Dienstag, 25. Oktober 2011

Randnotiz: Energiestein der Weisen gefunden?

Brandenburg goes Zukunft! Windenergie wird grundlastfähig! Erstes, weltweit einzigartiges Hybridkraftwerk ging heute in Betrieb!

Wow! Da hat wohl endlich einer den Stein der Weisen gefunden. Die mir das den ganzen Tag verkündigenden Radiomenschen hatten direkt ein erfürchtiges Vibrato in der Stimme, aber was ist daran nun eigentlich neu und substantiell?

Ich hatte vor Kurzem das Vergnügen dem Chef Public Affairs der Betreiberfirma in einer kuschligen Diskussionsrunde auf den Zahn fühlen zu können, als er uns die Vision der grundlastfähigen Windkraft näher erläutern sollte. Wir, das waren eine Handvoll Leute aus der Energieversorgungsbranche und ein paar Vertreter stromintensiver Industrien, die in den Genuss einer Projektvorstellung des Hybridkraftwerks kamen, wie sie sonst wahrscheinlich Medienvertretern, Politikern und potentiellen Investoren zuteil wird.

Wir sollten überzeugt werden und waren auch durchaus gespannt.

Es ist ja so: Windenergie heute ist teure, parasitäre Zufallsstromerzeugung. Freude daran haben nur die Betreiber, sowie Politiker und Ökogläubige. Das Problem liegt in der Tatsache, dass Strom derzeit halt nicht in den nötigen Größenordnungen gespeichert werden kann. Dies wiederum ruft immer wieder Visionäre auf den Plan, die entweder hunderte Pumpspeicherkraftwerke in Deutschland neu errichten, oder halb Norwegen dafür überfluten wollen.
Und da kommt jetzt plötzlich die Firma Enertrag daher und offeriert uns eine smarte Lösung für das Problem? Eine, auf die anscheinend noch niemand gekommen ist, denn sonst wäre das Problem ja keines?

Der gute Mann von Enertrag (bestimmt ganz zufällig der ehemalige Wahlkampfmanager des Brandenburgischen Ministerpräsidenten Platzeck) ließ die Katze auch gleich aus dem Sack. Man setzt auf Wasserstoff!

Öhm ... ja, also die Elektrolyse ist ja nun schon ein zweihundert Jahre alter Hut, und bisher war Stand der Technik, dass das Verfahren der Wasserstoffgewinnung und -speicherung mit nachfolgender Verstromung sich selbst mit Windstrom nicht rechnen würde. (Großtechnisch wird H2 derzeit aus Erdgas (Methan) gewonnen, weil sich Elektrolyse selbst mit billigem Laufwasserstrom nicht rentiert.)

Ja, aaaber ... man hätte jetzt das Wasserstoff-Speicherproblem gelöst! Aha? Also keine energieaufwändige Gasverflüssigung mehr? Nein, man könne ja die schon vorhandenen Erdgasleitungen nutzen und dort den Wasserstoff einspeisen. Bis zu 5 Prozent Zumischung wären überhaupt kein Problem, und auch noch mehr wäre locker drin.

Okay, das klingt ja dann schonmal nach wieder nach der bekannten Biosprit-Zumischung, und nicht mehr nach grundlastfähigem Windstrom. Wenn ich meinen Kram nicht an freiwillig zahlende Kunden loswerde, speise ich ihn einfach in eine schon vorhandene Infrastruktur ein, und lasse mir das zwangsbezahlen. So ähnlich wie bei einem unzuverlässigen Wasserversorger, der seine ab und zu anfallenden Überkapazitäten in vorbeifahrenden Milchlastern verklappen möchte, weil er dir ja leider nicht die Bude überfluten darf. Hauptsache es wird bezahlt.

Dazu muss man noch sagen, dass diese Strom-Überkapazitäten ja nur anfallen, wenn dem Hybridkraftwerk der einfachste Weg, die Einspeisung ins Stromnetz, wegen Überlastung verwehrt bleibt. In einem solchen Fall bleibt die WKA nämlich sonst einfach außer Betrieb, und der Betreiber bekommt garantiert die Stromabgabe bezahlt, die er sonst hätte liefern können! So will es das Gesetz, im Irrenhaus Deutschland.

Diese Geschäftsmodell ist ja nun schon ein lohnendes, aber man kann davon ausgehen, dass die Wasserstoffproduktion nur dann angefahren werden würde, wenn der dabei erzielbare Garantiepreis noch höher als der für nicht gelieferten Windstrom ausfällt. Klingt nach einer verdammt teuren Zwangs-Gaseinspeisung.

