Dienstag, 21. Juni 2011

Ich hatte es geahnt...

Irgendwann musste es ja kommen. Meine beiden aktuellen "Lieblingsthemen" mussten einfach früher oder später  zueinander finden. Spiegel online fasst es heute so zusammen:
Öko-Vorstoß des deutschen Finanzministers: Nach Ansicht von Wolfgang Schäuble könnten die Griechen ihre Wirtschaft wieder flott bekommen, wenn sie große Mengen Solarstrom in die Bundesrepublik exportieren würden.
Wirklich, ich hatte es geahnt, denn an was denkt man denn so zuerst, wenn man spontan etwas mit Griechenland, Spanien, oder Portugal assoziieren soll? Richtig, - Sonne.
Und bei welchem Thema schaukeln sich derzeit unsere Regierenden und ihre Titularopponenten gegenseitig so richtig  hoch? Richtig, beim Aufbau von Energie-Utopia.


Dieser obige Vorschlag, oder vielmehr Schäubles "Ansicht" ist so doof, dass es schmerzt. Nicht, dass ich davon ausginge, dass der Murks wirklich echt geprüft werden würde, aber allein die Tatsache dass sowas einfach mal locker, flockig aus der Hüfte geschossen wird, zeigt doch, dass die Regenten komplett die Bodenhaftung verloren haben, und nur noch in eingeübten Stanzen denken.


Man muss sich die Geschichten dieser "politischen Handlungsfelder" einmal in Häppchen vor Augen führen.
Da haben wir erstmal ein weltweites Papiergeld-Schneeballsystem aus Geldschöpfung und Staatsschulden. Nicht nur in Europa, sondern auch in USA und anderswo verschulden sich Staaten jedes Jahr mehr, und so langsam kommt die Sache in die kritische Phase. Das heißt, der Berg aus Krediten und Geldmenge ist eigentlich nicht mehr kontrolliert abzubauen. Jede Störung an einem größeren Steinchen dieses riesigen Buchgeldgebildes kann mittlerweile zu einem gewaltigen Lawinenabgang führen. Die Angst davor zwingt nun die Politik dazu, mit immer mehr Geldmörtel an entstehenden Rissen herumzuspachteln, wodurch die bedrohliche Masse nur noch größer wird.

So haben es die Politiker zwar nicht gewollt, aber inkauf genommen. So lange es gut ging konnte man damit prima Politik machen. Sie konnten subventionieren, "steuern", Wahlkampfgeschenke machen und die Wirtschaft stützen und lenken.

Als die finanzielle Situation noch nicht so kritisch war wie derzeit, kamen wiederum Politiker auf die glorreiche Idee, dass man ja diverse europäische Nationalstaaten in eine Union führen und über viele davon auch noch eine gemeinsame Währung stülpen könnte - den Euro.
Das war fein, alles sollte besser werden, harmonischer, friedlicher und einfacher. Die Schwachen sollten sich einfach an die Starken dranhängen, deren Rezepte übernehmen, und am gemeinsamen Binnenmarkt partizipieren. Ganz toll gedacht, leider völlig vermurkst. Schuld am heutigen Desaster haben wiederum (und wer auch sonst) die strategisch so toll planenden Politiker.


Die einen wähnten sich als unfehlbare historische Staatsgrößen, die anderen nahmen sich einfach zuviel von dem, was so billig angeboten wurde. Tja, jetzt sind drei Staaten faktisch pleite, und einige stehen kurz davor. (Wer mag, kann sich ja auch mal diese Zahlen angucken, um zu sehen wie es dem angeblich starken Deutschland geht)

Was nun aber tun mit Griechenland? Dem siechsten Patienten im europäischen Krankenzimmer? Gerettet wird seit über einem Jahr, und das Ergebnis ist niederschmetternd. Milliarden wurden versenkt und als Sicherheiten versprochen. Die EZB und diverse staatliche Kreditinstitute haben sich bis zum Erbrechen mit griechischen Staatsanleihen vollgesaugt, so dass ein Schuldenschnitt diese auch in den Orkus spülen würde.

Von selbst kommen die Griechen da nicht mehr raus. Die einen (die Schwachen) können nicht mehr, die anderen (die Starken) wollen nicht mehr sparen. Warum auch? Sie wissen, dass die EU-Politiker GR nicht einfach fallen lassen können, ohne selbst umgerissen zu werden. Ein hässliches Spiel für alle Beteiligten.

