aus der Klimaanlage und man weiß, dass der Drehbuchautor sich mit den Zeitungsmeldungen zum echten Trafobrand in Krümmel fachgebildet hat.
Allerdings war es da ein Maschinentrafo (also der, der den Generator mit dem Überlandnetz verbindet) und kein "Notstromtransformator" der sich, wie im Film, entzündet hat.

Nee, oder? Jetzt wirds kriminell. Der Kraftwerksleiter erklärt das INES-Meldesystem und meint, dass der Brand seiner Ansicht nach "nicht meldepflichtig" ist (impliziert, das er ihn nicht melden wird). Mal abgesehen davon, dass so ein angestellter Büromensch sich wohl kaum freiwillig mit einem Bein in den Knast stellt, oder sich auf den konzerneigenen ersten Schleudersitz setzen wird - ein Brand mit Feuerwehreinsatz und Rauchschwaden über 'nem KKW? Nicht gemeldet = nicht passiert? Wie doof ist das denn?

Nebenbei, Kollegin Schnürschuh, die vorhin mit ohne Aabeitsschutzhelm auffe Omme durchs Werk gewandelt ist, ist anscheinend Sicherheitschefin! (Brüller, denn bisher dachte ich, dass den Sicherheitsingis der AS-Helm gleich nach der Geburt inoperabel angenäht wird). Wieso die sich dann aber für "die Pumpen" interessiert, bleibt für mich nebulös.

Oh süß, Junior darf mit ins KKW und präsentiert sich im "Atomkraft, nein danke"-T-Shirt. Toll, wie tolerant Mutti reagiert. Es wird auch ein neuer Charakter eingeführt (welcher KKW gleich mal kurz unterhalb einer Ölverseuchung des Golfs von Mexico oder Bhopal ansiedelt), der gleich mal etwas Schwung in eine Betriebsversammlung bringt. Ja, so ein Kommunikationsberater kommt in einer Betriebsversammlung genauso oft vor, wie der Sohnemann, der da auch dran teilnehmen darf. Er wird aber dafür auch gleich als Lobbyist geoutet. Das Cleverle im Dienst des Bösen, klar.

Ein echter Schlingel. Bisher der Einzige, der in seiner Rolle auch autentisch wirkt. Nun weiß ich nicht, ob mein Bild eines solchen Consultants das genau richtige ist, oder ob die Filmfritzen so einen besser darstellen können, weil er nah am eigenen Berufsbild angelegt ist. Egal, noch mag ich den Kerl.

Oha, was hat der Chefingenieur, "der Erbauer" denn nun? "Der Reaktor ist nicht mehr sicher!" Wieso denn das? Aha, er kopiert Dateien auf seinen USB-Stick. Na, das wird ja spannend werden.
Ups, anscheinend muss er den Stick durch die Personenschleuse schmuggeln. Versteckt! Wo nur? Vielleicht in seinem kleinen Fernsteuerflieger, den er (warum auch immer) zufällig mit auf Arbeit hatte? Nicht, dass er sich einer Leibesvisitation hätte unterziehen müssen oder sowas. Jedenfalls war er körperlich sowieso zu alt für eine Versteckszene unter der Dusche. Aber anscheinend sind USB-Sticks im KKW irgendwie verboten. Hm.

Och nö. Die Familie muss nun doch wieder ran, um über die eigenen Kinder und ein "Theaterstück für Krebskinder" irgendwie auf den angeblichen Leukämiecluster in der Elbmarsch zu kommen. Offensichtlich hat der Drehbuchautor wirklich vor allem Presseberichte für die Recherche zu seinem Filmchen genutzt. :-(

Ui, nu isses passiert. "Der KKW-Schöpfer", welcher gerade wichtige Daten rausgeschmuggelt hatte wird fieserweise vom Auto überfahren. Uff!
Aber weiter in der "toten Zone". Staubmaskenulla dekontaminiert sich mit einem halben Liter Mineralwasser. Habe nur ich bemerkt, dass sie sich garnicht hinter den Ohren gewaschen hat?

Oh, schneller Schnitt. KKW nach dem Tod vom Schöpfer. Bürodurchsuchung, uiuiui. Sie durchsucht nun seine Privatwohnung. Die Polizei übergibt ihr den Miniaturflieger (Alleinerbin?). Die KKW-ler machen Imagepflege per Pressekonferenz (hehe, das könnte wirklich wieder echt sein). Geplänkel.

Wieder Ground Zero: Unmaskierte Menschen verpacken Obstkisten. Sind bestimmt illegale, ausgebeutete Ost- oder Süd-Arbeiter. Safety-Mum fällt in ein Loch, nachdem sie noch eine letzte Obstwarnung absetzen konnte.

Zurück im noch intakten Werk: Frau Wernicke hat endlich 'nen Helm auf und zeigt dem Kommunikationsberater das Innere des KKW. Er zeigt Angst. Sie wirkt schauspielerisch sowas von unglaubwürdig! Ohweh...

Und wieder die "Fremdarbeiter". (Ist dieser Begriff eigentlich pc?) Und, Herrgott nochmal du Birne: "Spezialisten sind deshalb Spezialisten, weil sie irgendwas Spezielles sehr oft tun. Dein Gewindeschneider aus der Lehrwerkstatt kann keine Übung in allen Spezialeinsatzgebieten haben!"

Und nun wirds nochmal dreist. "Der Brand" wurde angeblich dadurch ausgelöst, weil "der Chefingenieur" die Antriebe "der Pumpen" falsch berechnet hatte und dadurch "der Trafo" überlastet wurde. Mal ganz abgesehen von der unwichtigen Tatsache, dass sowohl "die Pumpen", als auch alle größeren Trafos mit mannigfachen Sicherungen ausgestattet sind ... war nicht vorhin die Rede von einem "Notstromtrafo"? Bisher war noch von keinem Notfall die Rede, also, warum sollte ein Ersatzaggregat denn bitte im regulären Betrieb "die Pumpen" speisen??? Haben die beim Film keinen, der wenigstens ein wenig die Plausibilität prüft?

Und nun schlimme Bilder: Einer der "Spezialisten" hat zuviel Strahlung abbekommen (woher eigentlich?) und hängt in der Personenschleuse fest. Dekontamination, Haare abrasieren, kalte Dusche, verzerrte Gesichtszüge. Horror! Merke: Es trifft jeden! Den Einen früher, den Anderen lerne ich bestimmt auch noch kennen.

Werbepause. Danach lernen wir, dass der Chefingenieur jahrelang eine Kinder-Krebsklinik finanziell unterstützt hat. Oha, der Elbmarsch-Krebscluster wieder? Und Dr. Mahlsdorf hats gewusst?
(Mutti liegt immernoch im Loch und ihr Handy draußen. Verdammt!)

Rückblende: Frau Sicherheitschefin muss durch eine Horde Kernkraftgegner fahren um aufs Werksgelände zu kommen. Da ihr Mann (der enthüllende Onlinejournalist, hehe) sich anscheinend aufs Kraftwerk eingeschossen hat wird sie suspendiert.
Nu hat sie ja Zeit und guckt mal nach, was der tote Ingenieur denn privat so getrieben hat. Lustig, er hat einen Schrank voll KKW-Akten (Originale, auf Papier!) bei seinem Hobbyfliegerverein deponiert. Wahrscheinlich hat er damals etwas größere Modellflugzeuge mit "auf Arbeit" gehabt. So zum Schmuggeln, ne.

Tote Zone: Consultant (Strathmann, der Lobbyist) holt Uschi aus dem Loch.
Raumschiff Enterprise: Strathmann lässt sich das KKW erklären, wobei ein Atombombenvergleich nicht fehlen darf. Huah, unserer ist länger! Man ist mäßig amüsiert und nimmt anschließend den Block in Betrieb. Mit dramatischer Musik und knallenden Schließgeräuschen natürlich.(Kleines Schmankerl am Rande: Irgend ein Knubbel wird gedreht und passgenau fährt ausgerechnet eine Leitfähigkeitsmessung hoch (damit wird der Salzgehalt vom Dampferzeuger-Inhaltswasser und dem Kondensat überwacht). Auf sowas zu gucken kann echt nur Filmschaffenden einfallen. Wahrscheinlich stand die Kamera gerade zufällig da)

Jetzt guckt die Suspendierte dem KKW untern Rock. Des Ingenieurs Erblass wird gesichtet und Furchtbares eröffnet sich. Jedenfalls kommt die "Elbmarsch-Cluster-Analyse" wieder auf den Tisch und die Kinder müssen plötzlich "zu Papa".

Break!