Aber das ist ja nicht das einzige Standbein, welches man sich so vorstellt. Man setzt auch voll auf die nun endlich einsetzende Wasserstoffwirtschaft für Kraftfahrzeuge!
Gut, da forschen die Autokonzerne und die Mineralölwirtschaft nun auch schon seit etlichen Jahren dran rum, und haben bisher nur ein paar Prototypen und Stadtbusse auf die Straße gestellt. Da soll das Hybridkraftwerk jetzt also den Durchbruch ermöglichen?

Wir erinnern uns nochmal an die teure Herstellung per Wasserelektrolyse und an den Mindest-Garantiepreis ab dem es sich lohnt den ganzen Kram überhaupt in Betrieb zu nehmen. Wenn ich es noch recht in Erinnerung habe, dann wurde das Kilogramm Wasserstoff mit 11 Euro taxiert, denn hier kommt ja die teure Gasspeicherung, der man mit der Zwangsbeimischung ins Erdgasnetz aus dem Wege gehen wollte, wieder voll zum tragen. Das lohnt sich für den Privat-Kfz-Halter nun nicht wirklich, weshalb man ja hier den Fuhrpark des neuen Hauptstadtflughafens als Abnehmer im Visier hat. Als Monopolist kann der sich das leisten ... fürs grüne Gewissen und das Wohlwollen der politischen Klasse.

Aber was ist denn nun mit der großartig angekündigten Grundlastfähigkeit des Windstroms? Ich fragte direkt, ob man in Zukunft beim Hybridkraftwerk, wie bei einem herkömmlichen Stromversorger, eine definierte Leistung zu einem bestimmten Zeitpunkt abrufen könne. Eben wie bei einem Grundlastkraftwerk.

Augenaufschlag, Kopf wiegen ... naja, so - nein, leider nicht.

Also nicht einmal mit dem dritten Wasserstoffstandbein, der hypothetischen Beimischung ins Biogas eines zum Hybridkraftwerk gehörenden Blockheizkraftwerkes wäre eine wirkliche Grundlast zu gewährleisten. Alles nur eine Zusammenlegung von altbekannten, und zu Recht als unwirtschaftlich verworfenen Techniken. Die ebenfalls als möglich erwähnte zukünftige Gewinnung von Methan aus Wasserstoff, lasse ich mal lieber unkommentiert. Man lese nur ein paar Zeilen weiter oben, woraus Wasserstoff derzeit industriell gewonnen wird.

Die vollmundige Vorstellung wurde so zum absoluten Rohrkrepierer. Ein paar Leute mit Ahnung von der Materie konnten dem aufgeblasenen, grünen Wasserstoffballon mittels weniger Fragen sehr schnell die Luft rauslassen. Da war nix mehr, außer einer letzten Erklärung.

Na ja, man solle das doch nicht so kritisch vom heutigen Standpunkt aus bewerten. Natürlich ist das alles nicht eigentlich wirtschaftlich, aber man geht davon aus, dass die Energiepreise in Zukunft noch sehr stark ansteigen werden, und dann hätte man schon die erprobte Technik hier in Deutschland.

Zusammengefasst: Wir brauchen Förderungen (das Land Brandenburg seines ehemaligen Arbeitgebers Matthias Platzeck hat ja schon die Anlage bezuschusst), wir brauchen garantierte Abnahme zu unseren Preisen, wir brauchen fremde, schon bestehende Infrastruktur ... etc.
Und ansonsten hoffen wir einfach auf steigende Energiepreise, dann können wir auch profitabel arbeiten.

Also nix Neues unter der Sonne der "Erneuerbaren Energien". Auch keine grundlastfähige Windstromeinspeisung. Nur noch ein weiterer Subventionsjäger mit schönen neuen Prospekten.

Für Politik und Medien reicht das anscheinend. Mir nicht.


P.S. Wenn man sich den oben verlinkten Text des ZDF so ansieht - kann es sein, dass man bei den Öffi-Funkern auf dem Weg zur Einführung der "Einfachen Sprache" im Internet ist?

