Freitag, 6. Mai 2011

Keine Freude über toten Schurken?

Am Tag meiner Abreise nach Rom ging es früh um sechs Uhr los. Weg von Deutschland, raus aus dem täglichen Nachrichtenirrsinn. Es war der 2.Mai.
Abends dann konnte ich mich dann aber doch nicht mehr beherrschen, und verschaffte mir 'nen Internetzugang. Erste Nachricht - via Zettels Raum - Bin Laden wurde in einer Kommandoaktion gekillt! Yeah! "Schatz, mein Schatz - die Hex' ist tot!"

Aha, man hat ihn abgeknallt und in der See versenkt. Nuja, Raum für die üblichen Spekulationen und Verschwörungstheorien war also gegeben. Aber ehrlich, mittlerweile glaube ich nur noch die simpelste Hergangsvariante. Also 10 Jahre auf Eis gelegter Bin Laden für einen passenden Zeitpunkt? Ähm, wohl weniger. Aber warum dann die Fischfuttervariante?
Passend zu meinem Rom-Aufenthalt las ich gerade "Titan" von Robert Harris (wie auch schon "Imperium" ein sehr gut geschriebener Schmöker über das Tun Ciceros während Caesars Aufstieg), und da lag der Vergleich doch nahe, was wohl das Römische Imperium, im Gegensatz zum amerikanischen, mit seinem Staatsfeind Nummer Eins getan hätte.

Nach Niederschlagung des Spartacus-Aufstandes und dem Tod ihres Anführers säumten seine gekreuzigten Anhänger die Via Appia. Okay, Crassus' Methode ist auch für mich zu rabiat, aber ein Imperium musste wohl seinen Sieg auch symbolhaft zeigen.
Catilina später wurde im Feld geschlagen und sein Kopf auf Eis nach Rom gebracht, nachdem vorher schon seine Mitverschwörer im römischen Carcer erdrosselt worden waren. Zeigt dem Volk die Leichen, zeigt dass der Feind niedergerungen ist, zeigt, wie es den Feinden Roms ergeht.

So muss es wohl sein, wenn man seine Stärke beweisen will. Verständlich ist es. Verständlich war auch die Filmaufnahme der perforierten Söhne Saddam Husseins und die Dokumentation seiner späteren eigenen Hinrichtung. Nun aber die angeblich irgendwie korankonforme Seebestattung des Oberterroristen. Hm, finde ich ja nicht so gelungen, aber Obama ist ja auch nur der Imperator der Teleprompter. Was solls.

Nun bin ich aber am 6.Mai um zwei Uhr früh wieder in der Heimat, und die ersten Radionachrichten die ich höre lauten "keine Freude über Bin Ladens Tod", wie wohl der Deutschland-Trend herausgefunden haben soll. Uargs!
"Hätte Osama bin Laden erschossen werden dürfen? Der Tod des Al-Qaida-Chefs hat zahlreiche Fragen aufgeworfen. Für die Mehrheit der Deutschen aber steht fest: Die USA hätten zumindest versuchen sollen, den meistgesuchten Terroristen der Welt festzunehmen - völlig im Gegensatz also zu den Amerikanern."
Die "Mehrheit" stellen dabei wenigstens nur 52 Prozent der Befragten. Trotzdem viel zu viele. Ist das eigentlich noch ein rational denkender Bevölkerungsanteil? Anders gefragt: haben diese 52 Prozent völlig den Verstand verloren?

Ob diese "Gotteskrieger" nun Bin Laden, Al Zawahiri oder sonstwie heißen - das sind keine bärtigen Robin Hoods, die in Höhlen wohnen und "den Amis" ab und zu eins auswischen wollen. Das sind Feinde nicht nur Amerikas oder Israels - das sind unsere Feinde! Feinde unserer Art zu leben, Feinde unserer Freiheit. Es sind Mörder. Massenmörder, denen es scheißegal ist, ob ihr, eure Freunde und Verwandten, eure Eltern und Kinder bei ihrem Feldzug draufgehen. Sie schrecken auch nicht davor zurück ihre eigenen "Glaubensbrüder und -schwestern" für ihren Wahn über die Klinge springen zu lassen. Wieviele Gefolterte, Tote und Verstümmelte gehen auf das Konto dieser Zottelbärte und ihrer verstrahlten Nachahmer?

Solchen Arschlöchern wollt ihr sogar die gnädige Kugel im Kopf nicht gönnen? Vor ein Gericht gestellt sollen sie werden? Die Amerikaner hätten kein Recht sie einfach abzuknallen?