Jetzt wirds komplett bescheuert. Beim Bau wurden unpassende Teile für den Reaktor geliefert und weil man unter Zeitdruck war, wurden diese per Presse in Form gebracht und verschweißt. Zulässig? Nein, wurde aber gemacht. Außerdem gabs mal ein Reaktorleck, welches "vertuscht wurde". Zehntausend Liter radioaktives Wasser sind ausgetreten und man vermutet, dass "der Pott ein Loch hat".
Sagt mal, gehts noch? Welcher einigermaßen klar denkende Mensch würde soetwas vertuschen und weiter dort arbeiten, weiter dort wohnen, weiter dort seine Familie belassen???

Und zu den "unpassenden Teilen": Sorry, aber alles was mit Druckbehältern zu tun hat wird nicht bloß einfach vom Betreiber überwacht und für passend erklärt. Da sitzt der TÜV mit im Boot und bei KKWs auch noch die Landesbehörden. Entstanden ist dieser ganze Überwachungskram ja nichtmal auf behördlicher Ebene, sondern ganz von sich aus, privat, im Verein der Großkesselbesitzer, welcher auch heute noch ganz penibel die Standarts setzt.
Und meine Kenntnis beschränkt sich da ja nur auf konventionelle Kessel. Ich möchte nicht wissen, wer da alles bei Nuklearanlagen noch überwachungstechnisch mit drin hängt. Dazu kommt noch, dass dickwandige Bauteile sogar noch online überwacht werden, und sogenannte WT-Rechner direkt auf die Leittechnik wirken. Die überwachen dabei sämtliche Bauteilbereiche und errechnen aus Druck und Temperatur die jeweilige Materialbelastung. Darüber hinaus zählen sie auch sämtliche Belastungszustände die das Material jemals durchlaufen hat zusammen und ziehen das von der Lebensdauer ab, die sich nochmals sehr sehr konservativ aus jahrelangen Probebelastungen ergeben hat.Wenn das WT-Gerät sagt: Is nich!, dann geht auch nix. Da kann der Betreiber Kopfstände machen.

Sorry, also die Vorstellung dass da jemand selbstherrlich in Schrotthändlermanier ein Kraftwerk zusammendengeln kann, in der Hoffnung, dass schon alles gut gehen wird, ist dermaßen absurd, dass es schmerzt.

Blende in die Fallout-Zone: Mittlerweile latschen schon zwei staubmaskenbewehrte Streiter todesmutig durch Ground Zero. Mein Liebling Strathmann spuckt mittlerweile Blut. Wieso, der ist doch erst später dazugestoßen? Oder macht ihn seine Laktoseallergie empfindlicher?Jedenfalls können die zwei noch Mahlsdorfs Daten bergen und nach außen übertragen, bevor sie die Bundeswehr verhaftet.

Der Zuschauer wird wieder auf die Brücke des Raumschiffs Enterprise gebeamt und bekommt wahrscheinlich gleich die grobe Kelle. Den Beginn des totalen Overkills, den Nucleus des ultimativen GAU! Schaun mer mal.

AAAAAAHHHHH! Soviel will ich heute nicht mehr schreiben! Einfach die bisherigen Unsinnigkeiten des Films mit 10 multiplizieren und auf drei Worte zusammendampfen. "Ideologisch verbrämter Bullshit!"

Nur soviel: Sicherheitventile nennt man genau darum Sicherheitsventile, weil sie nicht von Außen gesteuert werden müssen, sondern selbsttätig und autark öffnen.
Eine Überlastung (wie im Film 117% Leistung) heißt nicht, dass da was außerhalb des Sicherheitslimits gefahren wird, sondern dass man aus dem ökonomischen Optimum, dem besten Wirkungsgrad rausfährt.
Die Reaktoren in Deutschland sind nicht, wie in Tschernobyl, graphitmoderiert, sondern können ihre Kettenreaktion nur dann aufrecht erhalten, wenn auch Wasser zwischen den Kernbrennstäben vorhanden ist. Heißt: "Kernschmelze" ist ein tolles Filmschockwort, dürfte aber schwierig herbeizuführen sein.
Wenn keine Kühlung, dann auch keine Reaktion mehr. Abzuführen bleibt über gewisse Zeit noch die Restzerfallswärme. Faustformel: Elektrische Leistung mal Wirkungsgrad ergibt Leistung der Energiequelle. Davon 10% wäre die Restzerfallswärme. Um die weg zu bekommen braucht es nicht allzuviel Kühlwasser. Und dafür gibt es gerade in KKW jede Menge redundante Pumpensysteme mit ebenfalls mehrfach redundanten Energiequellen.

Gesamtfazit: Dramaturgisch nicht gerade der Renner, in der Umsetzung äußerst flach, in großen Teilen unplausibel. Ganz ehrlich, es war eine Qual für mich. Da gucke ich mir vielleicht lieber Rainer Langhans im Dschungelcamp an?

Vorwürfe machen müsste man erstens den Filmförderungsanstalten Klein-Absurdistan A bis C, dass sie für sowas Geld verbraten, und zweitens dem EVU, welches diesem Quark die Kulisse geliefert hat. Man hätte auch den Arsch in der Hose haben können um zu sagen: "Wenn ihr spinnen wollt, dann baut euch doch selbst ein Filmset".

Zumindest so einen Leitstand kriegt man ja fix zusammengefrickelt. Diese unübersichtliche Art der Raumgestaltung nennt sich "Kleinwartentechnik" und ist in den 70-er Jahren (glaube ich) aus den ehemals starren Leitstandpulten entstanden. Früher musste für jedes Anzeigeinstrument und jeden Schalter extra ein Loch in einen Stahlblechschrank gesägt werden, was die Sache dann "gefixt" hat. Mit der Kleinwartentechnik hatte man dann eine Art Einsteckraster für Normteile, das dann mit jedem Kram gefüllt werden konnte.

Und wie der Mensch so ist, er kriegt nicht genug an (möglicher) Information, daher ist da alles auch ordentlich mit Instrumenten vollgepropft. Ganz im Vertrauen: Davon braucht man im Normalfall vielleicht 5 - 10 %. Der Rest ist nur fürs Feintuning. In den für mich überwältigenden Flugzeugcockpits dürfte das ähnlich sein.

Fazit für mich. Mehrere Stunden Lebenszeitverschwendung für mich und der Vorsatz niemals wieder einen Blogbeitrag einfach so anzukündigen. War echt übel.

Mit dem guten Gefühl es doch noch geschafft zu haben ... Calimero

Dienstag, 18. Januar 2011

Zwischenspiel (menschliches)

Also eigentlich mag ich ja Menschen. Sie können mir nahe stehen und/oder mir irgendwie wichtig sein, sie können mich belustigen, oder einfach nur interessant zu beobachten sein. Sie können Dinge die ich nicht kann, oder geben mir wenigstens das Gefühl vielleicht irgendetwas besser zu können als andere.
Manchmal sind sie auch einfach nur da und sorgen dafür, dass die Welt um mich rum nicht so leer ist. Wie gesagt, eigentlich mag ich die Menschen.

Aber manchmal, manchmal beherzigen einzelne Exemplare dieser Gattung DIE grundlegende Regel auskömmlichen Miteinanders oder wenigstens gefälligen Nebenhers nicht. Dabei kann das doch wirklich nicht so schwer sein, was ich von ihnen verlange.

Irgendwann habe ich mal gelesen, dass die gesamte Weltbevölkerung nebeneinandergestellt auf der Fläche des Bodensees Platz fände, also sollte auf der gesamten Restwelt ja eigentlich genug Raum für uns alle sein, oder? Okay, viele von euch wollen lieber da sein, wo ich auch bin. Gut, ich finde das akzeptabel und meist sogar ganz nützlich ... aber bitte denkt an eure ersten Physikstunden: Wo ein Körper ist, da kann kein anderer sein.

Können wir uns darauf verständigen? Ja? Das wäre echt furchtbar nett von euch und es könnte euch auch vor unliebsamen Überraschungen bewahren.
Glaubt mir, wenn ihr nicht gerade über zwei Meter groß seid, würdet ihr es nicht mögen, wenn ich mich unvermittelt umdrehte, sollte ich euch zu nah hinter mir spüren. Ich mag sowas nicht, okay? Kein Schweiß- oder Mundgeruch, keine Parfumwolke, kein heißer Atem im Nacken ... nichtmal die Abstrahlung eurer Körperwärme. Ja, ihr strahlt Wärme ab! Also bleibt mir bitte vom Leib.