Samstag, 22. Oktober 2011

Wer hier keine Wohnung hat, bezieht auch keine mehr

Bei der Bustour einer Immobilienplattform zu Wohnungen in acht Berliner Stadtteilen ist es vereinzelt zu Protesten gekommen. Die linksautonome Szene fühlte sich davon provoziert.
So die Berliner Morgenpost. Und was passiert, wenn sich die linke Szene Berlins provoziert fühlt? Wenn die Guten, die Hätschelkinder der Politik und ihrer auch zu großen Teilen bürgerlichen Eltern sich gestört fühlen?
Wegen der Proteste mussten die Besichtigungen von Wohnungen in der Schlesischen Straße in Kreuzberg abgebrochen werden.
Tja, da muss man sich dem Mob wohl beugen. Angekündigt waren ja Aktionen, man rechnete mit Störenfrieden. Mit solchen, die zum Beispiel "blank ziehen" (d.h. nackt in zu besichtigenden Wohnungen tanzen - haha, lustig), was anscheinend schon zur Normalität in der Hauptstadt gehört.
Nun gab es aber beschmierte Wände und ein bissl Diebstahl nebenbei. Wollte man damit den Veranstalter davon abhalten, derlei Events auch weiterhin anzubieten? Wollte man den Vermietern zeigen, dass die Szene es nicht wünscht, dass Wohnungen (leerstehende wohlgemerkt!) zahlenden Mietern offeriert werden? Oder wollte man den Interessenten damit zu verstehen geben, dass sie unerwünscht sind?

Im verlinkten Video bringt es eine "Aktivistin" auf den Punkt: "Man darf es nicht hinnehmen, dass mit der Tatsache, dass Menschen ein Dach über dem Kopf haben wollen Geschäfte gemacht werden".
Au weia, das sitzt. Da sind also Geschäftemacher am Werke. "Skrupellose" womöglich! Na, da muss doch was getan werden! Zivilcourage ist da gefragt! Es wird doch immer gefordert, dass gegen Geschäftemacher vorgegangen werden muss.
Und wer, wenn nicht couragierte Linke, tut denn schon wirklich was gegen diese ... diese Immobilienhaie vielleicht? Passt das Wort? Bestimmt doch.

Man muss sich diesen Fall mal reinziehen. Da suchen tausende Menschen täglich neue Wohnungen, und tausende Wohnungen suchen neue Mieter. Ich habe das ganze gerade selbst durch, und weiß wie nervend sowas sein kann. Ein Segen sind dabei die Immobilienplattformen im Internet, die einem wenigstens einen komfortablen Überblick übers Angebot ermöglichen. Trotzdem müssen Termine selbst abgesprochen und Fahrten organisiert werden. Nicht unbedingt einfach für berufstätige Menschen, und bestimmt besonders aufwändig für Leute mit eingeschränkter Automobilität.

Und da hat jetzt einer dieser Plattformanbieter eine, wie ich finde, tolle Idee, und fasst den ganzen Kram einfach mal als "Lange Nacht der Wohnungsbesichtigungen" zusammen, und organisiert einen Kreuz- und Quer-Shuttleservice um Mieter und Wohnungen zusammenzubringen. Die unterschwellige Kritik meines Radiosenders dazu lautete "Aktion eines gewerblichen Anbieters". Ja, es hat nicht der Staat getan. Teufel aber auch!

Wie dem auch sei. Linke Gruppen fühlten sich provoziert - warum auch immer - und sie handelten dann entsprechend ihrer Agenda. Sie kennen es ja so. Diese Art des "die Dinge selbst in die Hand nehmens" gehört ja schon seit Jahren zur nicht ernsthaft hinterfragten Folklore der Bundesrepublik.

Irgendwelche Heinis fühlen sich provoziert oder betroffen, sie sind besorgt, oder nicht einverstanden mit dem Handeln völlig fremder Menschen und ziehen daraus den Schluss, dass sie zum Eingreifen ermächtigt sind.

Bauer Lindemann bringt unerwünschtes Saatgut in seine Scholle? "Befreien" wir das Feld, d.h. zerstören wir, was uns nicht gefällt. Denn wir sind besorgt um die Reinheit der Pflanzen und die Volksgesundheit.
Es steht ein Mercedes in der Seitenstraße? Zünden wir ihn an, denn wir sind besorgt ums Klima und wollen kein Blut für Öl.
Irgendwer betreibt eine industrielle Anlage? Prangern wir das an, organisieren wir die Besetzung des Werktors. Wer mutig ist kann sich Zutritt zum Gelände verschaffen und Transparente anbringen. Wir haben ja Angst um die Umwelt.
Castortransporte rollen? Zerstören wir die Schienen, blockieren wir, treiben wir den Aufwand hoch. Denn wir haben Angst vor Atomen.
Deutsche Soldaten in Afghanistan? Warum nicht Brandanschläge auf Bahngleise? Es hängt doch eh alles mit allem zusammen.