Um so etwas in Zukunft ausschließen können, geht die Politik nun eurorettungsmäßig sogar irgendwie total aufs Ganze, und will einfach alles reinkippen, in dieses Fass ohne Boden. Ganz toll:
Die Finanzminister der Euro-Zone haben am Montag einen dauerhaften Rettungsschirm für Pleitestaaten (ESM) in Höhe von 750 Milliarden Euro beschlossen, der ab 2013 gelten soll. (...)Die Gemeinschaft haftet für die Fehler und die Schuldenberge eines Mitgliedslandes. Entscheidend ist dabei: Der europäische Dauerrettungstopf für Schuldensünder ist in Wahrheit ein unlimitierter Transfermechanismus – wenn er funktionieren soll, muss immerzu Geld nachgeschossen werden, sobald es nötig wird. Die „Interventionsspirale“ (Ludwig von Mises) dreht sich damit endlos weiter.
Aber Griechenland? Das nur noch künstlich am Leben erhaltene Hellas? Da hat Schäuble erstmal was anderes in petto. Frei nach Marie Antoinette meint er, wenn sie kein Brot hätten, sollen sie doch Kuchen essen.
Es ist doch so einfach. GR hat kein Geld, aber Sonne. Deutschland hätte gern etwas für sein Geld wieder, ist aber nicht unbedingt spitz auf griechische Exportartikel oder irgendwelches griechisches Staatsvermögen.


Also soll GR irgendetwas herstellen was wir angeblich dringend brachen (also was die Politiker denken, das wir brauchen), und sich damit schuldenfrei machen. Für deutsche Politiker logisch - irgendwas mit Sonne. Davon haben sie ja genug, die Griechen.


E-Mobile made in Greece? Lol! Biodiesel aus EU-subventioniertem Olivenöl? Das ist sogar Schäuble zu abwegig. Aber Solarstrom? Na klar. Das klappt hier ja auch total super. Der Oberstudienrat aus Freiburg beliefert mit seinem PV-Dach ja auch den Ökostrom-Abnehmer aus Berlin. Eine Seite rin in die Leitung, andere Seite raus aus der Dose. Ganz einfach in Politikerlogik.


Jetzt stellen sich nur einige Fragen: Bei uns muss PV hoch subventioniert werden, und ein funktionierendes Backup-Netz haben. Aber wir haben ja auch wenig Sonnenstunden.
Die Griechen haben nun derer eindeutig mehr, aber warum sind die noch nicht selbst auf die Idee gekommen? Da könnten sie doch enorm an Kohle, Öl und Gas sparen? 


Vielleicht, weil sie sich solche Utopia-Sperenzchen nicht leisten können und wollen, Herr Schäuble? Aber wir können das, ja?
Okay, also wer soll diese Solarkraftwerke denn bauen, und mit welchem Geld? Wer zieht die Leitungen nach Deutschland, oder wie soll die Tagsüber-Dosis Griechenstrom hier her kommen? Müssen zwingend deutsche Solarmodule verbaut werden, oder dürfen die dann auch preiswertere aus China importieren? Wird das "Geschäft" mit Hermes-Bürgschaften in Fantastilliardenhöhe abgesichert? Gehen Freileitungen, oder müssen es Erdkabel sein?
Last, but not least: Sollen DIE HIER uns dann mit dem tollen Solarstrom beschicken???
Sie können den Griechen das Licht abdrehen - und tun es auch: die Angestellten des halbstaatlichen Stromversorgers, dessen Namenskürzel jeder in Hellas kennt -DEI. Die Bürger sollten zwischen 12 und 15 Uhr in Athen lieber keine Aufzüge benutzen, auf den Inseln Kreta und Rhodos müssten sie sich auch am Abend auf Stromausfall einstellen, und Kranke, die auf Elektrogeräte angewiesen seien, sollten lieber gleich eine Klinik aufsuchen. So lauten die aktuellen Anweisungen der DEI-Gewerkschafter, die in der Vergangenheit immer wieder bewiesen haben, dass sie ihre Blackout-Drohungen auch wahr machen.
Also manchmal habe ich das Gefühl, dass die Weltpolitiker und Superökonomen in der Berliner Regierungszentrale nur noch mit Legosteinchen im Strategie-Sandkasten rumspielen. Viele Steinchen scheinen sie dabei auch nicht zu mehr zu haben. Verbaut werden kann nur noch, was sich so ein konditioniertes Politikerhirn vorstellen kann. Milliarden nicht vorhandenen Geldes "rettend" in Euro-Phantasien reinstecken wollen, oder in komplett bescheuerten Energie-Utopien schwelgen ... oder halt, der Einfachheit halber, gleich beides zusammen.


Womit haben wir euch Pappnasen nur verdient?

2 Kommentare:

  1. Exzellenter Artikel — chapeau!

    Womit haben wir euch Pappnasen nur verdient?

    Nun, das ist die Grundfrage jeder Demokratie. Statistisch gesehen haben »wir« (ich bin zwar Österreicher, und unsere Pappnasen sehen zwar anders aus, sind aber in ihrer Pappnasigkeit 100% identisch!) natürlich das verdient, was »wir« gewählt haben. Das ist für den, der die Pappnasen nicht gewählt hat, natürlich recht unbefriedigend, aber eben »demokratisch«.

    Man könnte hierin quasi die Theodizee-Problematik der Demokratie erblicken. D.h. unlösbar, fürchte ich ...

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  2. Mir fällt dazu der Spruch "Warum nicht das Unnütze mit dem Unangenehmen kombinieren?" ein.

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