Und nochwas. Ich hasse es auch, wenn ihr mir mit dem Einkaufswagen in die Hacken fahrt. Eine Berührung reicht schon. Nochmal an die Physik denken - da wo ich stehe, kann kein Wagen sein.
Da ich das weiß neige ich nämlich manchmal zu plötzlichen Bewegungen nach hinten. Die erste kann da vielleicht noch sanft sein, aber die zweite (und das verspreche ich) erfolgt ruckartig. Deshalb erzieht lieber auch eure Kinder ein wenig. Es täte mir wirklich sehr leid, wenn so ein wagenschiebender Knirps aufgrund eures Erziehungsversagens eine Beule aus dem Supermarkt davontrüge, denn ich habe hinten keine Augen!

Also, lieber gleich ein ermahnendes Wort an den Zwerg, dann tut er sich auch in seinen ersten Physikstunden  leichter.
Und ich vernehme sowas auch mit Wohlgefallen. Da drehe mich dann bestimmt ganz langsam und freundlich lächelnd um und denke dran, dass ich Menschen eigentlich ganz gern mag.

Samstag, 15. Januar 2011

Des Angstverkäufers gespaltenes Verhältnis zur Realität

Der nächste Dienstag ist bei mir als TV-Tag vorgemerkt. Das heißt, ich habe die nötigen Aufzeichnungsdaten schon programmiert, damit ich beim späteren Ansehen die ganz schlimmen Stellen einfach auslassen kann.

Um was gehts? Sat1 surft die grüne Angstwelle und macht einen Themenabend Kernkraft. Mit viel Gelaber rundherum und dem TV-Event "Restrisiko" als Höhepunkt wird dem Zuschauer dabei wahrscheinlich ganz brachial eingebleut werden, dass Kernkraftwerke extrem gefährlich und ihre Betreiber allesamt finstere Gestalten sind.
Den Trailer zum Film hätte ich garnicht sehen müssen um das zu wissen. Zufällig bin ich aber gerade darüber auf dieses Event aufmerksam geworden. Und ich sehe natürlich: Sorgenvolle Gesichter; ein Boss, dem Profit vor Sicherheit geht; eine einsame Heldin (späte Konvertitin, wie spannend!) gegen das Establishment, sogar von Profikillern ist die Rede - und dann BUMM! Panik, Action.

Nun komme ich ja selbst aus der Branche (Großkraftwerke, aber nicht nuklear) und kann solche filmischen Aufbereitungen, wie auch die allgegenwärtige Hysterie in den Medien wenn es um Kraftwerke geht sehr gut einordnen.

Kurz und knapp gesagt: Die spinnen sich was aus. Allesamt. Denn Routine ist ein schlechter Darsteller.

Wessen eigene Branche schonmal von den Emotionsmischern der labernden Zunft beleuchtet wurde, wird es nachvollziehen können. Journalisten und Filmemacher haben meist von nichts eine Ahnung, möchten aber zu allem eine Meinung haben oder wenigstens etwas Spannendes anbieten können.
Das ist ihnen nicht vorzuwerfen, denn sie machen lediglich ihren Job. Naja, und dass sie nicht sehr weit über das Niveau eines interessierten Laien hinauskommen mag ihnen auch verziehen sein, ... aber gegen verzerrende Propaganda habe ich wirklich was.
Und da ich weiß wie sie meine Branche darstellen bin ich mir auch hundertprozentig sicher, dass sie woanders, wenn sie auch ideologisch mit Scheuklappen versehen agieren, nichts Besseres zustande bringen werden. Skepsis ist also angebracht.

Dabei können sie es eigentlich. Also technische Prozesse, oder echte Arbeit darstellen. Allerdings nur soweit, wie sie es selbst optisch wahrnehmen können.

Man muss sich nur mal die Filmchen aus der Sendung mit der Maus angucken, wenn gezeigt wird wie z.B. Erdnussflips oder Holzbleistifte hergestellt werden. Alles ist sichtbar ("normalerweise kann man das nicht sehen, aber wir durften mal in die Maschine reingucken. Im Zeitraffer erkennt man deutlich, dass..."), alles ist nachvollziehbar. Wenn mal irgendwas nicht genau erklärt werden kann, geht man dabei gern mit einem Augenzwinkern darüber hinweg.
Wenn da z.B. in irgendeine Teig-Knetvorrichtung reingefilmt wird, schlurft garantiert alsbald ein hygienebemützter Mitarbeiter mit einem Eimer heran und schaufelt irgendein Pulver, oder eine Pampe in den Trog. Der Produktionsleiter murmelt dann was von einer "geheimen Gewürzmischung" und alle sinds zufrieden. Komisch, dass sowas durchgeht. Geheime Zutaten in Lebensmitteln? Normalerweise müsste der Investigativjournalist da aber mal ganz kritisch nachfragen. Tut er aber nicht, weil alles so schön übersichtlich ist. Da kommt ein bissl Geheimnis gerade recht.

Und in der Erwachsenenversion? Ich weiß nicht, wer sich z.B. auf Dmax mal die diversen Arbeits-Dokusoaps angeschaut hat. Da werden Krabbenfangkörbe aus dem Eismeer gezogen, oder halb überflutete Wälder abgeholzt. Die Arbeitsabläufe sind eigentlich primitiv, aber man kann mit den Komponenten Zeitdruck, Wetter, Arbeiterpsychologie und Gewinnaussichten schon was Spannendes draus drechseln.

Tja, Kraftwerke (oder auch Raffinerien, Chemiewerke und dergleichen) bieten weder das Eine, noch das Andere. Ein komplett eingehauster und isolierter Prozess ist halt nicht so schön darstellbar, abgesehen davon, dass er in Teilen auch nicht vorstellbar ist, wenn man die nötigen Grundkenntnisse nicht hat. Na ja, und unvorhersehbare äußere Einflüsse sind auch relativ selten, das also kein rechter Spannungsbogen entstehen mag. Pech für den journalistischen Beobachter, er kriegt keine Bilder.

Pech aber auch für den beobachteten Betreiber. Da technische Großanlagen nunmal unübersehbar in der Landschaft stehen ist natürlich ein Interesse da, was denn da so passiert. Aber die durchaus gern eingeladenen Berichterstatter kriegen halt nichts Aufregendes vor die Linse oder in ihre Notizblöcke. Da brummt halt nur was Technisches vor sich hin, in das man kaum reingucken kann, und die Mannschaft glänzt lediglich durch routinierte Handlungen. Eigentlich ziemlich langweilig das Ganze, wenn man selbst kein Kraftwerker ist.

Kein Stress, keine Panik, und auch keine Geheimniskrämerei. Verdammt, da muss man halt etwas aufpeppen, oder sich im Zweifelsfalle mit fundierter Zweidrittel-Halbbildung was ausdenken. Ein Ergebnis dieses Schaffens wird es darum wohl auch wieder am Dienstag zu besichtigen geben.

Obwohl wissend, 'dass es die Sau grausen wird', werde ich es mir antun und darüber von meiner Warte aus berichten.Vorausgesetzt natürlich, dass die Langweiler aus dem E-Werk schön routiniert ihrem Job nachgehen und ich mir die Phantasiewelt der Sat1-ler per Knopfdruck in die Stube holen kann. ;-)


P.S. Übrigens wissen die Kollegen aus Hollywood Kraftwerksanlagen durchaus sehr zu schätzen. Es gibt jede Menge Filme, in denen Actionszenen ganz eindeutig im Kraftwerk gedreht wurden. Der Insider erkennt dabei ganz charakteristische Kraftwerkskomponenten, während der Kinogänger lediglich weiß, dass der Held sich gerade durch eine "stillgelegte Industrieanlage" kämpft.

Donnerstag, 13. Januar 2011

Warum ich spontanen Beisetzungswünschen gegenüber skeptisch bin

Ich verstehe mich mit meiner Frau eigentlich sehr gut. Aber manchmal hapert es. Oder es hakt. Dann ist einfach mal die Kommunikation gestört.

Sowas gehört nicht an die Öffentlichkeit? Doch, weil es lustig ist und man damit zum Objekt empirischer Forschung werden kann.

Meine Liebste stammt aus einem Land, in dem man die Uhrzeit nicht richtig ablesen kann. In dem man z.B. Schmuck und Uhr anzieht, und in dem ich beim Bäcker keine Pfannkuchen bekäme. Sollte ich dann dafür vielleicht "Teilchen" mitbringen? Naja, irgendwas war da jedenfalls mit Backphysik.

Okay, wer schonmal irgendwann aus seinem Nest rausgekommen ist, weiß um was es geht. Ich sage "dreiviertel Zwei", sie "Viertel vor". Ich muss mich auslachen lassen, wenn mir mal "Plaste" rausrutscht, während ihr mein Kichern sicher ist wenn nach langem Zögern die, um Korrektheit bemühte, Frage kommt: Wieviel Uhr sind es?