Aber der Knüller, der diesem Treiben so eine Art gesellschaftliche Weihe verleiht, ist das Verbandsklagerecht. Damit bekamen genau solche Hyperaktiven, welche immer annehmen, dass ihre Meinung auch maßgeblich für die Allgemeinheit (gern "die Umwelt") ist, endlich die Möglichkeit sich wirksam gegen unerwünschtes Tun von anderen zu stellen, ohne dabei zu illegalen Mitteln greifen zu müssen. Und das sogar noch dort, wo man selbst nicht im Geringsten tangiert wäre. Wenn man vielleicht auch nicht alles verhindern kann, hat man so doch wenigstens die Möglichkeit Kompensationen und Zuwendungen (für sich selbst) zu fordern und zu bekommen.

Wo bleibt eigentlich der Verband der besorgten Altmieter (Ureinwohner)? Da könnten dann auch besorgte und sich provoziert fühlende linke Gruppen aus Freiburg gegen die Gentrifizierung in Berlin klagen.
Es würden keine Wände mehr beschmiert und Getränke geklaut, stattdessen bekämen die Freiburger dann vielleicht Ausgleichzahlungen für linke Wohnprojekte von den Berliner Vermietern? Vielleicht bekäme aber auch die linksautonome Szene ein Versammlungs- und Schulungszentrum mit genug "Dach überm Kopf" von einer Immo-Plattform finanziert?

Das ist doch alles nur noch irrsinnig. Unsere Gesellschaft nimmt es irgendwie halb klaglos hin, dass sich irgendwelche Wirrköpfe zu Sachwaltern einer angenommenen Allgemeinheit hochstilisieren, oder unterstützt diese sogar noch gesetzgebend dabei. Und der einzelne Vertreter der Allgemeinheit selbst ist so lange zufrieden damit, wie es ihn nicht selbst betrifft.
Diesmal hat es "geschäftemachende" Vermieter und Makler, sowie ihre potentiellen Kunden getroffen. Diesmal nur in Berlin. Wer wird der Nächste sein, gegen den sich die "Besorgten" und "Provozierten" wenden werden?

Und wann wendet sich die Gesellschaft mal gegen diese "Aktivisten", und zwingt die Politik somit zum beherzten, vielleicht vorausschauendem Einschreiten?

Ich glaube bald nicht mehr, dass sich in dieser Beziehung mal was tun könnte. Der Leidensdruck sollte eigentlich schon hoch genug dafür sein, aber es passiert ... genau ... nix.

Vielleicht müssen wirklich die Betroffenen selbst präventiv tätig werden, wenn Staat und Medien solcherlei Treiben höchstens mit scherzhaft erhobenem Zeigefinger beantworten, oder einfach unfähig sind, dem die nötige höchstkritische Aufmerksamkeit zu widmen.

Ich hätte da so eine Idee für Leute, die ihre Geschäfte und ihr Eigentum vor den immergleichen Aktivistengruppen schützen, oder diesen wenigsten den Spaß an der Sache verleiden wollen.
Es gibt ja gerade in den meist betroffenen urbanen Ballungsgebieten jede Menge junge Männer mit zuwenig zu tun, und sehr viel "Ehre" im Leib. Wäre ich an der Stelle eines "skrupellosen" Geschäftemachers, und hätte ich die Nase voll von den linken "Aktivisten", würde ich mal meine Fühler ausstrecken, ob ich nicht ein paar der Jungs aus diesem Pool für meine Zwecke einspannen könnte.

Wer vielleicht nicht gerade wegen wichtiger Türstehertätigkeiten verhindert ist, aber trotzdem genug sozialpädagogisch verordnete Kickboxstunden absolviert hat, sollte für solcherart Einsatzzwecke doch gut zu gebrauchen sein. Eine konservative Grundhaltung der südländisch sozialisierten Heißsporne, die der der linken Gruppen konträr entgegengesetzt sein dürfte, kann man schonmal annehmen. Dazu dann noch ein paar Wichtigkeit vermittelnde Klamotten im corparate identity Look spendiert, die für das Gefühl der Gruppenzugehörigkeit sorgen sollen, eine Frage der Ehre und des angemessenen Soldes - und schon schlägt man zwei Fliegen mit einer Klappe.

Wenn sich diese beiden gesellschaftlich fast unantastbaren Gruppierungen auf solche (eventuell auch handfeste) Weise miteinander beschäftigen würden, wäre das doch durchaus mal eine kleine Ausgabe wert, oder?

Sonntag, 16. Oktober 2011

Occupy the occupiers

Als ich gestern erwachte, schaltete ich wie immer das Radio ein, und hörte zufällig zuerst die Inlandsnachricht des Tages.