Vielleicht sollten sie ja vor ein UN-Tribunal, oder wenigstens vor den europäischen Menschenrechtsgerichtshof? Habt ihr sie noch alle?
Könnt ihr euch einen Action- oder Abenteuerfilm vorstellen, in dem der Oberschurke nicht irgendeinen unangenehmen "letzten Auftritt" hat? Einen wirklich letztmaligen? Einen Sturz vom Hochhaus, einen Flugzeugabsturz, ein Eintauchen in die Lava eines Vulkankraters? Film aus, Held küsst Heldin, die Welt um einen Schurken ärmer. Wenigstens für diesen Moment hat das Gute mit einem Knall gesiegt.

Aber ihr 52 Prozent Knallköpfe wollt lieber eine ordentliche Gerichtsverhandlung. Ihr wollt Beweise haben, die ihr dann anzweifeln könnt. Ihr wollt Star-Verteidiger sehen, die dem sanft dreinblickenden Wüstensohn eine schwere Kindheit attestieren, weil er aus einer kinderreichen Familie stammt und sein Vater ihn nie richtig geliebt hat. Ihr wollt, dass das Imperium sich selbst vorführt und beweist, dass es gar nicht so mächtig ist.

Toll. Ihr wollt also auch, dass die Anhänger des Tonbandterroristen ihn freipressen wollen. Terror hier, Terror da. Ein paar Tote in den USA, in Frankreich, Großbritannien ... vielleicht auch hier in Deutschland? Damit ihr dann barmen könnt, dass wir ja selbst schuld sind weil wir ihren Anführer in Ketten halten?

Meine Herren, ist das noch 68-er versifftes Guti-Denken, welches alles schlecht findet was "von uns ausgeht"? Oder habt ihr euch gedanklich schon so weit selbst abgeschafft, dass ihr gar keinen eigenen funktionierenden Recht-Unrecht-Kompass mehr habt? Wie sonst ist erklärbar, dass ihr auch diese finale Entscheidung lieber wieder in die Hände eines Entscheidungsfindungsgremiums (ein Gericht ist nichts anderes) geben wollt?

Sorry, die Kugel war gut und richtig platziert. Sie wurde nur leider zehn Jahre zu spät abgefeuert.

7 Kommentare:

  1. Dankeschön! Wurde aber auch Zeit....

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  2. @Calimero:

    Ist das eigentlich noch ein rational denkender Bevölkerungsanteil?

    Ich weiß nicht, welche Beweggründe diese 52% haben. Aber ich denke, durchaus ein rational denkender Mensch zu sein (Wirtschaftsjuristen haben irgendwie einen Hang dazu, habe ich mir sagen lassen). Und ich sehe das ebenso.

    Oder vielmehr: ganz anders. Denn ich glaube keineswegs, daß diese Aktion Osama bin Laden ins Jenseits beförderte. Wenn es den überhaupt je gegeben hat. Es war eine Hollywood-Story, die Obama dringend benötigte, um ohne Gesichtsverlust aus Afghanistan abziehen zu können, bevor Amerika dran pleitegeht. Und mit der Geschichte kann er den Kongreß erpressen, ihm die Erhöhung der Staatsverschuldung zu erlauben — oder was könnte der US-Kongreß bei der Primitivität der amerikanischen Seelenstruktur schon einem »siegreichen Helden« abschlagen?!

    Also davon abgesehen, daß ich nicht glaube, daß Osama wirklich getötet wurde (wenigstens nicht der, den uns die Medien seit über 10 Jahren vorspiegeln!), selbst wenn es so wäre: es wäre eine jeder Rechtsstaatlichkeit und jeder Vernunft hohnsprechendes Vorgehen.

    Nicht, daß ich die Amis nicht für fähig hielte, sich einen Dreck an Grundsätze zivilisierten Rechtslebens zu halten (sie haben kühllächelnd auch auf Nagasaki die zweite Atombombe geworfen, obwohl ihnen Hiroshima gezeigt hatte, was das heißt!) — die US-Regierung ist zweifellos eine Gruppe von Staatsterroristen, die einfach eine gute PR-Abteilung haben, die sich die Medien kaufen, wenn PR nicht reicht — und die ihre Kritiker mund- bzw. überhaupt tot machen, wenn's noch immer nicht reicht. Das funktionierte bis dato ganz erfolgreich — aber warten wir ab ...