Obwohl beide deutsch sozialisiert (sogar irgendwie preußisch) benutzen wir für manche Alltäglicheiten ganz unterschiedliche Wörter und Wendungen.
Nun war das bisher ein privater Spaß, wenn sich die Schwiegereltern über "Broiler" amüsierten und ich beim besten Willen nicht wusste, welche Bedeutung das Wort Pfuschen (oder fuschen?) außer am Bau noch haben kann. Aber seit gerade eben bin ich Teil eines diesbezüglichen Forschungsprojekts.

Gestern bin ich per Link bei der taz (keine Ahnung, wie ich dahin kam) über den Atlas zur deutschen Alltagssprache (AdA) der Uni Augsburg gestolpert und stöberte ausgiebig darin herum. Vielmehr wir taten es gemeinsam und bewiesen uns damit gegenseitig, dass wir völlig korrekt reden würden.
Jedenfalls wars lustig, und interessant zu gucken, welch merkwürdige Ausdrücke und Redewendungen wo verbreitet sind. Man hat schon einigen Spaß dabei.

Damit die Wissenschaftler aber auch in Zukunft auf eine breite, möglichst noch breiter werdende Datenbasis zurückgreifen können, habe ich mich dann heut früh an der Umfrage zur achten Runde beteiligt. Kann jeder machen, kostet nur ein paar Minuten, und mir zumindest wuchsen auch ein wenig die Augenbrauen in die Höhe.

Was bitte kann denn eine "huren Freude" für uns gewesen sein? Und wo redet man denn so? Im Saarland vielleicht? (Ein äußerst fideler Saarländer hat mir jedenfalls mal erklärt, was 'ne "Rutschbux" und ein "Gaudizappen" sind. Das könnte damit zu tun haben.) Ähem *räusper*

Aber Eines - also sorry, wenn ich da jemals missverstanden werden sollte - würde mich auf jeden Fall kurz die Fassung verlieren lassen. Bitte frage mich niemand, ob man sich hier (bei mir) denn wohl "beisetzen könne". Nachdem ich das nun gelesen habe, werde ich die Assoziation zum geäußerten Wunsch nach Selbstbegräbnis wohl nie wieder loswerden. :-D

P.S. Und jetzt möchte ich noch wissen, ob außerhalb meiner Schwiegerfamilie noch irgendjemand das Wort "Ussel" kennt, und ob "zweee" wirklich das einzige deutsche Wort mit drei "e" am Ende ist.

Mittwoch, 12. Januar 2011

Nachtrag zu den Lebensmittel- und Dioxinpanik-Artikeln

Der bekannte Lebensmittelchemiker Udo Pollmer hat zu dem ganzen Drama, diesem Skandal(!) auch etwas zu sagen. Und er äußert sich herrlich unaufgeregt und vernünftig.

Hier in der 3sat Mediathek im "nano: Gespräch". Besonders schön ist dabei die Diskrepanz im Aufgeregtheitsgrad, zwischen der Moderatorin und dem Experten zu beobachten. Fachleute, die nicht lediglich die eigene Meinung bestätigen hat man dort anscheinend seltener zu Gast. :-D

Hier ein Beitrag auf Deutschlandradio Kultur, bei dem auch die Auswirkungen der Flächenbombardements im zweiten Weltkrieg auf heutige Dioxinbelastungen aufgezeigt werden. Schon erstaunlich.

Ein normaler Tag im politischen Deutschland

Mal angenommen, ein älterer Herr aus Rhöndorf am Rhein würde heutzutage mit einigen Gleichgesinnten eine konservative Partei gründen...

Dürfen die das? Klar doch, demokratischer Rechtsstaat und so. Vereinigungsfreiheit. Art.9 GG
Dürften sie sich versammeln? Aber sicher, Grundrecht nach Art.8 GG
Überall? Naja, "unter freiem Himmel" wäre es aus verschiedenen Gründen vielleicht nicht so eine gute Idee. Es könnte ja zum Beispiel "Krawalle" geben. "Störer" könnten auftauchen. Da muss man schon mit Einschränkungen rechnen.
Und in angemieteten Räumlichkeiten? Auf jeden Fall, klar.
Aber wenn ihnen nun niemand Räumlichkeiten vermieten will? Kann man nichts machen, Vertragsfreiheit.
Warum sollte jemand gegen Geld denn keinen Raum vermieten? Aus Angst.
Wovor müsste der denn Angst haben? Vor "Krawallen", vor "Störern", Vandalismus und "schlechter Presse".
Was ist denn "schlechte Presse"? Schlechte Presse ist hierzulande die "vierte Gewalt".


Und, könnten die Versammlungswilligen nicht einfach öffentliche Räume anmieten? Wenn die jetzigen Hausherren, also die Vertreter der angestammten Parteien, nicht gerade alles belegt haben und nicht gerade renoviert wird, oder sonst irgendetwas gerade an diesem Tag dagegen spricht - natürlich.
Aber so ganz unkompliziert, wenn also einer der Parteifreunde vielleicht selbst ein großes Grundstück hat, oder sogar ein passendes Gebäude? Dann wäre er ja ein sogenannter Reicher! Und sowas, mein Freund, sowas sieht unsere schlechte Presse garnicht gern.

Ja aber, dürfen die das? Klar doch, demokratischer Rechtsstaat und so. Pressefreiheit. Art.5 GG


Und wieder einmal wurde einer völlig legalen Partei im Rechtsstaat Deutschland, unter befriedigendem Grinsen aller Beteiligten die Durchführung eines Parteitages unmöglich gemacht. Alles legal soweit. Es folgt: Wetter und Verkehr

Hintergründe u.a. hier.

P.S. Nein, ich bin kein Anhänger von "Die Freiheit"

P.P.S. Habe gerade die neue Novo aus dem Briefkasten gefischt. Heft Nr.: 110/111 zum Thema: "Zur Lage der Vierten Gewalt"  ... das passt ja.

Dienstag, 11. Januar 2011

Je chefiger die Frauen, desto ärmer das Land?

In Zettels kleinem Zimmer ist vor ein paar Tagen eine Frage aufgetaucht, die dort wohl eher nicht beantwortet werden wird. Da ich das Thema aber doch nicht für so uninteressant halte, habe ich sie einfach mal hierher transferiert und mache mir so meine Gedanken darüber.

Die Kernfrage lautete:
-----
Je mehr Frauen die wahren Bosse eines Landes sind, umso ärmer ist es.
Was halten Sie von dieser Theorie?
----
In dieser Form, so vereinfacht, halte ich davon - nichts. Man muss nur mal die Gegenprobe machen und sich Länder ansehen, in denen ganz eindeutig die Männer die Hosen - sorry - den Kaftan anhaben. Wenn da nicht grad zufällig ein Westler Öl entdeckt, wird sich der Reichtum des Landes wohl auch eher nur in der Anzahl der Ziegen oder Rinder manifestieren.

Nö, ich denke dass es per se ungesund ist, wenn nur ein Geschlecht "die wahre" (oder informelle) Führung innehat. Wenn eine Gesellschaft dauerhaft prosperieren soll, ist es m.E. notwendig, dass die unterschiedlichen Talente und Temperamente von Frauen und Männern gleich stark zum Tragen kommen.
Ich denke schon, dass diese grundsätzlichen Unterschiede bestehen und dass sie sich idealerweise ergänzen sollten.

Ganz pauschal und vereinfachend sehe ich den Einfluss des Weiblichen als ausgleichend, bewahrend und eher risikovermeidend, während das Männliche durch erratische Volatilität gekennzeichnet ist. Das kann von Lethargie bis Fanatismus alles umfassen. Im besten Falle pendeln diese beiden Temperamente umeinander und bilden zusammen eine ansteigende Trendlinie.

Entscheidend für die Herausbildung dieses Idealzustandes ist meiner Meinung nach vor allem ein äußerer Einfluss. Die klimatischen Bedingungen nämlich! Und das genau so lange bis man sich ihnen auf einfache Weise entziehen kann.

Meiner Theorie nach begünstigt eine besonders lebensfeindliche Umwelt (Wüsten, karge Bergwelten u.Ä.) die Dominanz des Männlichen, weil dort durchaus die eigene Verteidigungsfähigkeit oder halt rücksichtsloser Eroberungswille für das Überleben der Sippe notwendig sind.-> Überleben durch Risikobereitschaft.

Im Gegensatz dazu begünstigt ein besonders angenehmes Klima, in dem man mit vergleichsweise wenig Anstrengung auch gut über die Runden kommt, die Dominanz des Weiblichen. -> Überleben durch Risikovermeidung.