"Tausende Menschen protestieren ... gegen die Banken ... in Frankfurt, Berlin, Hamburg"

Ohne weiter hinzuhören wusste ich, dass es sich bei diesen Protesten um linksorganisierte Veranstaltungen handeln muss. Erstens würden die Medien sonst nicht so enthusiastisch berichten, wenn sich Menschenmengen zusammenballen, und zweitens arbeitet man sich dort anscheinend wieder mal nur an Symptomen ab. Die bösen Banken! Na klar - DIE sind schuld! Müssen sie ja sein, in ihren Glastürmen, mit den ganzen anzugtragenden Besserverdienern ... diese Ausbeuter!

Grund zum Aufruhr hätten allerdings auch andere Bevölkerungsschichten, als nur die immer schnell zusammenzutrommelnden "Aktivisten" (so wurden sie im Radio genannt ... der dritte Grund, sofort auf linke Demonstranten zu schließen).
Aber eine begeisterte Meldung über tausende von Marktradikalen, die lautstark vor den Politikergarnisonen in Berlin, Paris und Brüssel, sowie vor der EZB in Frankfurt gegen die in der Sackgasse befindliche Geld-Planwirtschaft und ihre Hintermänner in der Politik protestieren, wird man auf diesem Kontinent wohl nie zu hören bekommen.

Begeisterte Medienbegleitung wäre sowieso nicht zu erwarten, weil da das bekannte Feindbild nicht stimmen würde. Mehr Markt fordern? Das können nur gefährliche Irre sein! Gegen etwas protestieren, das unter der sichtbaren Oberfläche für eklatante Fehlentwicklungen verantwortlich ist? Viel zu kompliziert. Sowas würde komplexes Nachdenken erfordern, oder gar die Hinterfragung des eigenen so einfachen Weltbildes. No way!

Na, und "tausende Marktradikale protestieren?" - kann sich das einer vorstellen? Ich nicht. Offensichtlich taugen die, die sich konsequent dem linken Mainstream verweigern (wenigstens hierzulande) nicht so recht zum Massenmenschen. Wie sollten auch jene, die in der Freiheit des individuellen Willens die Lösung für die Gesellschaftsprobleme sehen denn auch in einer Masse auftreten? Da wo nur die einfachste Botschaft, die klarste Ansage, die niederste Emotion und das Schuldigbleiben jeglicher stringenter Beweisführung zählen, da soll der reflektierende Individualist in einer Masse aufgehen? Wohl kaum.

Gleichwohl hätten gerade auch die Freunde des Kapitalismus viele gute Gründe für Protest. Protest gegen das Geldmonopol des Staates, welches keine (bessere) Konkurrenzwährung zulässt zum Beispiel. Protest auch dagegen, dass das staatliche Monopolgeld ausgerechnet auf der schlechtesten Basis, nämlich dem Rückzahlungsversprechen (sprich Schulden) von irgendjemandem aufbaut.
Protest dagegen, und Hinweis darauf, dass erst die selbstgemachten und geförderten Abhängigkeiten der Staaten von den Banken, diese zu den heutigen "systemrelevanten" Knoten im Weltfinanzgeflecht gemacht haben.

Es hat ja keiner die Staaten gezwungen, sich bei den Banken zu verschulden. Das hat man aber mit nur wenig reuiger Miene trotzdem jedes Jahr aufs Neue getan.
Eigentlich sollten die Steuergroschen der Bürger für ein funktionierendes Staatswesen ja ausreichen. Aber nein, man musste den Staat (fremdfinanziert) ja immer weiter aufblasen, die Bürokratie und deren Spielwiesen immer mehr ausweiten, ständig neue Handlungsfelder für sich beanspruchen und immer mehr Kompetenzen an sich reißen, die besser in Bürgerhand geblieben wären.

Nun hat man den Salat der hohen Staatsverschuldung. Aber weil der Staat ja mächtig ist, und die Regeln macht (auch machen soll), hat man Staatsanleihen einfach zu "risikolosen" Anleihen erklärt. Da musste keine Bank mehr gucken, ob sie sich so gewaltige Verbindlichkeiten überhaupt in die Bilanz holen sollte. Nö ... geht schon. Macht mal. Die Renten sind sicher! Einfacher kann man ja nun wirklich kein Geld anlegen. Ganz anders als beim unsicheren Kantonisten Realwirtschaftler. Das ist riskant, der kann mit seiner Unternehmung scheitern ... aber so ein Staat, der hat immer sichere Einnahmen, da braucht ihr nix mit Eigenkapital hinterlegen!

Sieht man ja, wie es funktioniert. Ganz hervorragend. Die Miniwirtschaft der hellenischen Fakelaki-Republik durfte sich so grandios übernehmen, und schon steht der von ebensolch "weitblickenden" Politikern geschaffene Esperanto-Papierwährungsraum des Euro kurz vor dem Kollaps.