    Aber auch gewissenlose, barbarische Staatsterroristen sollten wenigstens nicht dämlich sein! Und daher bedenken, daß es sowas wie Pyrrhussiege gibt. Oder wie der alte Römer sagt: »Quidquid agis, prudenter agas et respice finem«.

    Amis können für gewöhnlich kein Latein. Und deshalb werden sie auch mit ihrem Latein früher am Ende sein, als sie es sich jetzt, besoffen vor Siegsfreude, vorstellen können.

    Und, nein: ich werde es nicht wirklich bedauern. Oder höchstens insoweit, als ich (wiewohl an der Blödheit der US-Administrationen denkbar unschuldig) dadurch zum Handkuß komme ...


    P.S.: bin ich jetzt auf einmal ein »Gutmensch«? Calimero, bitte klären Sie mich auf ...

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  3. Im Gegensatz zu Anderen, die ihren Verstand nur einsetzen um davon abzulenken, daß man ihn auch benutzen könnte, freue ich mich über diesen Erfolg. Hat zwar eine Weile gedauert, wird sich aber lohnen!

    Weiter so!

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  4. Lieber Le Penseur,

    ich habe ihre Argumentation auf ihrem Blog gelesen und kann auch diese Sicht nachvollziehen. Mein Artikel entstand jedoch noch davor, nachdem ich nur bruchstückhaft die Geschehnisse mitbekommen hatte und gerade wieder in Deutschland diese o.g. Umfrage präsentiert bekam.

    Da dachte ich nur, oh Mann, sollen sie sich doch freuen, dass das Gespenst endlich von der Bildfläche ist. Stattdessen kam das Gejammer, dass das alles nicht rechtens sein kann.

    Diese Bin Laden Story kommt mir auch reichlich hanebüchen vor, ja. Aber ich war einfach nur froh, dass dieser Kistenkasper aus der Werbung ist. Punkt.
    Bei dieser Gericht- und Rechtsstaatlichkeitsdiskussion musste ich an so Sachen denken wie Guantanamo, Saddam Hussein, Milosevic, Karadjic etc. Ich will einfach keine so erbärmlichen Gerechtigkeitsshows unter Anteilnahme unserer "kritischen" Medienöffentlichkeit sehen, wenn es um ein Terror-Pinup geht. Das könnte nur grauslig werden, wenn es z.B. um Stichhaltigkeit von Beweisen ginge, um Haftbedingungen, um den ganzen "mitfühlenden" Westlerzirkus.

    Nicht zuletzt bin ich ein entschiedener Gegner der Todesstrafe, daher ist mir der Plot "Klappe zu, Affe tot" einfach lieber.

    Auch wenn ich vielleicht ein wenig mit zu grober Kelle ausgeholt habe, sehen sie es mir bitte nach. Sie sind garantiert nicht gemeint, wenn ich mich über knallköpfige Gutis aufrege.

    Nehmen wir es einfach als einen Fall, in dem wir mal nicht einer Meinung sind. Das kommt ja eher selten vor, also können wir das bestimmt aushalten.

    Mit besten Grüßen, Calimero

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  5. Unser islamischer Kai aus der Kiste ist jetzt abschließend wieder in ihr drin und noch dazu auf dem Meeresboden oder im Wanst eines fukushimavertrahlten Meeresbewohners. Mal sehen, welcher arme Wüstensohn ihn beerben wird. Auf jeden Fall wieder ein Zottelbart mit Häkelkäppi. Vielleicht geht Pierre Vogel ja jetzt in den Untergrund.

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  6. @Calimero:

    Ach Gott, ich habe es eigentlich immer ausgehalten, wenn Leute anderer Meinung sind als ich. Solang die mir die meine lassen, lasse ich ihnen die ihre, ist meine Devise. Ich muß sie ja nicht teilen ...

    P.S.: ich finde, daß Manfred einen hervorragenden Artikel dazu geliefert hat.

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  7. Lieber Calimero,

    ganz egal wie es die Amis angepackt hätten, wäre es falsch gewesen. Nicht auszumalen wie groß das Geschrei bei Festnahme und Prozess und Todesurteil gewesen wäre.

    Allerdings hätte ich es für besser gehalten, eine ferngelenkte 747 mit den Restinsassen von Guantanamo zufällig ins Anwesen krachen zu lassen. Back to Sender.

    Der Mossad hätte es auch schlauer angestellt und wäre unschuldig pfeifend von dannen gezogen und hätte die Bestattungsangelegenheiten dem örtlichen funeral master anstatt der Süddeutschen Zeitung überlassen.

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