Beispiele für weibliche Dominanz zu finden ist dabei nun nicht ganz einfach, denn sie zeichnet sich ja eher durch fehlende sichtbare Höhepunkte oder Außergewöhnlichkeiten aus. Vielleicht stimmt das mit Griechenland, Spanien und Nigeria ja, was im Ausgangspost beschrieben wurde.
Mein Lieblingsbeispiel für männliche Dominanz (die zu nichts führt) ist aber der Jemen. Entweder man murkst sich dort gegenseitig ab oder entführt Touristen ... oder 'Mann' verdämmert seinen Tag mit anderen Männern im Kat-Rausch.

In unseren Breiten ist (war?) eine Dominanz des einen oder anderen Geschlechts hingegen kontraproduktiv. Der Wechsel der Jahreszeiten verlangte Anpassung, Planung und auch Innovationen, wobei das Bewahren und die Reservehaltung eben auch eminent wichtig waren. Lethargie, wie auch eruptive Risikobereitschaft konnte man sich genausowenig leisten, wie das risikolose Leben in den Tag hinein.
Dazu kommt noch, dass die Jahreszeiten jeweils unterschiedliche Lebensweisen im Jahresverlauf aufzwangen. Auf einem Bauernhof wurde z.B. vom Frühling bis in den Herbst hinein geschuftet, während im Winter sozusagen Zwangspause war. Da lebte man von den Reserven, plante das nächste Jahr und verzog sich vielleicht in die Tüftelecke. So konnte jedes Geschlecht seine besonderen Talente ausspielen und alle partizipierten daran.

Heutzutage ist man vom Klima allerdings weitgehend unabhängig (genau, wegen der Innovationen), und ich bin der Meinung, dass man dies in den "entwickelten Staaten" auch an der wachsenden Dominanz weiblicher Werte, wie dem zeitgleich abflauenden Innovationsdruck, und damit einer Verringerung des männlichen Anteils an der gesellschaftlichen Entwicklung beobachten kann.

Mit dieser "Verweiblichung der Gesellschaft" möchte ich mich dann aber später in einem Extra-Artikel beschäftigen.

Montag, 10. Januar 2011

Gunnar Heinsohn im ZDF-Nachtjournal

Der (inzwischen anscheinend emeritierte) Bremer Uniprofessor Gunnar Heinsohn ist hier als Gast im ZDF-Nachtstudio zu sehen (keine Ahnung, wie lange der Link noch funktioniert - also schnellstmöglich angucken!).

Eigentlich kannte ich Heinsohn bisher nur als Demografie-, oder Gesellschaftsforscher ... aber der Mann hat anscheinend einige Themen mehr auf der Pfanne, die mich außerordentlich interessieren. Schade, dass das ZDF nur eine Dreiviertelstunde Zeit für ihn hatte.
Ich würde Heinsohn, wenn es mir irgendwie möglich wäre, liebend gern als Privatdozenten anstellen (und sei es nur mal für kurze Zeit), denn die 45 Sende-Minuten reichen erkennbar weder ihm, noch dem ZDF-Mann ... und schon garnicht mir. Hatte ich doch endlich mal den Eindruck wirklich einen leibhaftigen Universalgelehrten zu sehen (!), wo ich sowas doch sonst lediglich lesen kann.

Also, wer gern mal einen Parforceritt durch Geschichte, Religion, Archäologie, Glasforschung (!), Ökonomie und Demografie erleben möchte, dem sei diese Sendung dringend ans Herz gelegt.

Ich, für meinen Teil, werde jedenfalls meinen Bücher-Einkaufszettel um ein paar Werke Heinsohns erweitern. Freu' mich schon drauf.

Sonntag, 9. Januar 2011

Atlas Shrugged

Es soll mir hier um ein besonderes Buch gehen. Es handelt sich dabei nicht um einen Schmöker und auch nicht im eigentlichen Sinne um ein Sachbuch. Nein, es ist nicht "mein Lieblingsbuch" (sowas gibt es sowieso nicht) und auch keines das ich zu Geburtstagen verschenken würde. Wer es durch Zufall in die Hand bekommt, wird es wahrscheinlich recht schnell wieder weglegen, wenn er gewohnheitsmäßig eher auf die Spiegel-Bestseller abbonniert ist. Aber auch wer es für sich selbst kauft (und dies wird er kaum zufällig tun) kann damit vor einem Problem stehen, denn ich kann mir gut vorstellen, dass auch der bewusste Käufer manchmal vor dieser 1256 seitigen Schwarte einknickt.

Bevor ich mich nun nachfolgend mit dem Buch, der Autorin und den Umständen meiner Begegnung mit ihrem Werk beschäftige, möchte ich noch eins voranstellen:
Ich kann eigentlich keine Bücher lesen. Jedenfalls nicht so, wie ich es gern können möchte. Natürlich ist mir das links-nach-rechts und oben-nach-unten-Schema mit nachfolgendem Umblättern geläufig, aber darum geht es nicht. Es ist mir einfach unbegreiflich, wie manche Leute es schaffen Bücher so zu lesen, dass sie nach der Lektüre eine Rezension dazu veröffentlichen können. Noch irrer finde ich die Zeitgenossen, die mal ganz beiläufig in einer Diskussion ein passendes Zitat aus einem ihrer Bibliotheksschätze einstreuen können. Wie, zum Geier macht ihr das???

Bei mir wäre eine Rezension entweder ein allgemeiner Sechszeiler, oder selbst ein halber Roman. Und Zitate? Manchmal weiß ich ja noch, dass ich "da mal was gelesen habe", oder sogar, dass ich bei einem bestimmten Autor irgendwas passendes finden könnte (wenn ich nur Buch und Seitenzahl parat hätte) ... aber aus dem Stehgreif? No way!
Nun ja, meine Buchbesprechung hier wird wohl mit meinen Mankos leben müssen.

Zum Buch selbst: "Atlas Shrugged" ist 1957 veröffentlich worden und zählt (zumindest in den USA) zu den einflussreichsten politischen Büchern des zwanzigsten Jahrhunderts. Man sollte also eigentlich davon gehört haben, vor allem, weil davor lediglich die Bibel und Mark Twains "Huck Finn" gelistet sind. Hat man aber nicht. Ich jedenfalls nicht, bevor ich in der liberalen Blogosphäre dauernd darüber stolperte. Naja, bei diesem beknackten deutschen Titel auch irgendwie nicht verwunderlich, kamen die Verlags-Gewaltigen doch auf den merkwürdigen Titel: "Wer ist John Galt?".
Ja, wer ist das nun? Muss mich das interessieren? Nie gehört, den Namen, bis ich ... wie oben beschrieben.

Wer ist nun John Galt? Er ist ein Geschöpf (garnicht mal das tragende des Romans) der deutsch-russisch-amerikanischen Ayn Rand, deren Kurzvita ich einfach mal der Wikipedia entnehme:
Ayn Rands Eltern waren deutschstämmige Juden. Mit neun Jahren beschloss sie, Schriftstellerin zu werden. Im Jahr 1917 erlebte sie sowohl die Februarrevolution als auch die Oktoberrevolution mit. Die Besitztümer ihrer Familie wurden enteignet (ihr Vater war Apotheker), als Konsequenz verarmte die Familie, die bald darauf in die Ukraine zog und kurze Zeit später auf die Krim, wo die Sechzehnjährige 1921 ihren Schulabschluss machte. Im selben Jahr ging die Familie zurück nach Petrograd, und Rand schrieb sich in die Staatliche Universität ein, wo sie Philosophie und Geschichte studierte. 1924 ging sie nach erfolgreichem Abschluss des Studiums an das Staatliche Institut der Filmkünste, um das Drehbuchschreiben zu erlernen. Gegen Ende 1925 erhielt sie die Erlaubnis, für einen befristeten Besuch ihrer Verwandten in den USA aus der Sowjetunion auszureisen. Am 17. Januar 1926 verließ sie Leningrad und blieb fortan in den USA.
Okay, damit haben wir eine Autorin. Sie war wohl privat nicht unbedingt der Typ "beste Freundin" und als Schriftstellerin  hätte sie wohl auch keine Nobelpreise eingeheimst. "Atlas Shrugged" war ein belletristisches Vehikel um ihre Philosophie zu transportieren und verständlich zu machen. Es war nicht ihr erstes Buch (nach manchen Kommentaren wohl auch nicht ihr bestes), aber es war ihr (das) Opus magnum.
Wer mag, kann sich unheimlich viel zu ihr als Person und zu ihrer Philosophie, dem Objektivismus, zusammengoogeln, aber es geht auch ohne diese Vorab-Infos.

Worum geht es nun eigentlich?