Ja verdammt nochmal, sind denn da die Banken dran schuld? Klar, die haben die ganzen fragwürdigen Anleihen Griechenlands, Portugals und Spaniens aufgekauft. Die haben auch noch zugegriffen, obwohl Italien und Belgien schon bis über den Hals in Schulden steckten ... aber warum? Weil die Politiker als Regelmacher dies so wollten, förderten, forderten und die Risiken dabei stets kleinredeten. Wer hätte sich bei so "sicheren" Großgeschäften denn zurückhalten sollen?

Aber jetzt kommts richtig knallig. Während die Privatbanken, sofern nicht politikbeeinflusst, die Zeit nutzten und ihre Bilanzen bereinigten, haben die staatlichen, halbstaatlichen, oder politikhörigen Finanzinstitute (z.B. Frankreichs) den PIIGS-Schrott weiter behalten, und müssen nun um ihre Existenz bangen.

Und da trommeln nun attac, Grüne, SPD und Gewerkschaften ihre instant-empörten Anhänger zusammen um gegen "die Banken" zu demonstrieren? Gar Verstaatlichungen zu fordern? Gibt es noch größere Böcke als ausgerechnet Politiker, die man zu Gärtnern machen könnte? Das ist doch nun wirklich hochgradig absurd.

Trotzdem finde ich die Proteste gut. Die nichtlinke Fraktion bekommt den Hintern ja nicht hoch um sich zusammenzuschließen. Also sollte man das Aufbegehren gegen den Finanzwahnsinn als das nehmen, was es ist. Das Beste was wir haben. Der Anfang vielleicht.

Wer weiß, wohin das Ganze führt. Eventuell dreht die Kiste ja doch noch in eine andere Richtung. Die ersten Bürgerbewegten der Ex-DDR wollten auch noch einen "besseren, menschlicheren Sozialismus" in ihrem Staat. Rausgekommen ist am Ende der Anschluss ans "nichtsozialistische Ausland".

Vielleicht bringen die Proteste den einen oder anderen auch dazu, sich selbst Gedanken zu machen? Sich doch mit den wirklichen Hintergründen des ganzen Schlamassels zu beschäftigen, und zu erkennen, dass mit der einfachen Sündenbock-Sucherei nichts getan ist, wenn das politisch gewollte Papiergeld-Fundament einfach strukturell den Untergang eingebaut hat?

Gestern las ich irgendwo, dass einer der Redner, ich glaube in Frankfurt, die Rückkehr zum Goldstandard gefordert hat. Okay, das dürfte ein bisschen viel für die dem entwöhnte Masse sein, aber es zeigt, dass solche Bewegungen anfangs durchaus nicht homogen eingeschworen sein müssen. Mit Sicherheit laufen dort nicht nur stramme Rotbannerträger mit, sondern es trauen sich auch einfach besorgte Bürger zu solchen Kundgebungen, die um ihre Ersparnisse fürchten, und denen noch keiner gesagt hat, dass die Papiergeldmonopolisten auch mit ihren Versicherungen und Rentenanwartschaften ein staatliches Pyramidenspiel aufgezogen haben.

Da könnte also noch Platz für "die andere Sicht" sein. Ich würde hingehen.


P.S. In Halle wäre auch gern die Hölle los. Schöner Bericht von Politplatschquatsch: Occupy Staatskanzlei

Montag, 10. Oktober 2011

Cora Stephan schreibt es besser

Als ich gestern abend diesen schönen Artikel (Lesebefehl!) von Cora Stephan las, musste ich erstmal schlucken. Deutschland einig "Mamaland"? Mit so treffenden Beschreibungen wie dieser hier:
Die Muttilation erfasst alle Lebensbereiche. Keine Internationale Automobilausstellung ohne die Warnhinweise sanfter Moderatorinnenstimmen, dass PS-starke Autos Umweltzerstörer und Phallussymbole sind und wir es doch bitte lieber nachhaltig und klein hätten. Schlimm genug, dass aufstrebende Länder gentechnisch verändert essen und aufgemotzte Boliden fahren wollen, aber wenigstens an Deutschland soll die Welt nicht mehr zugrundegehen. Schon der Kinder wegen, auch wenn man hierzulande immer weniger davon bekommt.
Und das ist vielleicht auch besser so. Denn für kleine Jungs, die schon im Sandkasten einen Fahrradhelm tragen müssen, ist Mamas schützende Hand eine echte Plage. Übrigens auch für kleine Mädchen, die solche Mamasöhnchen später mal heiraten sollen, und für eine Alternative dankbar wären.
Das sitzt. Und das passt haargenau zu meiner hier gemachten Beobachtung der "Muttigesellschaft", die in ihrem Anspruch auf Allumarmung auch derer, die sich nicht umarmen lassen wollen, die Probleme bei den anderen, statt bei sich selbst sucht.