Aus meiner Sicht ganz kurz: In einem fiktiven Amerika am Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts steht eine junge Frau mit an der Spitze eines, heute würde man sagen, bedeutenden Logistik-Konzerns. Sie ist eine Erbin des florierenden Eisenbahn-Nachlasses ihres Ahnen, der noch selbst mit Hacke und persönlichem Einsatz die Grundlagen für die jetzt "systemwichtige" Firma erschaffen hat.
Sie, Dagny Taggart, hat es aber mit einem weichlichen und benutzbaren Arschloch von Bruder als "Chef" zu tun, dem "das Ansehen" und irgendwelche "politischen Unausweichlichkeiten" wichtiger sind als das Wohl der Firma. Dazu kommen noch "seine Freunde", eine widerliche Egeltruppe, welche irgendwie versucht, mit "soziale Gerechtigkeit"-Gelaber und Planwirtschaftsexperimenten den eigenen Arsch an die Wand zu bekommen, indem sie auf jeden bürokratischen Hirnfurz mit Appeasement reagiert, oder die absolute Machtübernahme der Bürokraten sogar aktiv fördert.
Nunja, der ganze Laden implodiert jedenfalls so langsam wegen der Inkompetenz ihres Bruders und seiner politischen Freunde. Nicht nur ihrer allein, sondern leider auch gleich die Wirtschaft des ganzen Landes. Dagny kämpft dagegen an und sie leidet unter der grassierenden Unvernunft.

Der eine oder andere "Magnat" allerdings verschwindet nun aber plötzlich in dieser Situation ganz einfach. Es macht ganz einfach keinen Sinn mehr selbst ein wirtschaftliches Risiko zu übernehmen, wenn einem der mögliche Gewinn daraus eh umverteilt würde (bzw die Konkurrenz Ausgleichszahlungen bekäme), während eigene Verluste seitens der Staatsbürokratie nur zu Hohn und Spott führen würden ("Er hat es ja verdient, dieser unsoziale Kapitalist!").
Es ist dabei egal, ob nur der jeweilige Kopf sich der Repression durch die angeblich soziale Bürokratie entzieht, oder ob er zuvor noch sein Lebenswerk zerstört, um es "den Plünderern" nicht zu hinterlassen. Weg ist weg, und die bürokratischen Bessermenschen haben weder Ahnung, noch Plan um den Kram wieder zum Laufen zu bringen. Ayn Rand versteht es dabei sehr schön zu illustrieren, wie ein einzelner politischer Eingriff immer weitere, und immer größere Eingriffe nach sich zieht, was aber alles nur noch komplexer und unentwirrbarer macht.

Alles bricht also nach und nach zusammen und lediglich Dagny und ein unverbesserlich optimistischer (oder besser: einfach ehrenhafter) Stahlmagnat (Hank Rearden) bleiben als Wirtschaftselite im Lande. Alle anderen Industriellen verschwinden peu a peu spurlos.
Zurück bleibt eine Bürokratenelite, die den Laden nicht (wie sie eigentlich wollte) unter Kontrolle hat, sondern darauf angewiesen ist, dass wenigstens die letzten echten Wirtschaftsführer auch weiterhin die Verantwortung übernehmen. Denn selbst etwas schaffen können sie nicht. Sie sind darauf angewiesen, dass jemand Werte schafft, die sie dann anschließend nutzen können.

Gekittet ist der Roman mit ein wenig Liebeskuddelmuddel und einer Erlöser-Storyline, aber wichtig sind vor allem die Machtpositionen und Intentionen der Protagonisten. Dort vor allem, wenn gezeigt wird wie sich "gut gemeinte" politische Entscheidungen in der Realität auswirken. Aber auch das ist nur ein wenig drumherum, denn die entscheidenden Stellen sind die oft seitenlangen Monologe der Verfechter der Freiheit und der Vernunft, aus denen man problemlos ganze Zitatesammlungen destillieren könnte. Hier läuft Ayn Rand wirklich zu Höchstform auf.

Das soll es auch schon zum Inhalt des Buchs gewesen sein, denn entscheidend für dessen prominente Stellung in meinem persönlichen Literaturkanon ist der Aha-Effekt, welcher sich beim Lesen einstellte.

Es sind Rands Helden, die so komplett aus dem üblichen Raster fallen, welches ich bisher gewohnt war.
Nun sind Helden ja äußerst selten der Kategorie "Gutmensch" zuzuordnen, denn dann wären sie ganz einfach sterbenslangweilig. Gute Menschen sind sie ja irgendwie immer, aber Gutmenschen?
Nein, die Heroen in Literatur und Film sind alle auf die eine oder andere Weise besondere Randexistenzen. Sie ballern rum, sie saufen, haben wechselnde Sexualpartner, setzen sich über Regeln hinweg, oder tun irgendetwas, was sie innerhalb ihrer Gruppe einzigartig macht.
Normalsterbliche, die zu Helden werden wollen, müssen sich dabei irgendwie gegen das Establishment stellen (Robin Hood), während Vertreter des Establishments sich als Helden gegen die Regeln der eigenen Zunft stellen müssen (der Prinz heiratet das Aschenputtel).

Rands Helden sind anders. Sie stellen selbst das (eigentliche) Establishment dar und wollen das auch weiterhin tun, denn sie sind sich bewusst, dass sie ein Recht auf Führerschaft haben. Wenn man ihnen dieses Recht streitig macht greifen sie nicht zu miesen Tricks oder nutzen ganz fies ihre Macht aus ... nein, als letzte Möglichkeit ziehen diese lauteren Charaktere einfach sich selbst als Person zurück. Sie verschwinden einfach und schaden dem System durch ihre bloße Abwesenheit. Und das ist neu. Helden sagen halt normalerweise nicht einfach "Macht euren Scheiß doch alleine!".

Normalerweise würden Rands Protagonisten als böse Herrschaft gezeichnet werden, als Besitzer oder Unterdrücker. Hier nicht.
"Atlas shrugged" heißt ja sinngemäß, dass Atlas (der griechische Weltkugelstemmer) einfach mal mit den Schultern zuckt und die Welt abwirft. Rumms! Die Elite sagt einfach mal "Feierabend!" und überlässt den Bürokraten und Gerechtigkeitsklempnern die Welt, die sie ja immer so gern "gestalten" wollten. Und siehe da, die Kugel trudelt in immer schnelleren Spiralen gen Orkus.

Rand zeigt das in absolut nachvollziehbaren Ursache-Wirkung Szenarien. Wenn irgendwo ein Rädchen im großen Getriebe gebremst wird, oder gezwungen wird eine andere Drehrichtung anzunehmen, dann gerät das ganze Gefüge aus dem Takt. Ein Schmetterlings-Flügelschlag löst dann einen Orkan aus.
Reduziert auf einen Satz lautet die Aussage vielleicht: "Nimm dem Individuum nicht die Freiheit, denn dann geht es auch der Allgemeinheit dreckig.", oder anders ausgedrückt: "Der freie Markt erst garantiert größtmögliche Gerechtigkeit und Wohlstand."

Erschreckend ist die andauernde Aktualität des Werkes. Auch (oder gerade) heute sehe ich eine beunruhigende Tendenz der Politik, den Markt als etwas kontinuierlich funktionierendes anzunehmen, was man nach Belieben belasten kann. Das Motto lautet "Geld ist immer da", oder "Produkte werden immer in den Handel kommen". Da wird leichtfertig rumreguliert und "gesteuert" um sich beim Wähler 'lieb Kind' zu machen, ohne zu wissen was ein Schmetterlings-Flügelschlag auslösen kann.
Auch in der Wirtschaft ist diese Tendenz leider erkennbar, jedenfalls dort wo knorzige Unternehmerpersönlichkeiten durch kieselglatte Management-Boards ersetzt wurden.

"Atlas shrugged" ist Fiktion und ich hoffe, dass der gesunde Menschenverstand dieses Szenario verhindern wird ... aber sicher bin ich mir da nicht. Vor allem die EU mit ihrer demokratisch unlegitimierten Kommission und ihrem zahnlosen Parlament lässt mich in letzter Zeit häufig an eine drohende Herrschaft der Bürokraten denken.
Und leider, leider sehe ich nirgendwo eine Dagny Taggart, einen Hank Rearden oder sogar einen Ragnar Danneskjöld (der einzige von Rands Helden, der, als Freibeuter, auch Gewalt anwendet), die den versammelten Sesselwarmhaltern mal zeigen könnten was Atlas mit einem Schulterzucken so anrichten könnte.