Hoppala ... nicht das ich mich unbewusst von Cora Stephan habe inspirieren lassen? Nein, Glück gehabt. Mein Artikel ist einen Tag früher erschienen. Dafür ist Frau Stephans besser und lässt erstens Hoffnung, und mich zweitens darüber nachdenken, ob meine Wahrnehmung nicht doch durch meinen täglichen medialen Input verzerrt wird. Sie schreibt:
In Mamaland gibt es nicht nur ein oder zwei Parallelgesellschaften. Politik und Öffentlichkeit blenden die interessantesten gern aus. Weshalb man davon ausgehen kann, dass der Erfindergeist seine Heimat heute in der größten Partei von allen findet: in der der Nichtwähler. Weil er bei fast allen relevanten Debatten in der Öffentlichkeit intonieren müsste, was einst Minderheiten zu behaupten pflegten: ich komme hier wieder einmal nicht vor.
Ja, die einen tun, während die anderen sich ständig Sorgen machen und Befürchtungen hegen. ... und nur letztere reden auch ständig darüber. Mamalands Mundwerkler räsonnieren und wiegen bedächtigt die Häupter. Und unsereiner hört ihnen auch noch zu, regt sich darüber auf, und textet seine Widerworte anschließend in die kleinen, feinen Ecken des politischen Minderheitenprogramms im Netz.

Ach, vielleicht höre ich ja wirklich einfach zuviel Radio.


Auch Politplatschquatsch verneigt sich.

Mittwoch, 5. Oktober 2011

Männer auf Identitätssuche?

Oh je, wie oft habe ich sowas schon lesen müssen. Das sogenannte starke Geschlecht steckt in der Krise.
Der Mann von heute muss sich neu definieren, alte Muster sind überholt ... bla bla bla.

Ist das wirklich so? Merkt davon jemand was, außer den Ärzten und Psychotherapeuten, den Pädagogen und Soziologen, denen sich doch hier nur ein weites, behandelbares Problemfeld öffnet? Sind Männer wirklich auf Identitätssuche in einer veränderten Welt, oder ist der Blickwinkel dieser Welt lediglich weiblicher geworden?

Was wirft man uns denn vor?
Männer werden drei bis vier Mal häufiger vom frühen Herztod ereilt als Frauen, sie rauchen und trinken mehr, sind häufiger Gewalt- und Unfallopfer und Männer bringen sich drei Mal häufiger um als Frauen – so heißt es in Statistiken. Im Schnitt leben Frauen fünf Jahre länger.
Aha.Wie immer. Männer leben riskanter, sind eher Borderliner als die Damen. Man hätte auch hinzufügen können, dass 90% der Obdachlosen männlichen Geschlechts sind, oder eben auch, dass die weit überwiegende Zahl der Nobelpreisträger ein Y-Chromosom aufweist.

Ich denke mal, dass die Erkenntnis Männer seien in allen Extremen überrepräsentiert, so alt wie die Menschheit ist. Mehr Idioten, aber auch mehr Genies, mehr Muttersöhnchen, aber auch mehr Outlaws.
Es ist davon auszugehen, dass das von der Natur auch so gewollt ist. Denn, nur wo es Extreme gibt, gibt es auch Veränderungen, Fortschritt meinethalben. Während das "gesunde" Mittelmaß beharrungsstark ist, strebt das Extreme hin zum Risiko. Die Möglichkeit des Scheiterns und Versagens inbegriffen.
Und wer wäre für diese Rolle besser geeignet als die Männchen? Diese Drohnen, welche auch ersetzbar sind?

Ganz ehrlich, ich weiß nicht, ob der Homo Sapiens ohne die risikofreudigen Männchen jemals über das Stadium des Sammlers und Höhlenbewohners hinausgekommen wäre. Die Jagd mit Waffen, die Zähmung des Feuers ... alles riskante Unternehmungen. Ob die Damen das damals angeregt haben? Ich wage es zu bezweifeln.

Man stelle sich mal eine Frederike Feuerstein vor, die mit einem angespitzen Stock zur Jagd aufgebrochen wäre. Die hätten die anderen Mädels in der Höhle aber sowas von gemobbt. ;-)

Nuja, heutzutage scheinen riskante Unterfangen ja unnütz zu sein. Wir haben ja alles. Ende der Geschichte. Fortbewegung, Kommunikation, Haushaltsgeräte ... sichere Straßen, Supermärkte, ein regendichtes Dach und eine warme Stube. Wer braucht in der sicheren Gesellschaft schon noch "die Extremisten"?