Die Frage ist heute nicht mehr "Wer", sondern "Wo ist John Galt?" (*)

*) Um die randsche Figur John Galt kennenzulernen empfehle ich einfach, das Buch zu lesen. ;-)

Samstag, 8. Januar 2011

Wo kommt all die Panik her? (Teil 2)

Im ersten Teil habe ich ja beschrieben, was ich von der Nahrungsmittelhysterie im Allgemeinen halte. Nämlich nix.
Das liegt nicht mal unbedingt daran, dass ich Massenbewegungen generell skeptisch gegenüberstehe, sondern vor allem an meinem Vertrauen in die Erzeuger. Kaum ein Hersteller irgendeines Produktes wird seine Erzeugnisse bewusst so vermanschen, dass es seine Kundschaft gefährden könnte. Er wäre ja schön doof, wenn er kurzfristig ein paar Pfennige einspart, ihm aber dafür seine komplette Reputation und sein Absatzmarkt über die Wupper geht. Denn da wird aufgepasst! Und da kommt die zweite Truppe dazu, denen ich auch vertraue. Die Überwachungsbehörden nämlich.
Ich bin nicht gerade ein Bürokratiefan und ich denke auch, dass da mittlerweile einiges übertrieben wird (wesentlich empfindlichere Messtechnik machts möglich), aber ein grundsätzliches Vertrauen habe ich in dieser Beziehung schon in sie, die zuständigen Behörden.

Nun ereilte mich vor einigen Tagen die Nachricht vom Dioxin-Ei. Übers Autoradio auch noch. Hätte ich an diesem Tag vor Schreck das Steuer verrissen, wenn ich schon ein Frühstücksei verzehrt gehabt hätte? Nein, garantiert nicht. Auch eine demnächst angebotene Eierspeise hätte mich nicht erschreckt zurückfahren lassen, denn ... ich habe ja Vertrauen.
Es ist irgendwo Mist passiert, es wurde gemerkt, es wurde gehandelt. Alles so wie es sein soll.

Nun ist Dioxin im Ei nicht vergleichbar mit dem Cholesterin aus dem ersten Teil. Das ist sowas wie Motoröl im Magerquark, oder Benzol in der Buttermilch. Sowas gehört da nicht rein. Ganz einfach.

Ganz einfach? Hm, nein doch nicht. Es ist ein bissl wie mit dem alljährlichen Uran im Trinkwasser. Uran ist ein natürliches Element und kommt ganz normal in der Erdkruste vor, aus der es vom ebenfalls "natürlichen Quellwasser" (hehe!) eben in kleinen Teilen ausgewaschen wird. Dioxin allerdings entsteht meist nicht bei natürlichen Vorgängen (ausgenommen Vulkanausbrüche), sondern

... das Supergift bildet sich meist bei der Verarbeitung oder Verbrennung chlorierter Kohlenwasserstoffe, die in der Natur nicht vorkommen.
wie die Ärztezeitung zu berichten weiß.  Okay, nicht unbedingt natürlich, aus des Schöpfers fluffigem Paradies-Derivat, aber sooo selten? Auch nicht unbedingt.
Meine Eltern haben, als ich noch ein Kind war, immer Hühner und Karnickel gehabt. Fast jeder auf dem Dorf hielt welche. Hat da mal irgendjemand den Dioxingehalt der Futtermittel getestet? Nö, warum auch? War doch alles Bio. Das frische Gras vom eigenen Acker, die selbst gezogenen Rüben von ebendiesem ... Dioxin? Nee. Aber war das auch so, als der Nachbar seinen 60-er Jahre Trecker hat stundenlang aufs Feld rußen lassen? Oder als Gras über alte Feuerstellen gewachsen war?
Naja, und die Hühner lasse ich mal lieber ganz beiseite. Die dummen Vögel fressen buchstäblich alles, inklusive halb verschimmelten Essenresten (Pilzgifte!) und dem doch nicht ganz sauberen Straßenstaub. Wer ahnt, was dieses Freiland-Geflügel sich da so alles einverleibt hat.

Dies führt mich zu einer kleinen Anekdote. Vor einiger Zeit erzählte mir ein Dozent von einem Unfall (vielmehr einer Verpuffung) im Kessel einer Müllverbrennungsanlage. Es wurde ordnungsgemäß angezeigt und ein Heer von Umweltamtlern durchforstete nun die nähere Umgebung. Alles war soweit okay, aber im Boden eines Gartens wurden erschreckende Dioxinwerte festgestellt. Natürlich wurde die Betriebsgenehmigung für die MVA erstmal verweigert und man ging der Sache peinlichst auf den Grund. Die Reaktion der Medien kann man sich vorstellen.
Tja, dass der Gartenbesitzer die anfallende Asche seines eigenen kleinen Ofens (in dem er über die Jahre wer weiß was verbrannt hatte)  immer in seinem Garten verteilt hatte, kam erst später raus. Dabei war der wackre Kleingärtner bestimmt kein Umweltschwein, oder profitgieriger Industrieller. Also, so ein seltenes Über-Gift scheint mir Dioxin erst zu sein, wenn penibel kontrolliert wird. Und das tun sie wo, die Umweltbürokratler? Natürlich vor allem bei den Großen (und das natürlich mit Recht, da ihr Output halt auch am Größten ist).

Aber zurück zum Dioxin-Ei. Erst durch Blogger wurde mir vor Augen geführt, um welche Mengen und welche Grenzwerte es dabei überhaupt geht. Und, dass für Eier viel geringere Alarmwerte gelten, als z.B. für Dorschleber und Aal. Hossa, wir machen hier Panik wegen Pikogramm von Dioxin. Mithin billionstel Gramm! Das ist schon fast homöopatisch, womit wir wieder bei Paracelsus wären. Au weia! Aber der Skandal "weitet sich aus". Immer weiter. Sogar das Ausland will "unser Fleisch" nicht mehr haben, wie Spiegel online berichtet.

Es wäre in seiner Überzogenheit lächerlich, wenn es nicht wirtschaftlich so katastrophal für alle unschuldigen Beteiligten wäre. Dazu empfehle ich den ebenso zornigen wie nachdenklich machenden Artikel bei Kewil und den zugehörigen Kommentarstrang, dem ich auch die meisten Informationen hierfür entnommen habe.

Abschließend sei noch dieser sehr lesenswerte Artikel beim Spiegelfechter empfohlen: Dioxin, kein Grund zur Panik. Da ist alles schön aufgedröselt.

Tja, Panik hätte ich auch so nicht gehabt, aber ich bin wieder einmal froh, dass es außerhalb der Mainstream-Redaktionen noch jede Menge intelligentes Leben gibt.

Wo kommt all die Panik her? (Teil 1)

Wahrscheinlich bin ich auch eines der gar nicht allzu seltenen Exemplare derer, denen die monatliche Lebensmittelpanik meilenweit am Allerwertesten vorbeigeht. Ich koche, brate und verzehre das auf was ich gerade Lust habe, und die Zutaten dafür hole ich mir dort, wo ich gerade vorbeikomme.
Ich finde das praktisch. Essen zu können wann ich will und was ich will ist was Feines. Mit ein wenig Geschick und Grundlagenkenntnissen in Küchenphysik ist es auch nicht allzu schwer aus gekauften Lebensmitteln etwas Schönes zusammenzubasteln und sich hernach vom Frauchen loben zu lassen.

So weit, so gut. Aber offensichtlich sehen das einige, wie ich schätze in durchweg öffentlichkeitsabhängigen Berufen tätige Menschen, anders. Da wird gewarnt. Ständig. Dauernd. Vor Allem.
Cholesterin im Ei, falsches Fett in der Butter, Zucker überall, aber auch Süßstoffe sind gefährlich ... es wurde schon Salz in Salzbrezeln gefunden und Alkohol in Weißwein.
Nun ja, ich halte es da mit dem alten Paracelsus, der, schon lange bevor es überhaupt Verbraucherschützer gab, einfach mal festlegte: Allein die Dosis macht das Gift!
Und wer mag dem alten Mann da widersprechen? Da hat er einfach recht. Punkt.

Nun haben es unsere medial überrepräsentierten Verbraucherschützer aber schon hinlänglich geschafft, die Öffentlichkeit so weit zu "sensibilisieren", dass sie davon auszugehen scheint, dass ein Lebensmittel (welches ja per se schon verdächtig ist, siehe Cholesterin oder gesättigte Fettsäuren!) grundsätzlich etwas "porentief Reines" sein muss. Soll heißen, dass sich irgendwelche Supermarktware mittlerweile anscheinend besser verkauft, wenn möglichst viele "Ohnes" auf der Verpackung stehen. Ohne Fett, ohne Konservierungsmittel, ohne künstliche Aromen, ohne Farbstoffe, ohne Geschmacksverstärker. Natürlich zuckerfrei (oder wenigstens zuckerreduziert) mit möglichst wenig E-Inhaltsstoffen. Lediglich das "Pure" ist "das Gute".