Und da liegt der Hase im Pfeffer. Die "sichere Gesellschaft" ist strukturell verweiblicht! Kein Wunder, dass diese mit Männlichkeit ihre Probleme hat. Das heißt nicht die Jungs haben ein Problem mit sich, sondern die Muttigesellschaft mit ihnen. Der Nanny-Staat ist besorgt, wenn man so will.

Wenn ich von Verweiblichung der Gesellschaft schreibe, mag das verwundern. Schließlich ackert man ja immer noch an der "Gleichstellung" der Frau rum, strickt an Frauenquoten, beklagt die "gläserne Decke" und das "old boys network". Trotzdem, oder gerade daran sieht man dass nicht mehr der Trend zur Verweiblichung geht, sondern, dass wir schon mittendrin sind.

Es geht eben um Gleichmachung, um Konsens, ums Behüten. Alle fein zusammenbleiben, keiner rennt vor und keiner bleibt zurück.
Und wer jetzt auf die doch beklagenswert hohe Anzahl der männlichen Chefs und Führungspositionsinhaber verweist, dem sei gesagt, dass auch die Jungs am oberen Ende der Karriereleiter mittlerweile ganz auf soft skills getrimmt werden. Und wenn die ihre "weiche Seite" nur gut schauspielern müssen um aufzusteigen. ;-)

Aber wo hakt es denn nun angeblich bei uns Normalmännern?
„Männer haben oft Angst, sich zu öffnen, Schwächen einzugestehen und Hilfe anzunehmen“
Ach ja, die Angst. Klar, bilden wir doch eine Selbsterfahrungsgruppe, einen Stuhlkreis. Mit Tee. Und dann hören wir dem Jürgen zu, welche Probleme er mit seiner Identität hat. So als Mann. Da erfahren wir dann, dass wir nicht alleine sind. Schließlich sind wir alle...
...seit Jahrzehnten der feministisch inspirierten Kritik ausgesetzt, das hat sich gar bis zur Entwertung des Männlichen gesteigert
Dies spiegele sich in Funk, Film und Fernsehen wider, wo der Mann zur überzeichneten Karikatur verkommen sei: Der Trottel, der eitle Gockel oder der Gewalttäter seien Stereotypen, die ständig auf der Leinwand zu sehen seien. „Wie soll man sich fühlen, wenn man immer nur als Problemfall gesehen wird?“
Uargs!

Interessiert das echt jemanden? Wie fühlt Mann sich denn da als Betroffener? Warum sollte Mann da eigentlich überhaupt betroffen sein? Leitet irgendwer wirklich sein Selbstbild von Leinwand-Problemfällen ab? Oder ist das auch nur eine Annahme der Mutti-Gesellschaft?

Richtig schön wird es aber, wenn für die heranwachsenden Jungs männliche Vorbilder gefordert werden, die den "Umgang mit Leistungsanforderungen" vorleben.
Wo sind die denn hin? Zuhause - alles Problemfälle? Nicht "männlich" genug? Ja, dürfen die denn überhaupt noch männlich sein, oder braucht man die nur, um mit tieferer Stimme die Benutzung von Spielzeugpistolen und Ego-Shootern zu untersagen?

Und was ist mit den schon so oft geforderten männlichen Erziehern? Kann es eventuell sein, dass nur wenige Kerle Lust auf die Erziehung fremder Leute Gören haben? Ist das vielleicht (igitt!) sogar genetisch bedingt? Und wieviele derjenigen die doch Erzieher werden wollen, dürften ihrer übertragenen Aufgabe dann trotzdem nur im gewünscht weichen Rahmen nachkommen? Somit wieder mit Problemfallergebnis?

Irgendwo beißt sich das alles. Im Muttireservat ecken Jungs halt an. Man muss schon das Reservat öffnen, und nicht männliche Glucken reinsetzen wollen.

Trotz des ganzen Problemfallgesabbels glaube ich nicht, dass der Mann an sich nach seiner Identität sucht. Ich glaube auch nicht, dass das gewachsene Modell Mann nicht mehr in die Zeit passt. Er passt sich halt an wo es ihm zweckdienlich erscheint, er eckt auch mal an oder duckt sich sicherheitshalber weg. Aber vor allem lernt er im Laufe seines Lebens schnell, dass Frau ihn gerade nicht so haben will, wie es ihn die Muttigesellschaft gerne lehren möchte.

Das subtil abwertendste was Mädels unter sich über einen Typen sagen können, so wurde es mir mehrfach bestätigt, sei nämlich: "Der ist nett."