Manchmal wünsche ich mir insgeheim, dass unsere EU-Herrschaft gesetzlich festlegen möge, dass ALLE chemischen Bestandteile ALLER in den Verkauf zu bringenden Lebensmittel mit genauen Anteilsangaben und zugehöriger E-Erfassungsnummer auf den Verpackungen verzeichnet sein MÜSSEN.

Oh, das wäre schön. Ich sehe die Ernährungsparanoiker schon vor meinem geistigen Auge, wie sie vereinzelt und fast schon skelettiert, gerade so noch den Einkaufswagen schieben könnend durch die Gänge schlurfen und voller Verzweiflung die Inhaltsangaben lesen. Überall ist Chemie drin! Gene gar, oder sogar Atome! Nichts kann man mehr essen!

Ich schätze mal, es würde nicht allzuviele solcher Gestalten geben (die meisten von uns glauben wohl doch eher ihrem gesunden Menschenverstand, als der Panikmache von Futterwächtern) ... aber sollte vor mir so jemand im Supermarkt verenden, hätte ich kein Mitleid. Ich würde das vertrocknete Häuflein dann wohl mit der Schuhspitze sanft unter ein Lebensmittelregal schieben (es dürfte ja ziemlich leichtgewichtig sein) und ihm zum Abschied leise zuflüstern: "Besser, dass du Platz für fittere Lebensformen gemacht hast. Du hattest ja deine Chance."

Im zweiten Teil wird es dann (auch) um Dioxin-Eier gehen.

Donnerstag, 6. Januar 2011

Was mir von der DDR blieb

Ja, ich habe ein paar Jahre in einer Diktatur gelebt. Sechzehn, um genau zu sein. Ich musste dafür nicht in ein anderes Land auswandern (das wäre auch unmöglich gewesen), sondern bin da geboren. In der kleinen, aber laut Aussagen unserer weisen Führung zehntstärksten Weltwirtschaftsmacht - der DDR.

Was mir davon blieb? Naja, erstmal Kindheits- und Jugenderinnerungen natürlich. Erstes Fahrrad, erster Kassettenrekorder (ein völlig abgenudeltes Gerät, welches mir ein West-Onkel schenkte), das erste Moped vom Jugendweihegeld ... na und natürlich der erste Kuss und auch weiterführende Kontakte zu hübschen Mit-DDR-lerinnen.
Ansonsten bleibt mir selbstverständlich dieser interessante Aspekt meiner Vita, der mich von Millionen anderer Bundesbürger unterscheidet und ein nicht unbedingt alltagstaugliches (eher ziemlich mangelhaftes) Englisch. Dafür kann ich aber kyrillisch lesen, Ätsch!

Eine Sache aber verfolgte mich, bis ich gestern endlich auch mit diesem leidigen Thema abschließen konnte. Vor ca 23 Jahren erlebte ich nämlich einen massiven Bruch in meiner bis dato doch recht guten Schülerkarriere und es bedurfte ausgerechnet eines west-sozialisierten Bloggers, der mir ganz nebenbei mal zeigte, was ich damals falsch gemacht habe.

Man hatte mir das "Abzeichen für gutes Wissen" in Silber verwehrt! Das war an sich schon demütigend, weil ich solche Firlefanz-Auszeichnungen normalerweise nebenbei mitnahm, aber es war auch meine erste richtig böse Erfahrung mit dem sozialistischen Erziehungssystem. Mein Klassenlehrer war stocksauer und meine Russischlehrerin (nebenbei wohl auch Parteisekretärin der Schule und später als IM enttarnt) fiel vor versammelter Mannschaft über mich her. Nicht dass sie mir gesagt hätte, dass ich leider versagt habe, während Müller, Meier, Schulze bestanden hätten ... nein, ich durfte mich hinstellen und wurde angeschnauzt, wie ich mich erdreisten könne, was mir einfiele, was ich mir dabei gedacht habe und welch bodenlose Frechheit ich doch da an den Tag gelegt hätte. - Das war schon hart für einen Vierzehnjährigen.

Was war geschehen? An die Anforderungen für das bronzene Abzeichen erinnere ich mich nicht mehr, aber für das silberne musste man einen Aufsatz schreiben. Dafür waren irgendwann mal etwa 5-6 Fragen im Schul-Schaukasten ausgehängt, von denen man sich eine zur Beantwortung aussuchen konnte.
Alle Fragen hatten irgendwas mit Marxismus/Leninismus zu tun und waren, wie wir das allgemein nannten "rote Knete". Nur eine Frage interessierte mich. Diese lautete sinngemäß etwa so: Warum gibt es auch im Sozialismus noch Neid, Missgunst, Vorteilsnahme und dergleichen? Heute würde man wahrscheinlich fragen, warum es immer noch keine soziale Gerechtigkeit gäbe.

Ja hossa, da fiel mir doch was ein! Kein Problem, ich setzte mich also zu Hause hin und beschrieb zwei bis drei Seiten Karo-Papier. Der Aufsatz liegt mir grad nicht vor, aber ich bin mir sicher, dass mein Vater ihn irgendwo archiviert hat weil er so richtig stolz auf seinen Filius war, als dieser ihm sein Ergebnis vorlegte. Ich schrieb mir darin alles vom Leibe was ich so von den Erwachsenen mitbekommen hatte. Dass SED-Kader überall bevorzugt würden, dass Funktionäre Privilegien genossen die die anderen natürlich neidisch machten, dass "Beziehungen" hierzulande wichtiger wären als Leistung usw.

Im Nachhinein kann ich mir vorstellen, welche Bombe ich da abgegeben hatte, aber damals war ich mir keiner Schuld bewusst. Ich wollte doch nur aufzeigen was damals schief lief in unserem Land!
Jetzt erst, 23 Jahre später, hat mir der hochgeschätzte Bloggerkollege Zettel die korrekte Antwort auf diese Wissensfrage geliefert. Vielmehr kennt er die Ergüsse des DDR-Urvaters Marx besser, als der vierzehnjährige Calimero nach acht Jahren Indoktrination durch das sozialistische Schulwesen der DDR:
Womit wir es [bei der "genossenschaftlichen, auf Gemeingut an den Produktionsmitteln gegründeten Gesellschaft", also im Sozialismus; Zettel] hier zu tun haben, ist eine kommunistische Gesellschaft, nicht wie sie sich auf ihrer eignen Grundlage entwickelt hat, sondern umgekehrt, wie sie eben aus der kapitalistischen Gesellschaft hervorgeht, also in jeder Beziehung, ökonomisch, sittlich, geistig, noch behaftet ist mit den Muttermalen der alten Gesellschaft, aus deren Schoß sie herkommt. Demgemäß erhält der einzelne Produzent - nach den Abzügen - exakt zurück, was er ihr gibt. (...)

Bei gleicher Arbeitsleistung und daher gleichem Anteil an dem gesellschaftlichen Konsumtionsfonds erhält also der eine faktisch mehr als der andre, ist der eine reicher als der andre etc. Um alle diese Mißstände zu vermeiden, müßte das Recht, statt gleich, vielmehr ungleich sein.

Aber diese Mißstände sind unvermeidbar in der ersten Phase der kommunistischen Gesellschaft [also dem Sozialismus in der Terminologie des DIAMAT; Zettel], wie sie eben aus der kapitalistischen Gesellschaft nach langen Geburtswehen hervorgegangen ist. Das Recht kann nie höher sein als die ökonomische Gestaltung und dadurch bedingte Kulturentwicklung der Gesellschaft.

In einer höheren Phase [dem, was im DIAMAT "Kommunismus" genannt wird; Zettel] der kommunistischen Gesellschaft, nachdem die knechtende Unterordnung der Individuen unter die Teilung der Arbeit, damit auch der Gegensatz geistiger und körperlicher Arbeit verschwunden ist; nachdem die Arbeit nicht nur Mittel zum Leben, sondern selbst das erste Lebensbedürfnis geworden; nachdem mit der allseitigen Entwicklung der Individuen auch ihre Produktivkräfte gewachsen und alle Springquellen des genossenschaftlichen Reichtums voller fließen - erst dann kann der enge bürgerliche Rechtshorizont ganz überschritten werden und die Gesellschaft auf ihre Fahne schreiben: Jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seinen Bedürfnissen!
Tja, nun weiß ichs. Ein bissl zu spät zwar, aber für das nächste Experiment zur Einführung des Kommunismus bin ich jetzt besser gerüstet. Nur noch schnell als Hardcopy speichern, denn freien Internetzugriff dürfte es im nächsten Sozialismusversuch wohl kaum noch geben.